Wüten lernen wie Macbeth
Rainer O. Brinkmann hat seit 2001 die musiktheaterpädagogische Abteilung der Berliner Staatsoper aufgebaut. Es geht ihm darum, jungen Menschen die Opernwelt näher zu bringen, und das beginnt schon bei den Kindern.
"Je früher desto besser, würde ich sagen, man sagt dazu, dass bis zum elften Lebensjahr der Musikgeschmack festgelegt ist, und danach wird es schwierig, Jugendliche nochmal in ein anderes Genre hinein zu holen. Deswegen sollt man früh beginnen, man sollte aber eben auch die Kinder nicht wieder loslassen, wenn man sie angefixt hat."
Wüten wie Macbeth, schluchzen wie Mimi
Um Jugendliche, die bisher noch keine Erfahrung mit Musiktheater hatten, dafür zu interessieren, setzt Rainer O. Brinkmann auf das Erleben: Er ist einer der innovativsten deutschen Opernpädagogen. In seinen Workshops dürfen sie wüten wie Macbeth oder schluchzen wie Mimi aus La Bohème, sie singen, tanzen und spielen Rollen nach ihren Vorstellungen. Die größte Hemmschwelle ist dabei die Angst, vor anderen zu singen. Doch dagegen gibt es Rezepte:
"Sing es mal mit der großen Operngeste, die Arme weit, und es kommt jetzt vom Herzen, aus der Brust heraus, und dröhn es mal in den ganzen Raum hinein, dass es total laut wird, und sie machen es alle gleichzeitig, dann funktioniert es total gut. Alles brüllt in den Raum, und ob das jetzt schon Gesang ist, sei dahingestellt, aber erstmal muss die Stimme laut werden und tönen, und man muss das Körperliche daran ansprechen."
Auszeichnung für die Arbeit mit Jugendlichen
"So erfahren Jugendliche oft mehr über die Oper, als durch eine Analyse der Haupt-Arie", sagt Rainer O. Brinkmann. Im vergangenen Jahr ist er für seine Musiktheaterprojekte mit dem "Junge Ohren Preis" ausgezeichnet worden.
Nach 17 Jahren verlässt Rainer O. Brinkmann demnächst die Berliner Staatsoper und will sich im von ihm mitbegründeten "Institut für szenische Interpretation von Musik und Theater" um die professionelle Ausbildung von Musiktheaterpädagogen kümmern, auch an Universitäten:
"Es gibt längst noch nicht genügend Menschen, die ausgebildet sind, es gibt noch nicht genügend Ausbildungen. Da haben wir Defizite, und das ist das, was durchaus jetzt in nächster Zeit dringend passieren muss, dass Studiengänge weiterhin entstehen."