Musikunterricht für einen Euro pro Stunde
Der Hamburger Stadtteil Bahrenfeld liegt zwischen den reichen Elbvororten und den ärmeren Bezirken Altona und St. Pauli. An diesem sozial durchmischten Ort bietet das Jugendzentrum "Juno 23" Gesangsunterricht an - auch für jene, die es sich sonst nicht leisten können.
"Ich wollte einfach Musik machen!"
…erinnert sich Henrike an ihre Anfänge im "Juno 23".
"Und dann habe ich von dem Jugendzentrum hier gehört, dass die auch halt Sachen Richtung Band machen. Und einen Chor haben und so weiter."
Und da es mit ihrem ersten Wunsch …
" … vielleicht 'ne Band zu finden … "
… damals nichts wurde, begann die heute 22-Jährige mit Schlagzeug-Einzelunterricht - und landete zusätzlich im Chor.
Zwischen acht und 15 junge Frauen und Männer treffen sich mittwochs zur Probe. Da Männerstimmen sich gerne rar machen, agiert der Chor "Juno 23" heute als zehnköpfiger reiner Frauenchor. Und insofern hat Chorleiterin Franzi Kusche recht, wenn sie lächelt und stolz bemerkt:
"Ja, die haben Power, die Mädels!"
Erster Song der heutigen Probe: "Waters of Babylon", der traditionelle alte Gospelsong nach dem 137. Psalm. Pop, Gospel mit ein paar Ausflügen in den Rock - das ist das Repertoire des Chors.
"Wir haben ... wie viel haben wir? 20? Ja, 20!"
Jessy Martens, Chorleiterkollegin von Franzi Kusche.
Kusche: "Wir versuchen, unser Repertoire immer zu vergrößern. Und von Stück zu Stück ist es verschieden. Hängt natürlich auch mit der Regelmäßigkeit zusammen, wie die Leute kommen."
Martens: "Wir haben auch ein Rock'n' Roll-Stück: 'Barbara Ann'."
Das Musikangebot im Jugendzentrum "Juno 23" gibt es seit fünf Jahren. Es richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen zwölf und 27 und ist finanziert mit Bundesmitteln. Ein Projekt - erklärt Katrin Wehr, Leiterin des Jugendzentrums -, das sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagiert. Im ersten Jahr flossen aus Berlin dafür rund 17.000 Euro.
Wehr: "Das ist für ein Jugendzentrum sehr viel Geld."
Das "Juno 23" liegt in Bahrenfeld zwischen den reichen Elbvororten und den traditionell ärmeren Stadtteilen Altona und St. Pauli. Das Musikangebot von "Juno 23" versucht dem Rechnung zu tragen, meint Katrin Wehr:
"Wir wollen alle Jugendlichen einladen, zu uns zu kommen. Egal, woher sie kommen; ob sie nun aus einem Elternhaus kommen, wo sie vielleicht an einer unteren Einkommensgrenze leben, oder es halt ihnen gut geht zu Hause. Wir haben alles. Das zeigt sich hier auch gerade im Musikprojekt sehr deutlich, wo die Eltern vielleicht nicht so viel miteinander zu tun haben. Aber die Jugendlichen, die Kinder, haben etwas miteinander zu tun hier im Musikprojekt. Und da gibt es keine Vorurteile in dem Sinne, sondern man macht halt zusammen Musik."
Der Gitarren-, Schlagzeug-, Hip-Hop- und Gesangs-Unterricht - pro Stunde für einen Euro, Chorsingen kostet nichts -, ist inzwischen bei den Jugendlichen im Stadtteil heiß begehrt. Förderung durch Bundesmittel hat den entscheidenden Vorteil, dass sich das Jugendzentrum Profimusiker als Lehrer leisten kann. Auch die Chorleiterinnen Jenny Martens und Franzi Kusche, die sich bei der Probe harmonisch ergänzen. Jenny Martens:
"Meistens stehe ich vor dem Chor und dirigiere, und die Franzi singt dann die Stimmen, die noch unsicher sind, singt sie mit und spielt währenddessen noch Gitarre. Eigentlich kommen wir uns nie in die Quere. Und es ist totaler Luxus, weil wenn mal wer nicht kann, fällt der Chor nicht aus, sondern, es kann immer weitergehen."
Kusche: "So, tschsch, drei Grundstimmen. Afror ist heute nicht da, Jana, Henrike und Gabriel ... ist auch nicht da. Jana, Henrike mal in die Ecke am besten. Ich würde sagen, dann geht Christine dazu, weil, dann seid ihr zu dritt, ihr macht 'dumm, duhumm, duhumm, duhumm' ..."
Wenn das 'chorische Personal' wöchentlich gerne wechselt, kann das bedeuten, das eine Stimme mal Alt, mal auch Sopran singt. Flexibilität im Raum wie in der Musikalität ist gefragt.
"Gut, Mädels, Gruppe zwei: Marina, Sabrina, Davy und Ronja bitte in die Mitte, ihr wiederholt die Basstöne immer als 'bah!' …"
Franzi Kusche und Jessy Martens wollen, dass die Frauenstimmen Instrumente imitieren und so Vielstimmigkeit entsteht. Und natürlich sind alle, Chorleiterinnen wie Sängerinnen, gierig auf diesen einen Moment:
Kusche: "Einfach dieses Gefühl, wenn viele Stimmen zusammenkommen. Und an einem Strang ziehen, sozusagen."
Martens: "Es ist halt die Gemeinschaft, man entwickelt gemeinsam was."
"Dieses Feeling ist einfach da in dem Chor. Das hat man natürlich, wenn man Gesangsunterricht hat und alleine ist, nicht so."
… meint Jana, 26 Jahre alt, Bürokauffrau, mal Alt-, mal Sopransängerin im Chor, und seit Jahren im Jugendzentrum. Marlitt, 21, Erzieherin:
"Oder einfach dieses 'Auffangen', ich bin alleine, ich möchte heute nicht allein sein."
"Zu Hause ist eigentlich der Ort, an dem man sich ausruhen kann, entspannen kann. Aber ist das genau das Gleiche."
… sagt Sabrina, 19 Jahre alt. Und Marlitt meint noch, ja, sie habe sich verändert in den Jahren im Jugendzentrum und in denen im Chor:
"Mein Selbstbewusstsein hat sich gesteigert und mehr aufgebaut, und es ist so, man lernt halt von anderen Menschen sehr viel dazu. Denn man lernt gerade durch die Musik auch, mit denen umzugehen."
Das musikalische Leben im "Juno 23" sieht also so aus: hier eine Band, da die Hip-Hopper, Gesangs- oder Gitarrenunterricht, kurzum - ein großer Mix. Und in der Vorbereitungsphase der zwei Konzerte, die im Jahr stattfinden, treffen der Chor auf die Band, die Gitarristen auf die Hip-Hopper und umgekehrt.
Man könnte also, wenn man die christlichen Bilder des Gospels "At the table" vom Ende der heutigen Probe ein wenig verweltlicht und hier hört, wie von einer Einladung an einen reich gedeckten Tisch gesungen wird, dann könnte man das als Motto des Jugendzentrums "Juno 23" und seines Chores betrachten: Leute, reinkommen, es ist reichlich da!
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
…erinnert sich Henrike an ihre Anfänge im "Juno 23".
"Und dann habe ich von dem Jugendzentrum hier gehört, dass die auch halt Sachen Richtung Band machen. Und einen Chor haben und so weiter."
Und da es mit ihrem ersten Wunsch …
" … vielleicht 'ne Band zu finden … "
… damals nichts wurde, begann die heute 22-Jährige mit Schlagzeug-Einzelunterricht - und landete zusätzlich im Chor.
Zwischen acht und 15 junge Frauen und Männer treffen sich mittwochs zur Probe. Da Männerstimmen sich gerne rar machen, agiert der Chor "Juno 23" heute als zehnköpfiger reiner Frauenchor. Und insofern hat Chorleiterin Franzi Kusche recht, wenn sie lächelt und stolz bemerkt:
"Ja, die haben Power, die Mädels!"
Erster Song der heutigen Probe: "Waters of Babylon", der traditionelle alte Gospelsong nach dem 137. Psalm. Pop, Gospel mit ein paar Ausflügen in den Rock - das ist das Repertoire des Chors.
"Wir haben ... wie viel haben wir? 20? Ja, 20!"
Jessy Martens, Chorleiterkollegin von Franzi Kusche.
Kusche: "Wir versuchen, unser Repertoire immer zu vergrößern. Und von Stück zu Stück ist es verschieden. Hängt natürlich auch mit der Regelmäßigkeit zusammen, wie die Leute kommen."
Martens: "Wir haben auch ein Rock'n' Roll-Stück: 'Barbara Ann'."
Das Musikangebot im Jugendzentrum "Juno 23" gibt es seit fünf Jahren. Es richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen zwölf und 27 und ist finanziert mit Bundesmitteln. Ein Projekt - erklärt Katrin Wehr, Leiterin des Jugendzentrums -, das sich gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus engagiert. Im ersten Jahr flossen aus Berlin dafür rund 17.000 Euro.
Wehr: "Das ist für ein Jugendzentrum sehr viel Geld."
Das "Juno 23" liegt in Bahrenfeld zwischen den reichen Elbvororten und den traditionell ärmeren Stadtteilen Altona und St. Pauli. Das Musikangebot von "Juno 23" versucht dem Rechnung zu tragen, meint Katrin Wehr:
"Wir wollen alle Jugendlichen einladen, zu uns zu kommen. Egal, woher sie kommen; ob sie nun aus einem Elternhaus kommen, wo sie vielleicht an einer unteren Einkommensgrenze leben, oder es halt ihnen gut geht zu Hause. Wir haben alles. Das zeigt sich hier auch gerade im Musikprojekt sehr deutlich, wo die Eltern vielleicht nicht so viel miteinander zu tun haben. Aber die Jugendlichen, die Kinder, haben etwas miteinander zu tun hier im Musikprojekt. Und da gibt es keine Vorurteile in dem Sinne, sondern man macht halt zusammen Musik."
Der Gitarren-, Schlagzeug-, Hip-Hop- und Gesangs-Unterricht - pro Stunde für einen Euro, Chorsingen kostet nichts -, ist inzwischen bei den Jugendlichen im Stadtteil heiß begehrt. Förderung durch Bundesmittel hat den entscheidenden Vorteil, dass sich das Jugendzentrum Profimusiker als Lehrer leisten kann. Auch die Chorleiterinnen Jenny Martens und Franzi Kusche, die sich bei der Probe harmonisch ergänzen. Jenny Martens:
"Meistens stehe ich vor dem Chor und dirigiere, und die Franzi singt dann die Stimmen, die noch unsicher sind, singt sie mit und spielt währenddessen noch Gitarre. Eigentlich kommen wir uns nie in die Quere. Und es ist totaler Luxus, weil wenn mal wer nicht kann, fällt der Chor nicht aus, sondern, es kann immer weitergehen."
Kusche: "So, tschsch, drei Grundstimmen. Afror ist heute nicht da, Jana, Henrike und Gabriel ... ist auch nicht da. Jana, Henrike mal in die Ecke am besten. Ich würde sagen, dann geht Christine dazu, weil, dann seid ihr zu dritt, ihr macht 'dumm, duhumm, duhumm, duhumm' ..."
Wenn das 'chorische Personal' wöchentlich gerne wechselt, kann das bedeuten, das eine Stimme mal Alt, mal auch Sopran singt. Flexibilität im Raum wie in der Musikalität ist gefragt.
"Gut, Mädels, Gruppe zwei: Marina, Sabrina, Davy und Ronja bitte in die Mitte, ihr wiederholt die Basstöne immer als 'bah!' …"
Franzi Kusche und Jessy Martens wollen, dass die Frauenstimmen Instrumente imitieren und so Vielstimmigkeit entsteht. Und natürlich sind alle, Chorleiterinnen wie Sängerinnen, gierig auf diesen einen Moment:
Kusche: "Einfach dieses Gefühl, wenn viele Stimmen zusammenkommen. Und an einem Strang ziehen, sozusagen."
Martens: "Es ist halt die Gemeinschaft, man entwickelt gemeinsam was."
"Dieses Feeling ist einfach da in dem Chor. Das hat man natürlich, wenn man Gesangsunterricht hat und alleine ist, nicht so."
… meint Jana, 26 Jahre alt, Bürokauffrau, mal Alt-, mal Sopransängerin im Chor, und seit Jahren im Jugendzentrum. Marlitt, 21, Erzieherin:
"Oder einfach dieses 'Auffangen', ich bin alleine, ich möchte heute nicht allein sein."
"Zu Hause ist eigentlich der Ort, an dem man sich ausruhen kann, entspannen kann. Aber ist das genau das Gleiche."
… sagt Sabrina, 19 Jahre alt. Und Marlitt meint noch, ja, sie habe sich verändert in den Jahren im Jugendzentrum und in denen im Chor:
"Mein Selbstbewusstsein hat sich gesteigert und mehr aufgebaut, und es ist so, man lernt halt von anderen Menschen sehr viel dazu. Denn man lernt gerade durch die Musik auch, mit denen umzugehen."
Das musikalische Leben im "Juno 23" sieht also so aus: hier eine Band, da die Hip-Hopper, Gesangs- oder Gitarrenunterricht, kurzum - ein großer Mix. Und in der Vorbereitungsphase der zwei Konzerte, die im Jahr stattfinden, treffen der Chor auf die Band, die Gitarristen auf die Hip-Hopper und umgekehrt.
Man könnte also, wenn man die christlichen Bilder des Gospels "At the table" vom Ende der heutigen Probe ein wenig verweltlicht und hier hört, wie von einer Einladung an einen reich gedeckten Tisch gesungen wird, dann könnte man das als Motto des Jugendzentrums "Juno 23" und seines Chores betrachten: Leute, reinkommen, es ist reichlich da!
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.