Asphaltcowboys in Film, TV und Wirklichkeit
Kapitän der Landstraße, Rebell, Sklave der Wirtschaft: Das Image der Fernfahrer hat viele Facetten. Woher kommen die verschiedenen Vorstellungen? Wie sehen die Trucker sich selbst? Eleonora Pauli hat den Überblick.
"Stereotyp Lkw-Fahrer? Muskelshirt oder auch Doppelripp-Shirt, Feinripp-Shirt, ein hartes Leben."
"Und ansonsten laut, groß und dreckig."
"Aber ich glaube in den Sonnenuntergang fahren mit ganz viel PS unterm Arsch, ist schon ziemlich geil."
"Und ansonsten laut, groß und dreckig."
"Aber ich glaube in den Sonnenuntergang fahren mit ganz viel PS unterm Arsch, ist schon ziemlich geil."
Ein Beruf als Projektionsfläche
Zu Truckern hat fast jeder eine Meinung, nur wenige aber kennen einen - daher bietet der Beruf eine riesige Projektionsfläche. Vielleicht auch deswegen wurde die Figur des LKW-Fahrers auch immer wieder in Film- und Fernsehproduktionen aufgegriffen: vom "Kapitän der Landstraße" in der Nachkriegszeit über den "Motor der Wirtschaft" in den 60er-Jahren und dem "Asphaltcowboy" der 70er, bis hin zum "Rebell", der "Gefahr im Straßenverkehr".
"Na Bodo?"
"Na Schüler, schon wieder hier?"
"Ich kann doch nicht den ganzen Tag verlieren, nur weil meine Tochter Hochzeit macht. Ich muss meinen Hänger abbezahlen."
"Na Schüler, schon wieder hier?"
"Ich kann doch nicht den ganzen Tag verlieren, nur weil meine Tochter Hochzeit macht. Ich muss meinen Hänger abbezahlen."
In "Nachts auf den Straßen"von 1953 arbeitet Hans Albers hart, um seiner Familie ein wenig Wohlstand zu bieten. Einsam fährt er durch die Nacht - der "Kapitän der Landstraße" ist geboren. Zehn Jahre später hat der Fernfahrer seinen ersten Auftritt im deutschen Unterhaltungsfernsehen. In der ARD-Serie "Die Fernfahrer" kurbeln Martin und Philip vor der Kulisse moderner Autobahnen die deutsche Wirtschaft an. In kariertem Hemd und kurzer Lederjacke kommen die beiden lässig, aber auch schon etwas ungezähmt daher.
"Keiner hält an."
"Ich würde die Lederjacke ausziehen. Ich würde nicht halten für Halbstarke."
"Ich bin Fernfahrer und kein Halbstarker!"
"Ich würde die Lederjacke ausziehen. Ich würde nicht halten für Halbstarke."
"Ich bin Fernfahrer und kein Halbstarker!"
"Du machst deine Arbeit in Latschen und Unterhemd"
Dass die eigene Kleidung irritieren kann, weiß auch der italienische Fernfahrer Roberto. Seit über 40 Jahren ist er auf den Straßen unterwegs:
"Wenn du seit Jahren immer alleine rumfährst, wirst du irgendwann zum Misanthropen. Dann interessiert dich der Rest nicht großartig. Du machst deine Arbeit in Latschen und Unterhemd und es ist dir alles egal."
Klar werde diese Art der Selbstwahrnehmung dann aufgegriffen, meint Roberto und erinnert sich: In den 70er Jahren wurde das Transportwesen immer internationaler - auch er malte für seine Touren in den Iran Kamele auf seinen Truck. Und in der Fernsehserie "Auf Achse" bekommt das Fernfahrerbild in diesem Jahrzehnt eine neue, unendlich coole Dimension.
"Franz Meersdonk und Günther Willers und ihre Maschinen, 320 PS, Terminfracht in alle Herren Länder, auf sie ist Verlass."
Wenig Bewunderung im Alltag
Manfred Krug und Rüdiger Kirschstein fahren halsbrecherische Überholmanöver zwischen brennenden Lkw − sie sind unabhängig und streben wie Westernhelden immer nach Gerechtigkeit. Das Bild des Asphaltcowboysverbreitet sich. Obwohl dieser Mythos bis heute kursiert, bekommen die Fahrer in ihrem Alltag von Bewunderung oder Anerkennung nichts mehr mit, erzählt Flavio aus Mailand:
"Die Leute denken, dass Du verantwortungslos bist, schmutzig und nicht besonders schlau. Dass dieser Beruf für Leute gemacht ist, die nicht eine Spur Kultur haben. Und das ist wirklich nicht schön!"
Das negative Image verbreitete sich vor allem in den 80er-Jahren − der Fernverkehr und das Reisen mit dem Auto waren mittlerweile ein Massenphänomen. In "Theo gegen den Rest der Welt" stellt der Fernfahrer daher erstmals eine "Gefahr auf der Autobahn"dar:
"Bist Du mir nicht am Leverkusener Kreuz rinjefahrn wie ne besengte Sau, ja oder nein?"
"Mein Gott, ich habe 8000 km hinter mir, da kann ich mir nicht jeden merken, der mir in die Quere kommt."
"Mein Gott, ich habe 8000 km hinter mir, da kann ich mir nicht jeden merken, der mir in die Quere kommt."
Sympathisch und gleichzeitig ignorant
Übermüdung, Schwarzhandel, Verbindung zum Rotlichtmilieu. Theo, gespielt von Marius Müller-Westernhagen, gibt einen zwar sympathischen, gleichzeitig aber rebellisch-ignoranten Fernfahrer.
Auch die Filme der letzten 20 Jahre vor allem Produktionen aus den USA - werfen kein positives Licht auf den Fernfahrer. In der Horror-Trucker-Tradition von "Duell" bis "Joy Ride" verfolgen gesichtslose Trucker unschuldige Autofahrer.
Seit einigen Jahren taucht der Fernfahrer immer weniger als Figur in Filmen oder Serien auf. Durch Zeitstress, Lohndumping und prekäre Arbeitsverhältnisse ist die Projektionsfläche des Berufs geschrumpft - im Dokumentarischen steht der Fernfahrer als "Sklave der Wirtschaft" im Zentrum. Die Fernfahrermythen leben weiter in der Reproduktion. Und in der Erinnerung.
Roberto: "Es ist ein harter Job, viel härter als andere Jobs in der Fabrik oder so. Aber im Geist da ist man frei."