"Musiknobelpreis" geht an Mariss Jansons

Von Antje Dörfner |
Mariss Jansons ist mit dem Siemens-Musikpreis ausgezeichnet worden. Der 70-Jährige leitet das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und das Amsterdamer Concertgebouw-Orchester. Zudem hat der Maestro seinen Vertrag in München um drei Jahre verlängert.
Es ist eine künstlerische und auch menschliche Freundschaft: Mariss Jansons und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sind ein ganz herausragendes Team. Seit zehn Jahren ist Jansons in München Chefdirigent. Und das Concertgebouw-Orchester in Amsterdam leitet er ja auch.

Heute nun hat der 70-Jährige seinen Vertrag in München bis 2018 verlängert. Und morgen wird der lettische Dirigent ebenfalls in München mit einem der wichtigsten Musikpreise überhaupt geehrt: dem Ernst von Siemens-Musikpreis - für sein Lebenswerk. Wer ihn bei Proben und Konzerten beobachtet, auf den überträgt sich die Energie, die diese herausragende Persönlichkeit ausstrahlt.

Mariss Jansons: "Für mich das Wichtigste ist Vertrauen, ich kann mir nicht vorstellen eine Zusammenarbeit ohne Vertrauen."

So Mariss Jansons bei der Vertragsverlängerung. Bis Sommer 2018 hat er sich nun an das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks gebunden. Unterzeichnet wurde der Vertrag zu Beginn einer Probe, vor seinem Orchester. Schließlich ist die Zusammenarbeit mit dem Symphonieorchester für den lettischen Dirigenten etwas ganz besonderes.

"Diese zehn Jahre, die wir zusammen gearbeitet haben und bereits miteinander verbracht haben mit dem Orchester und mit dem Chor und in denen wir so viel erreicht haben, bedeuten sehr viel für mich. Und ich freue mich sehr auf die nächsten Jahre, auf unsere Zukunft."

Im Sommer gehen Jansons und das Symphonieorchester auf eine Tournee zu den wichtigsten Festivals Europas, ab der kommenden Saison will der Dirigent sich unter anderem durch das symphonische Schaffen Anton Bruckners arbeiten. Charakteristisch für Jansons ist dabei eine inspirierende Emotionalität und eine fast kindliche Neugier, verbunden mit einer ausgesprochenen Ernsthaftigkeit im Umgang mit den musikalischen Vorlagen.

"Ich fühle meine künstlerische Verantwortung, wenn ich auf der Bühne bin. Und das ist vielleicht auch ein Ehrgeiz, ein künstlerischer. Weil ich glaube, wenn Sie nicht mehr diesen künstlerischen Ehrgeiz haben, das bedeutet, es ist Ihnen schon egal. Jedes Konzert muss sehr gut sein, auf einem Niveau. Das ist mein Credo. Weil ich auch weiß, es wird erwartet, verstehen Sie. Und wenn Du weißt, es wird erwartet, das ist ein großer Druck auf Dich: Und manchmal denkst Du, warum, mein Gott, brauche ich das alles. Warum kann ich nicht sagen, es ist egal – so ist es, und so bin ich und Schluss."

Den Druck empfindet Mariss Jansons als schwierig. Ihm geht es um Musik, und nur um Musik. Jetzt mit dem Ernst von Siemens Musikpreis ausgezeichnet zu werden empfindet er als Ehre. Aber irgendwie ist es ihm auch unheimlich, mit früheren Preisträgern wie beispielsweise Benjamin Britten in einer Reihe zu stehen. Schließlich gilt diese Auszeichnung als Nobelpreis der Musik.

"Und dann frage ich manchmal: Warum? (lacht) Was habe ich in meinem Leben gemacht, dass man mir so einen Preis gibt? Ich bin sehr froh, sehr geehrt, aber Britten war ein genialer Mensch: und dann vergleiche ich. Aber so ist das Leben, es ist auch sehr erfreulich."

Im Januar ist Mariss Jansons 70 Jahre alt geworden. Gefeiert wurde zuhause in St. Petersburg mit Freunden und Familie. Mit 13 war Jansons mit seinen Eltern aus dem lettischen Riga nach St. Petersburg gekommen, damals noch Leningrad. Inzwischen ist die Stadt für ihn zur Heimat geworden. Von hieraus fliegt er nach München und nach Amsterdam zu seinen Orchestern. Sein Terminkalender ist voll, aber große Pläne will er nicht mehr machen.

"Wenn Sie sind ein junger Künstler, dann können Sie aufbauen Ihr Leben und Ihre Karriere. Jetzt habe ich erreicht eine Meinung, ein gutes Niveau und habe wunderbare Arbeit. Wie es weiter gehen wird, jetzt zu sagen: in fünf Jahren werde ich das tun und in zehn Jahren das: so was denke ich nicht. Ich weiß nicht wie ich mich fühle, wie wird meine Gesundheit, meine Laune, überhaupt wie wird meine Beziehung mit dem Orchester."

Opern würde Jansons gerne mehr dirigieren, aber er weiß nicht, wann. Und er hat noch ein Ziel: München braucht einen neuen, akustisch erstklassigen Konzertsaal, sagt er. Sein Preisgeld des Siemens-Musikpreises will Jansons für den neuen Saal spenden: 250.000 Euro.

"Wenn der Saal gebaut wird. Wenn nicht gebe ich keinen Euro." (lacht)"

Seit Jahren wird in München diskutiert und geprüft. Vor der Landtagswahl Mitte September wird wohl keine Entscheidung fallen. Jansons will das Konzertsaal-Projekt in München auch weiter anschieben. Und wer weiß: Vielleicht würde er sich über einen Saal noch mehr freuen als über eine Auszeichnung.

""Ich habe noch Hoffnung, weil ich kann mir nicht vorstellen, dass die endgültige Entscheidung nein sein wird. Das wird eine große Blamage und ein Skandal, nach meiner Meinung."