Auf den Spuren der Beatles in Liverpool
Dank der Beatles hat sich Liverpool zu einem Mekka für Musikliebhaber aus aller Welt entwickelt. Es gibt dort die von ihnen besungene Penny Lane, die Strawberry Fields und demnächst auch das erste Beatles Hotel auf dem John-Lennon-Flughafen, das "Hard Days Night".
Liverpool, die über 800 Jahre alte Stadt am River Mersey ist längst nicht mehr der trostlose Ort, der er nach dem industriellen Niedergang in den 70er- und 80er-Jahren war. Die Wende kam, als kluge Stadtväter mit Wirtschaftssachverstand ans Ruder gelangten, mit dem Geld der Steuerzahler und der EU Investoren anlockten und auf die Sanierung der Altstadt und der Hafendocks setzten.
"Liverpool war wie ein verborgener Schatz für den Tourismus. Wir hatten immer die Zutaten, um ein fantastisches Touristenziel zu sein: die Architektur, die Musikgeschichte, den Sport, aber wir brauchten etwas, um sie wieder zu beleben. Was das Sprungbrett war, zeigt diese Gegend hier am Albert Dock. In den frühen 80er-Jahren war sie völlig heruntergekommen, alles voller Schlamm, zerdepperte Fenster, niemand kam hierher. Und dann hat der Stadtrat beschlossen, zu investieren und alles wurde saniert. Und dann gab es Geld für Hotels, Privatinvestoren, die Mittel in die City steckten, und es wurde zum Sprungbrett für unsere touristische Wiedergeburt."
James Wood vom Touristenamt betont, dass seit Liverpool im Jahre 2008 europäische Kulturhauptstadt wurde, es zusätzlichen Schub gab. Heute habe man nach London das zweitgrößte Kulturangebot im Königreich. Kunstgalerien entstanden, Tate Liverpool, preisgekrönte Architekturprojekte, Restaurants, Festivals und Ausstellungen. Die alten Publikumsmagneten nicht zu vergessen: die Premierleague-Clubs FC Liverpool und FC Everton, das Hafenviertel, seit 2004 Weltkulturerbe, Sefton Park mit dem Palmenhaus, die Nationalen Museen oder zwei Kathedralen. Aber die meisten Touristen, so sagt Martin King, Direktor des Museums "The Beatles Story", kommen vor allem wegen der berühmtesten Söhne der Stadt.
"Die Beatles-Industrie bringt jährlich mehr als 70 Millionen Pfund, also fast 100 Millionen Euro, in's Stadtsäckel. Damit ist nicht der Musikverkauf gemeint, sondern der direkte touristische Effekt: der Besuch des Beatles-Story-Museums, der Magical Mystery Tour, des Cavern Clubs, die Übernachtung im Hard Days Night Hotel, der Besuch der Beatles Häuser... es ist ein Phänomen, das kein Zeichen des Rückgangs zeigt.
Das Haus, in dem Ringo geboren wurde
"So, good afternoon everybody and welcome to the Magical Mystery Tour. My name is Tony and I am gonna be your guide for the next couple of hours."
Tourguide Tony übertreibt keineswegs als er verspricht, nahezu alle Beatles-Orte in Liverpool mit dem Bus in blau-gelben Popfarben abzuklappern und uns mit unzähligen Stories aus dem Leben der Fabulous Four zu unterhalten
Auf dem Weg vom Zentrum Richtung Süden durch die erstaunlich breiten Straßen der Halbmillionenstadt passiert er zunächst die neogotische Domkirche:
"Das ist die größte Kathedrale in Großbritannien, die fünftgrößte weltweit, aber die größte anglikanische. Dort wollte der elfjährige Paul McCartney 1953 Chorknabe werden. Aber er verpatzte das Vorsingen. Der Chor bescheinigte ihm, dass seine Stimme nicht gut genug sei. Können Sie das glauben? Dass die Paul McCartney gesagt haben, dass seine Stimme nicht gut genug ist?"
Tony schüttelt noch immer fassungslos den Kopf. Die Besichtigung der gewaltigen Kathedrale lohnt sich, gehört aber nicht zum Programm der Magical Mystery Bustour, die jetzt nach Süd-Liverpool führt, wo die Beatles nicht weit entfernt voneinander aufwuchsen.
Wenn Sie hier rechts schauen, da, mit all dem Graffity an den Fenstern, das war das Haus, in dem Ringo geboren wurde, Nummer 9.
Die ganze Zeile der winzigen einstöckigen Reihenhäuser aus rotem Backstein steht leer, die Fenster sind mit Holzplatten vernagelt; es ist unklar ob abgerissen oder saniert wird. Ringo wuchs unverkennbar in einem der ärmeren Viertel Liverpools auf.
Ein Teil des Hamburger Star Clubs wird nachgebaut
Wer nicht nur die Orte der Beatles besichtigen, sondern auch einen chronologischen Überblick über ihr Leben erhalten will, der sollte das Museum "The Beatles Story" am sanierten Albert Dock besuchen. Hier sind Fotos, Filme, Texte, Musik, Möbel und Originalinstrumente liebevoll in etlichen Kellerräumen zusammengetragen worden, ganze Straßenzüge und ein Teil des Hamburger Star Clubs wurden nachgebaut. Ein Audioguide führt durch die Ausstellung - auch auf Deutsch:
"Liverpool war im Zweiten Weltkrieg schweren Luftangriffen ausgesetzt. Noch lange nach Kriegsende sah man überall in der Stadt Bombenkrater. Das Leben war gekennzeichnet von Rationierung und Armut. Der Krieg und seine Folgen bestimmten das Denken der Menschen in Liverpool. Diese finstere Stimmung, die schwierigen Umstände beeinflussten jeden. Doch daraus erwuchs eine Generation, die die Nachkriegsjahre hinter sich lassen wollte und aufbrechen in ein neues Zeitalter. Die Kriegskinder. Kriegskinder wie John, Paul, George und Ringo."
Die Beatles-Story begann am Samstag, dem 16. Juli 1957, als der 15jährige Paul zum ersten Mal den 16-jährigen John mit seiner Skiffle Band Quarrymen sah – auf einem Dorffest der St Peter Church im bürgerlichen Stadtteil Woolton.
Natürlich ist dieser Ort für die Magical Mystery Bustour ein unverzichtbarer Stopp. Zumal hier auf dem Friedhof direkt von der Straße aus ein Grabstein mit dem Namen Eleanor Rigby zu sehen ist, dem Titel des bekannten Beatles-Songs.
"That is the place where Paul McCartney and John Lennon met for the very first time. The beginning of the Beatles early."
Daran erinnert eine Gedenktafel außen am Backsteinbau; drinnen, im schlichten leeren Gemeinde-Saal hängen Basteleien und einige Schwarzweißfotos von John Lennons Auftritt an der Wand. Auf dem abgetretenen Parkett steht der Küster Graham Paisley und erläutert:
"Dies sind zwei der einzigen Fotos, von denen wir wissen, dass sie an dem Tag geschossen wurden. Sie wurden erst 2007 entdeckt. Es ist ein bis heute genutzter Gemeindesaal. Das ist bis heute sein Hauptzweck. Aber er hat natürlich den Kultstatus, dass sich John und Paul hier erstmals trafen – die Bühne war da hinten."
Und dort wurden die beiden Musiker einander vorgestellt. Im Audioguide des Liverpooler Beatles-Museums erinnert sich Paul McCartney an den Tag:
"Ich lernte John beim Dorffest in Woolton kennen. John sang seine eigenen Worte zu einem Song namens Come and go with me. Er kannte den Text nicht, aber er kannte die Zeile: come, come, come go with me little darling, come go with me... John sah ziemlich cool aus. Er war ein bisschen älter als wir und er hatte mehr Pomade im Haar. Wir durften das noch nicht. John war also ziemlich groovy. Er sah damals aus wie ein Teddy Boy mit dem langen Jackett mit den langen Koteletten."
Paul gab John Lennon eine Kostprobe seiner Gitarrenkunst und spielte ihm "Twenty Flight Rock" vor; John war beeindruckt, weil Paul den ganzen Text kannte, was damals ziemlich cool gewesen sei.
"What happened was that John was quite impressed. I think because I knew all the words. And that was really cool in those days; so I played it for him and probably that's what's got me in the Beatles."
Zu der Band, die zu der Zeit noch Quarrymen hieß, stieß ein Jahr später der 14jährige George Harrison. Andere Bandmitglieder schieden aus. Seit 1960 nannten sie sich "Beatles". Und ihre frühen Erfolge feierten sie im Hamburger Starclub und im legendären Cavern Club in Liverpool. Von 1961 bis 63 gaben sie in dem Kellerclub 292 Vorstellungen. Noch heute wird ihrer jeden Abend lautstark gedacht.
Beatlemania schwappt über in die USA
Der Originalclub wurde in den 70er-Jahren abgerissen, dann aber ganz in der Nähe wieder aufgebaut. 33 Stufen führen hinab in das Gewölbe, dessen Besuch ein Muss ist für Beatles-Fans. Damals aber nahmen sie übel, dass die Band unter ihrem neuen Manager Brian Ebstein den beliebten und gut aussehenden Schlagzeuger Pete Best durch Ringo Starr ersetzte.
Tony, unser Magical Mystery Busfahrer, kennt die Geschichte von Pete Best aus dem FF.
"Er spielte mit der Band zwei Jahre lang, mehr als 2000 Mal. Aber dann im August 62 wurde er kurzerhand gefeuert... Und wissen Sie: er hat nie eine Erklärung oder eine Entschädigung erhalten und als Ringo den ersten Gig im Cavern hatte, drehten die Fans durch. Pete Bests Mutter Mona wollte sie schlagen, George Harrison bekam ein blaues Auge von einem der Fans und alle Mädchen kreischten. Pete für immer, Ringo nimmer.
Pete forever Ringo never."
Doch trotzdem begann nun der Höhenflug der Beatles, Lennon/McCartney schrieben einen Nummer-1-Hit nach dem anderen. Im Beatles-Story-Museum am Hafen erfahren wir, dass der endgültige Durchbruch am 13. Oktober 1963 kam, dem Tag der Royal Variety Performance.
"An siebter Stelle traten die Beatles auf. An diesem Abend äußerte John Lennon seinen berühmt gewordenen Satz: Würden die Leute auf den billigeren Sitzen bitte klatschen. Alle anderen brauchen bloß mit ihren Juwelen zu rasseln."
Am 7. Februar 1964 griff die Beatlemania auch auf die USA über. 5000 begeisterte Fans warteten am New Yorker Flughafen auf die Fabulous Four. Auf Original Pan-Am-Flugzeugsitzen erlebt der Museumsbesucher den Siegeszug der Beatles in den USA mit.
"Good evenig Ladies and Gentlemen. Tonight live from New York the Ed Sullivan Show."
Dreimal traten die Pilzköpfe in der beliebtesten US- Fernsehsendung auf – allein die erste Show sahen 73 Millionen Amerikaner.
"Ladies and Gentlemen: The Beatles"
"Als ich am nächsten Morgen am Montag aufwachte, war ich ein anderer. Ich wusste von da ab: Meine Mutter sollte mir eine Gitarre kaufen und ich wollte sein wie die Beatles,"
erzählt Bob Santelli, der Chef des Grammy Museums Los Angeles, das mit der Beatles-Story eine Sonderausstellung in Liverpool organisiert hat.
"Es gab nur zwei Musik-Ereignisse die Kult wurden für alle amerikanischen Babyboomer. Das eine war, in der Ed Sullivan Show 1964 die Beatles gesehen zu haben, und das andere war Woodstock. Das waren die beiden entscheidenden Momente meiner Generation."
Die sehenswerte Ausstellung "The British Invasion", zeigt das Beatles-Story-Museum an seinem zweiten neuen Standort, dem Pier Head von Liverpool.
In unserem Bus erreichen wir einen Ort, dem die Beatles 1967 einen Song gewidmet haben: Strawberry Field, ein großes Waisenhausgelände im Stadtteil Woolton, wo John Lennon in seiner Kindheit häufig auf Bäumen kletterte. Heute ist dort allerdings außer einem erdbeerfarbenen, gusseisernen Tor vor dem Garten nicht mehr viel zu sehen. Das alte Waisenhaus wurde in den 60ern abgerissen und das Tor selbst im Jahr 2000 gestohlen, aber gottlob kurz danach von der Polizei wieder gefunden.
Tod des Managers hat zur Trennung geführt
Auch das Straßenschild der Penny Lane wurde so oft geklaut, dass der Name nun auf Mauern gemalt wurde. Die weltberühmte Straße wirkt unscheinbar. Eng und zweispurig mit schmalen Bürgersteigen führt sie baumbestanden zunächst an grünen Sportflächen vorbei und wird nach einem halben Kilometer städtischer, gesäumt von typisch zweistöckigen roten Backsteinhäusern mit nur wenigen Geschäften.
John und George mussten auf ihrem Schulweg über die Penny Lane. Paul war hier im Kirchenchor und hat seine Beobachtungen in dem Song verarbeitet, aber so klärt Tony auf:
John und George mussten auf ihrem Schulweg über die Penny Lane. Paul war hier im Kirchenchor und hat seine Beobachtungen in dem Song verarbeitet, aber so klärt Tony auf:
"Das, was war Paul alles im Song erwähnt hat, liegt tatsächlich gar nicht an der Penny Lane. Die endet hier an der Ampel und der Platz dahinter heißt Smithdown Place; aber wie hätte das geklungen: Smithdown Place is in my ears and in my eyes. Nein! Es musste Penny Lane heißen, oder? Der Shelter in the middle of the roundabout – das ist das weiße Gebäude hier vor Ihnen. Die Bank, wo der Banker niemals einen Regenmantel trug, ist die TSB Bank da vorne rechts. Und der Friseur, der Barber shop, kommt jetzt auf der linken Seite..."
Dann steuert Tony am Ende seiner Magical Mystery Tour noch vorbei an den schmucken Mittelstands-Häusern, in denen John und Paul aufwuchsen; heute gehören sie dem National Trust und man kann sie gesondert besichtigen.
Nicht weit entfernt passieren wir Brian Epsteins Villa am Queen's Drive; nicht nur in dieser Allee fällt auf, wie grün und großzügig Liverpool ist. Im August 1967 nahm sich der Beatles-Manager das Leben. Sein Tod dürfte, so erzählt es am Ende des Museumsrundgangs der Audio-Guide, zur Trennung der Band beigetragen haben: