Moschee im Magdeburger Heizhaus
Vor wenigen Monaten hat die Islamische Gemeinde in Magdeburg größere Räumlichkeiten bezogen, nachdem sie Jahre in einem ehemaligen Kohlenbunker eines Plattenbauviertels unterkam. Der neue Standort ist aber schon wieder zu klein, was Probleme im Viertel bereitet.
Knapp 600 Gläubige kommen allwöchentlich zum Freitagsgebet in die Magdeburger Moschee. Was zu DDR-Zeiten ein Heizhaus war, ist jetzt das größte geistliche Zentrum der Muslime Sachsen-Anhalts. Es liegt versteckt in der Magdeburger Innenstadt, in einem typisch ostdeutschen Plattenbauviertel. Und genau da beginnt das Problem.
Denn obwohl die neue Moschee erst Anfang Juni eröffnet wurde, ist sie schon wieder zu klein. Das ist ein Grund dafür, warum auf einem Parkplatz vor der grün gestrichenen Al Rahman Moschee – die von Fünf bis Zehn-Geschossern umzingelt ist – jeden Tag grüne Teppiche ausgerollt werden, damit die Muslime beten können. Viele Anwohner in der Magdeburger Max von Otten-Straße, sind darüber richtig verärgert, insbesondere die Älteren ab 60 aufwärts. Und sie schimpfen.
"Zum Freitags-Gebet oder wie die das nennen, dann gibt es Ärger. Dann stehen die Autos, dann stehen die Menschen. Dann ist kein Platz gar nichts."
Die Augen der Dame funkeln wütend.
"Da wird hier draußen ein künstlicher Rasen ausgelegt…"
"…aber die Straße haben die nicht gemietet. Die Straße gehört der Stadt und nicht diesen Islamisten. Die gehören nicht hierher."
…sagt eine weitere etwa 70-jährige, gepflegte Dame. Sie mischt sich ins Gespräch ein, als sie hört, dass es um die neue Moschee geht. Eine Moschee, die gehöre nicht nach Magdeburg, wettert sie. Ihre Namen wollen beide aber nicht nennen.
Nur soviel, ergänzen sie noch: Seit den 80er-Jahren wohnten sie in den Plattenbauten in der Nähe des Breiten Weges, einem Boulevard aus DDR-Zeiten; aber so viel Stress hätte es hier noch nie gegeben. Zu Erinnerung: Es geht um ein paar Stunden während des Freitagsgebets, ansonsten ist in den Straßen nur wenig los. Rentner Dieter Wultzsch ist auch irritiert.
"Dass hier mal irgendwelche Radikale auftauchen. Und hier mal Rabatz machen, dass die Polizei kommt. Bis jetzt ist nichts passiert, ich will nichts herbeireden. Aber naja."
Der Unmut unter den Älteren ist groß
Eine Momentaufnahme unter Anwohnern. Dennoch: Der Unmut gerade unter den Älteren ist groß. Imam Moawia Al-Hamid – ein Endvierziger, Dozent an der Hochschule Magdeburg-Stendal – ist sprachlos. Sagt aber, dass auch er beobachte, wie gerade ältere Menschen, aus den Fenstern heraus, die Moschee argwöhnisch beäugen würden. Anstatt einfach mal runterzukommen.
"Okay, die alten Damen sehen uns nur von Weitem. Nur vom Fenster aus und haben Angst. Da habe ich gesagt, ich lade sie und ihre Mutter und ihre Oma ein, damit sie das von innen sehen, mit uns reden können."
Ein Angebot, das nur wenige in Anspruch nehmen. Obwohl sich der in Hannover promovierte Elektrotechniker Moawia Al-Hamid vorgenommen hat, die Moschee als kulturelles Zentrum in Magdeburg zu etablieren. Die Gemeinde wolle über das Leben der Muslime und ihre Geschichte aufklären, unterstreicht Moawia Al-Hamid noch.
"Die dachten, dass die Moschee komplett mit Bomben und Raketen gefüllt ist. Es ist aber nicht der Fall. Das können sie aber nur wissen, wenn sie reingehen, mit uns sprechen."
Geplant ist jetzt für den 03. Oktober, den Tag der Deutschen Einheit, einen Tag der Offenen Tür zu organisieren. Erzählt Imam Moawia Al-Hamid, der seine Predigten dreisprachig, also auf arabisch, englisch und deutsch hält. Er versuche alles, fügt er noch an, damit die Gemeinde in der Umgebung ja nicht auffalle. Damit es für die Anwohner möglichst wenig Probleme gebe. Einer der Gründe, warum zum Freitagsgebet beispielsweise ein halbes Dutzend eigener Leute mit Signalwesten im Einsatz sei, um den Verkehr zu regeln.
Gerade junge Leute haben kein Problem mit der Moschee
Doch es gibt auch andere Stimmen im Viertel. Auffällig ist, dass es gerade junge Leute sind, die kein Problem mit der Magdeburger Moschee und den Muslimen haben.
"Ach, ich finde das überhaupt nicht schlimm. Ich bin da auch nicht so. Ist ja deren Kultur. Mich stört das überhaupt nicht."
Laura Dittrich, 21. Sie wohnt gegenüber der Moschee, macht gerade eine Ausbildung zur Immobilienkauffrau. Die Älteren im Haus, die nur schimpfen, kann sie nicht verstehen, sagt sie. Und rümpft leicht die Nase, während sie ihre schulterlangen Haare aus dem Gesicht streift.
"Man merkt es natürlich, dass es voller geworden ist. Dass sie nach dem Gebet am Freitag da raus strömen. Aber: Kein Problem."
"Ich stehe hier als Stellvertreter der Muslime in und um Magdeburg. Wir sind hier heute Ihre Gastgeber. Ich begrüße sie sehr herzlich..."
So klingt es Anfang Juni. Als Moawia Al-Hamid, der Imam der Islamischen Gemeinde Magdeburg die neue Moschee mit einem kleinen Festakt eröffnet. Die Augen des aus Syrien stammenden Dozenten für Elektrotechnik strahlen, während auf der Bühne – vor der Gebetsnische – kleine Kinder singen.
Komplizierte Standortsuche
13 Jahre lang war die Moschee in einem völlig heruntergekommenen Kohle-Bunker aus DDR-Zeiten untergebracht. Und viel zu klein, weshalb man was Neues suchte. Was sich äußerst kompliziert gestaltete. Doch davon will Imam Al-Hamid heute nichts mehr hören. Denn jetzt hat man ein neues Domizil gefunden. Mitten im Zentrum Magdeburgs, mitten in einem typisch ostdeutschen Plattenbauviertel. Ein von außen grün gestrichener fast fensterloser Beton-Kubus. Ohne Minarett, ohne Muezzin, lediglich Al Rahman Moschee steht dran.
"Ja, genau. Das war ein altes Heizhaus in der ehemaligen DDR. Und wir haben es dann umgebaut zu einem Gemeindezentrum."
Einen offenen Ort nennt Imam Moawia Al-Hamid die Magdeburger Moschee, in dem er nicht nur predigt, sondern auch ehrenamtlich Deutsch-Unterricht für Flüchtlinge gibt.
"Wir sind offen für alle. Nicht wie in Düsseldorf oder anderen Gemeinden, die andere Richtung haben. Wir sind offen für die Stadt."
Ob allerdings im Viertel künftig Ruhe einkehrt, ist ungewiss. Von einer richtigen Moschee mit Kuppel und Minarett, sowie einem Muezzin mag er nicht mal träumen, sagt Imam Moawia Al-Hamid. Ist ihm irgendwie aber auch egal. Viel wichtiger sei ihm, ergänzt er noch, ein friedliches Miteinander. Während er das sagt, zieht der End-Vierziger die Stirn in Falten, so als ob er wisse, dass das in Magdeburg eine Herkulesaufgabe ist.