Deutschland braucht dringend mehr Glockenspieler
Das Glockenspiel gehört zu Weihnachten wie Plätzchenbacken und Weihnachtslieder singen. Mit den klingenden Glocken könnte es aber bald vorbei sein, in Deutschland fehlen Carilloneure – Großglockenspieler. Ulrich Seidel ist einer der letzen dieser Musiker.
An Glockenspielen selbst fehlt es in Deutschland hingegen nicht. Es gibt fast 50 Stück. In Halle an der Saale steht sogar das größte Glockenspiel Europas mit 76 Glocken und einem Gewicht von rund 46 Tonnen. Allerdings gibt es auch in Halle an der Saale keinen Glockenspieler mehr.
Ulrich Seidel ist Vorsitzender der Deutschen Glockenspielervereinigung und spielt ein Carillon in Erfurt. Oft werden Glockenspiele heute mit einer Automatik gespielt. Dabei könne man eine Melodie auch mit der Hand spielen, sagte Ulrich Seidel im Deutschlandradio Kultur. Nur würden das viele Menschen nicht mehr wissen:
"Wenn ein Glockenspieler an einem Standort ausfällt, oder nicht mehr in der Lage ist, das Instrument zu spielen, und verpasst hat, sich rechtzeitig einen Nachwuchs zu organisieren, dann gerät das in Vergessenheit, dass es solch ein Instrument in der Stadt gibt. Das ist das Dumme an der ganzen Geschichte."
Unterhaltung und kultureller Spaß
Carillons seien erst nach den beiden Weltkriegen in den 1950er-Jahren wieder mehr und mehr in Mode gekommen, sagte Ulrich Seidel und dienten hauptsächlich der musikalische Unterhaltung und als kulturelles Highlight einer Stadt:
"Von den Bürgern wird es immer gerne angenommen, weil es eine Klangfarbe ist, die eine Stadt durchaus auch als Alleinstellungsmerkmal vorweisen kann."
Dennoch würden Glockenspiele nicht nur der Unterhaltung dienen, so Seidel. So würden in Hahnenklee im Harz vor den Gottesdiensten die Choräle auf den Glocken gespielt, die anschließend im Gottesdienst gesungen werden:
"So kann sich die Gemeinde schon auf dem Weg zum Gottesdienst darauf vorbereiten, was Inhalt der Predigt sein könnte."
Fast wie ein Klavier
Gespielt werde ein Glockenspiel über einen klavierähnlichen Spieltisch, nur das alles eben viel größer sei, so Seidel. Für Nachwuchsspieler sei es daher von Vorteil, wenn sie Klavier spielen könnten.