Aufbruch ohne die Lady?
Erstmals nach einem halben Jahrhundert Militärdiktatur können die Menschen in Myanmar Ende des Jahres weitgehend frei wählen. Präsidentin darf Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi aufgrund eines umstrittenen Gesetzes trotzdem nicht werden. Auch andere Hoffnungen wurden enttäuscht.
Myanmar ist etwa doppelt so groß wie Deutschland und hat knapp 80 Millionen Einwohner – von denen die meisten im November in langen Schlangen vor den Wahllokalen stehen dürften.
Zwar erhält das Militär weiterhin 25 Prozent der Sitze im Parlament, aber über den Rest entscheiden die Bürger. Erstmals können sie landesweit ihr Kreuz bei der stärksten Oppositionspartei NLD (Nationale Liga für Demokratie) machen. Deren Vorsitzende ist Aung San Suu Kyi.
Ihr Widersacher - Präsident Thein Sein - kommt aus der ehemaligen Militär-Junta, die das Land knapp 50 Jahre diktatorisch regierte. Thein Sein ist inzwischen Zivilist und hat seit 2011 einige Reformen eingeleitet. Um ein Machtvakuum und Chaos zu verhindern ,sollten seine Partei und das Militär weiterhin eingebunden bleiben, meinen politische Beobachter im Land.
Aung Soe Min: "Großartig! Ja, also das ist Teil einer Serie, die er 2007 oder so angefangen hat. Es ist immer Aung San Suu Kyi darauf zu sehen. Er kombiniert sie mit Dingen aus der burmesischen Kultur. Hier zusammen mit einem burmesischen Mädchen."
Galerist Aung Soe Min hält in der einen Hand seine Zigarette, mit der anderen fährt er sich über den Hinterkopf. Das mannshohe Bild, das ihm Zwe Yan Naing präsentiert, hat er schon lange erwartet. In der gesamten "Pansodan-Gallery" hier in Yangon, der ehemaligen Hauptstadt Myanmars, befinden sich zahlreiche Werke des 30-jährigen Künstlers.
Ikonenhafte Collagen und Gemälde der Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi. Bunte, grelle Bilder. Seit acht Jahren verkauft Zwe Yan Naing sie über Aung Soe Min. Bis zur Öffnung Myanmars im Jahr 2011 blieben die Werke echte Ladenhüter. Jetzt sind sie gefragt, sehr zur Freude seines Kurators.
Aung Soe Min: "Zu dieser Zeit hat kaum ein Künstler Aung San Suu Kyi für seine Arbeiten benutzt. Weil sie unter Arrest stand und weil die politische Situation insgesamt sehr schlecht war. Inzwischen läuft das etwas besser. Das hier ist seine erste politische Serie."
Zwe Yan Naing: "Mit diesem Bild will ich die politischen Umstände und das Leben der Leute hier miteinander verbinden. Dafür brauchte ich ein Symbol. Und Aung San Suu Kyi passt dafür doch am Besten."
Ende des Jahres sollen Parlamentswahlen in Myanmar stattfinden. Der ehemalige Offizier und aktuelle Präsident Thein Sein steht der Friedensnobelpreisträgerin und Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi gegenüber. Auf ihr ruhen viele Hoffnungen. Gerade bei den Künstlern der "Pansodan Gallery".
Noch zu Zeiten der Militärdiktatur, im Jahr 2008, gründet der 44-jährige Aung Soe Min diesen Raum für politische Kunst – in der Pansodan-Street, einer der Hauptverkehrsadern der Stadt. Die Verbindung von Hafen und Handel. Heimat für zahlreiche Behörden und Zentrum der Intellektuellen. Im Schatten der zerfallenden Kolonialhäuser, dem Erbe der Briten, machen fliegende Buchhändler ihr Geschäft. Aung Soe Min hat hier die Welt kennengelernt.
Wenn er sich als junger Mann ein Buch nicht leisten konnte, durfte er es vor Ort lesen, auf der Straße. Das Land war abgeschottet, Bücher die einzige Quelle. Genau an diesen Ort gehört seine Galerie, findet er. Und bietet jungen Talenten wie Zwe Yan Naing damit eine künstlerische Heimat.
Zwe Yan Naing: "Hier in der Galerie kann ich das erste Mal in meinem Leben Künstler sein. Das gibt mir eine Menge Selbstbestätigung."
Er rollt sein Bild wieder ein und bindet es mit einem Gummiband zusammen. Galerist Aung Soe Min drückt seine Zigarette aus, führt durch sein Reich. Hohe unverputzte Wände, überall hängen abstrakte Gemälde. Realismus ist kaum zu finden.
Aung Soe Min: "In den letzten zwei Jahren sind Unmengen solcher politischen Arbeiten entstanden. Die Künstler hier haben enorm viel zu sagen und auszudrücken. Gleichzeitig lernen sie jetzt auch eine Menge über neue Techniken. Gerade bricht alles gleichzeitig auf uns herein."
Was mögen Sie gerade besonders?
Aung Soe Min: "Ich mag... Hier! Dieser Künstler hat viel von denen hier gezeichnet. Er ist sehr gut, wenn es um diese Linien geht. Das ist Teil einer Serie über Frauen. Sie sehen hier die vielen Verbindungen. Ein Netzwerk von Frauen."
Bis zum Beginn des Wandels in Myanmar 2011 waren insgesamt neun Ministerien für die Genehmigung von Ausstellungen zuständig. Viel wurde den Künstlern untersagt. Es war ein Spießrutenlauf. Jetzt muss Aung Soe Min zwar niemanden mehr fragen, bevor er eine Ausstellung eröffnet, aber die großen Hoffnungen, die er noch 2011 hatte, sind verschwunden.
"Das mit der Zensur ist immer noch sehr verzwickt"
Aung Soe Min: "Das mit der Zensur ist immer noch sehr verzwickt. Vor zwei Jahren haben sie ja beispielsweise gesagt, dass sie abgeschafft wird. Aber jetzt geben sie keine Genehmigungen Zeitungen oder neue Sender zu gründen. Sie haben aufgehört neue Lizenzen zu verteilen. Genauso ist es beim Film - auch hier wird wieder zensiert."
Zensur in Medien und Kunst - gleichzeitig hat sich Myanmar in den vergangenen drei Jahren sichtlich modernisiert: Auf den Straßen Yangons hält jeder ein Smartphone in der Hand. SIM-Karten kosten nicht mehr wie früher mehrere hundert US-Dollar, sondern sind leicht erschwinglich. Der koreanische Technikkonzern Samsung scheint alle Werbeflächen der Stadt aufgekauft zu haben.
Auch Japaner und Chinesen sind in das Land gekommen, um hier Geld zu verdienen. Nach knapp 50 Jahren Militärdiktatur, die unter dem grausamen General Ne Win 1962 beginnt. Der schottet das Land ab. Dann 1988 regt sich in der Bevölkerung offener Widerstand. Die Niederschlagung im September '88 endet mit Blutvergießen. Das Militär tötet Tausende Mönche und Zivilisten, die meisten von ihnen Studenten.
Kyaw Zwa Moe: "Ich war zu dieser Zeit an der High-School. Gemeinsam haben Kollegen und ich ein geheimes politisches Journal veröffentlicht. Das war nicht wirklich groß aber der damaligen Regierung gegenüber ziemlich kritisch.
Wir wurden deswegen eingesperrt. Verurteilt für zehn Jahre, wegen eben dieser Veröffentlichung und weil wir damit Teil der demokratischen Bewegung gewesen sind."
Erzählt Kyaw Zwa Moe. Der Journalist leitet die englische Ausgabe des Magazins "The Irrawaddy". Einer politischen Zeitschrift, die monatlich erscheint. Eigentlich hat er gerade wenig Zeit für ein Gespräch, gleich wird ihm sein Washington-Korrespondent ein Interview schicken. US-Präsident Barack Obama hat per Mail Fragen beantwortet.
Darin wird er die Regierung Myanmars anmahnen, den Reformprozess nicht stocken zu lassen. Sogar CNN und BBC werden es rauf und runter zitieren. Kyaw Zwa Moe lässt durchblicken, dass er da an etwas großem dran ist. Seinen Gegnern kann er jetzt wieder einmal zeigen, dass er sich von ihnen nie hat unterkriegen lassen.
Kyaw Zwa Moe: "Als ich im Gefängnis saß war es uns nicht einmal gestattet ein Buch zu lesen oder einen Bleistift oder Füller zu verwenden. All das war illegal. Vor allen Dingen für die politischen Gefangenen. Sie wollten unsere Gedanken töten. Sie wollten uns in die innere Dunkelheit führen. Ich war niemand mehr."
1999 kommt er nach acht Jahren frei, flieht ins benachbarte Thailand. Hier beginnt er als Journalist zu arbeiten. Für "The Irrawaddy". Das Magazin wird zu dieser Zeit in Bangkok produziert. Über E-Mail, Telefon und persönliche Treffen in Grenznähe kommen er und seine Kollegen damals mit Informanten in Verbindung.
Kyaw Zwa Moe: "In den letzten 20 Jahren waren wir illegal. Unser Magazin wurde aus dem Land verbannt. Wenn jemand mit einer Kopie des 'Irrawaddy'-Magazins gefunden wurde, konnte er oder sie mit einer Gefängnisstrafe von bis zu sieben Jahren rechnen.
Aber wie Sie heute sehen können, jetzt bin ich in Yangon. Wir können dieses Interview führen und wir können unsere monatlichen Magazine ebenso veröffentlichen, wie unsere wöchentliche burmesische Ausgabe. Die Menschen dürfen das lesen."
Trotzdem wird die Lage für Journalisten in Myanmar immer unbequemer. 2014 werden fünf Zeitungsreporter festgenommen, nachdem sie über eine Chemie-Waffen-Fabrik berichtet haben. Der Vorwurf: die Veröffentlichung von Staatsgeheimnissen.
Wenige Monate später bewegt viele Menschen im Land das Schicksal des Journalisten Par Gyi.
Kyaw Zwa Moe: "Drei Tage, nachdem er festgenommen wurde, wurde er erschossen. Solche Dinge passieren in diesem Land."
"The Irrawaddy" berichtet ausgiebig über den Fall. Der getötete Journalist und Ex-Bodyguard von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi sei Teil einer Rebellengruppe gewesen und kein Reporter - so heißt es in der offiziellen Stellungnahme der Armee. Und weiter: Par Gyi habe versucht eine Waffe zu stehlen, da habe man ihn erschießen müssen.
Kyaw Zwa Moe: "Als wir über die Ermordung berichten wollten, haben wir versucht den Sprecher des Militärs zu erreichen. Es gab keine Antwort. Kein Medium bekam Zugang. Aber sie haben eine Pressemitteilung veröffentlicht. Das war's.
Wir dürfen kritisch über die Behörden und die Regierung berichten. Aber das heißt nicht, dass wir eine Pressefreiheit haben. Ich glaube ein Barometer für die Pressefreiheit ist die Möglichkeit Zugang zu Informationen zu haben."
Fehlende Teile der Geschichte Myanmars
Nach Demonstrationen hat Präsident Thein Sein inzwischen eine Untersuchung des Falles angeordnet. Die Leiche ist exhumiert worden. Im Untersuchungsbericht steht, dass es keine Anzeichen für Folter gibt. Die Frage, warum Rippen und Beine gebrochen waren, bleibt unbeantwortet.
Ebenso, weshalb die Ehefrau des Toten nicht zu den über 40 befragten Zeugen gehörte. All das sind Informationen, die "The Irrawaddy" für jeden zugänglich im Internet aufbereitet. "Dennoch", sagt Redaktionsleiter Kyaw Zwa Moe, "stehen wir immer mit einem Bein in Thailand. Wenn etwas passiert, können wir sofort wieder zurück ins Exil".
Kyaw Zwa Moe: "Sie denken, dass die Medien reguliert werden müssten, weil die Medienleute und Journalisten momentan noch nicht professionell genug seien. Und das sie nicht ethisch handeln würden.
Aber in Wirklichkeit wollen sie uns einfach kontrollieren. Deswegen versuchen sie die Mediengesetze und die Medien selbst zu regulieren."
Zurück in der Pansodan-Street bei Aung Soe Min. Er ist nicht nur Galerist. Er schreibt Essays und Geschichten, produziert Filme und Musik. Vor allem aber ist er ein guter Organisator und Netzwerker.
Eine Etage über der Galerie lagert der größte Schatz von Aung Soe Min. Seit 15 Jahren sammelt er alles, was das kulturelle und politische Leben Myanmars dokumentiert. Von der Kolonialzeit bis ins jetzt.
Aung Soe Min: //"Dass hier sind, denke ich die fehlenden Teile unserer Geschichte. Dann, wenn wir über sie nicht in der Standartversion reden wollen, wie sie von der Regierung geschrieben wurde.
Hier sind viele historische Fotografien. Oder Filmplakate, die zuvor noch nie jemand gesammelt hat. Keine Bibliothek, keine Bücherei hat so etwas. Das ist doch sehr wichtig für Popkultur, für Geschichte, für Mode."//
Hier sind viele historische Fotografien. Oder Filmplakate, die zuvor noch nie jemand gesammelt hat. Keine Bibliothek, keine Bücherei hat so etwas. Das ist doch sehr wichtig für Popkultur, für Geschichte, für Mode."//
Bis zur Decke stapeln sich Bücher, Akten, Plakate, Fotos und gerahmte Bilder. Es riecht nach staubigem Papier.
Ein Mitarbeiter ist dabei einige handgeschriebene Bände zu katalogisieren. Aung Soe Min schiebt sich durch einen der schmalen Gänge zwischen den Stapeln.
Aung Soe Min: "Das hier ist auch, wie Sie sehen, ein handgemachtes Flugblatt von 1988, dass damals verteilt wurde. Aus dem Untergrund."
Er bedauert es die Zeitdokumente nicht alle vor dem Zerfall retten zu können. Auch die Digitalisierung ist zurzeit unmöglich. Aber Wissenschaftler aus der ganzen Welt kommen oft hierher, um zu recherchieren. Hier sind Informationen zu finden, die von staatlichen Einrichtungen längst für das Vergessen freigegeben wurden. Allein über 200.000 Fotos, teilweise von historischen Momenten.
"Das, was Sie hier sehen ist von 1947, von einer Konferenz. Von dem historischen Treffen verschiedener ethnischer Treffen in Birma. Das ist eines der Originale."
Das hier soll der Beitrag von Aung Soe Min sein, Demokratie nach Myanmar zu bringen. Ein Lebensprojekt. Er will dass irgendwann jeder kleine Ort sein eigenes Heimatmuseum hat. Denn nur, wenn die Menschen ihre eigene Geschichte verstünden, könnten sie so etwas wie Demokratie lernen.
Aung Soe Min: "Das ist ein Weg die Demokratie in lokale Strukturen zu bringen. Die Chancen der Demokratie zu vermitteln. Darum geht es mir hier vor allem."
"Die meisten kleinen Städte und Dörfer existieren seit über 2000 Jahren. Aber sie haben keine Aufzeichnungen über sich selbst."
Myanmar zählt zu den ärmsten Ländern in Südostasien. Wirtschaft und Infrastruktur sind in einem desolaten Zustand. Die Reise von der größten Stadt Yangon in die 600 Kilometer entfernte zweitgrößte Stadt Mandaly dauert mit der Eisenbahn 15 Stunden. Die Züge sind uralt, die Gleise noch aus Kolonialzeiten. Die Waggons springen mehr an ihr Ziel, als das sie fahren.
Es geht vorbei an Dörfern, die noch über keine Elektrizität verfügen. Für den Westen ist Myanmar wirtschaftlich und strategisch nicht interessant. Deswegen konnten es sich die USA erlauben zu Zeiten der Militärdiktatur besonders harsche Sanktionen aufzuerlegen. Die Chinesen und Südkoreaner haben die neuen Zeichen der Zeit erkannt und investieren kräftig, um von den Rohstoffen zu profitieren. Die meisten anderen Investoren warten ab. Vor allen Dingen, weil viele ethnische Konflikte vorherrschen.
Im Rakhine State bekämpfen sich Buddhisten und Rohingya. Die muslimische Volksgruppe zählt zu den am stärksten verfolgten Minderheiten der Erde. 2013 brannten einige ihrer Dörfer. Im Januar 2014 wurden, nach dem gewaltsamen Tod eines nicht-muslimischen Polizisten, mehr als vierzig Rohingyas ermordet.
Und auch der Bürgerkrieg im nördlichen Kachin-State destabilisiert das Land. Seit 1948 kämpfen Rebellen mit der Armee um die Unabhängigkeit. Es ist ein blutiger Krieg.
Bei YouTube tauchen immer wieder Videos auf, die getötete Kämpfer von beiden Seiten zeigen. Auch Kindersoldaten werden rekrutiert. Mädchen und Jungen, die vor allen in den Großräumen Yangon und Mandaly keine andere Zukunft für sich sehen, als den Krieg.
Erst wenn diese Konflikte gelöst sind, kann es mit der Wirtschaft bergauf gehen, sagt der Journalist Kyaw Zwa Moe vom Magazin "The Irrawaddy".
Kyaw Zwa Moe: "Der Präsident und die Regierung sind wirklich verzweifelt bemüht Waffenruhen durchzusetzen. Vor Kurzem hat mir der Führer einer der ethnischen Gruppen dort gesagt, dass sie lieber auf eine andere Regierung warten wollen, die nach 2015 ins Amt kommt.
Sollten dort nämlich mehr demokratisch eingestellte Menschen, Oppositionsmitglieder und Vertreter der unterschiedlichen ethnischen Gruppen dabei sein, würde diese Regierung auch den politischen Willen haben den ethnischen Gebieten Autonomie zu gewähren."
Aung San Suu Kyi darf nicht zur Wahl antreten
Die Parlamentswahlen sollen Ende Oktober oder Anfang November stattfinden. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. 25 Prozent der Sitze gehen in jedem Fall an das Militär.
Festgelegt ist auch, dass die Abgeordneten nach jetziger Rechtslage Aung San Suu Kyi niemals zur Präsidentin wählen können. Es wurde eigens ein Gesetz geschaffen, dass es Präsidenten verbietet enge Verwandte mit ausländischen Pässen zu haben. Ihr verstorbener Ehemann und ihre zwei Söhne sind Briten.
Kyaw Zwa Moe: "Schauen Sie auf die Gesetzesnovelle "59f", die Aung San Suu Kyi davon ausschließt Präsidentin werden zu können. Das ist absolut undemokratisch.
Und zur gleichen Zeit versucht die Regierungspartei ein neues Wahlsystem zu etablieren, weil sie sich nicht sicher sind, ob sie gewinnen können. Wie schon bei den Wahlen 2010.
Es ist ja so, dass die internationale Gemeinschaft die Regierung angeschoben hat freie und faire Wahlen durchzuführen. Das werden vielleicht freie Wahlen, aber keine fairen."
Überall auf den Straßen finden sich Portraits von Aung San Suu Kyi. Auf T-Shirts, in Autos, an Häuserwänden. Straßenkinder laufen in Yangon an den im Stau stehenden Autos vorbei und wollen 3-D Bilder von ihr verkaufen. Sollten die Wahlen frei sein, wird wohl die "National League for Democracy", kurz NLD, gewinnen. Ob die Partei der Oppositionschefin das Land aber tatsächlich führen kann, ist fraglich.
Die NLD verfügt über kein klares Parteiprogramm.
Einer der Kritiker ist der deutsche Franz Xaver Augustin. Er leitet das 2014 neu eröffnete Goethe-Institut in Yangon, ist seit vielen Jahren in Südostasien aktiv. Sollte die NLD nach einem Sieg den Alleingang wagen und die jetzige Regierung außenvorhalten, könne dies in einem Chaos enden.
Franz Xaver Augustin: "Chaos bedeutet in Myanmar in den letzten 60, 70 Jahren immer wieder, dass dann halt die starken Männer auftreten und sagen: Schluss, wir übernehmen wieder das Ruder. Das wäre das schlimmste Szenario, das man sich vorstellen kann."
Die alten Eliten fürchten neue Reformen, haben Angst vor dem Machtverlust. Das Gespenst der Vergangenheit geht um in Myanmar, die Situation ist fragil.
Auch die Militärs und Ex-Militärs müssten mit einbezogen werden in die künftigen Reformprozesse. Für Franz Xaver Augustin hat vor allem Präsident Thein Sein große Anerkennung für die Arbeit der letzten Jahre verdient.
Franz Xaver Augustin: "Für mich sind das ehrlich gesagt die eigentlichen Helden dieses Veränderungsprozesses, dieses Wandlungsprozesses. Auch, wenn die nicht soweit sind, wie sie vielleicht sein wollten mit ihren Reformen und wenn sie auch vieles vielleicht gar nicht reformieren wollen im Sinne einer, wie wir sie im Westen uns vorstellen, im Sinne einer Demokratie, glaube ich doch, dass das eigentlich die Leute sind, die den großen Verdienst für die Veränderungen haben."
In diesem Jahr wird sich entscheiden, wie es mit dem neuen Myanmar weitergeht.