Nach Angriff auf linke Buchhandlung "Bookmarks" in London

"Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen!"

 In der sozialistischen Buchhandlung "Bookmarks" in London gibt es natürlich auch antirassistische, feministische und LGBTI-Literatur.
In der sozialistischen Buchhandlung "Bookmarks" in London gibt es natürlich auch antirassistische, feministische und LGBTI-Literatur. © Marten Hahn
Von Marten Hahn |
Rechtsextreme wollten der sozialistischen Buchhandlung "Bookmarks" in London schaden und verwüsteten es. Doch das Ereignis löste eine Welle der Unterstützung für die linke Institution aus, wie Marten Hahn berichtet.
"Es war kurz vor Ladenschluss am vergangenen Samstag, als zwölf oder 13 Leute in den Laden gestürmt sind und angefangen haben rumzubrüllen. Einer trug eine Trump-Maske. Sie warfen Bücher umher, zerrissen Magazine im Eingang und haben unsere Verkäufer bedroht und generell Chaos verursacht."
Dave Gilchrist war gerade nicht im Bookmarks, als der sozialistische Buchladen am vergangenen Wochenende von Rechtsextremen attackiert wurde. Aber abgesehen von den Berichten seiner Kollegen erfuhr der Leiter des Ladens auch im Internet, was da passiert war: Die Randalierer filmten die Aktion und posteten das Video bei Youtube.

"We will not be silenced"

"Die Reaktionen, die uns nach der Attacke erreichten waren fantastisch, herzerwärmend. Es gab unzählige unterstützende Nachrichten per E-Mail und in den Sozialen Medien. Viele Menschen haben uns auch im Laden besucht." So groß war die Solidarität mit Bookmarks, dass Gilchrist und Kollegen an diesem Wochenende zu einer Solidaritätsveranstaltung geladen haben, unter dem Motto "We will not be silenced" – Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen.
Außenansicht der Buchhandlung "Bookmarks" in London
Die Unterstützung für die linke Buchhandlung ist groß.© Marten Hahn
Es hat sich eine größere Gruppe von Bookmarks-Sympathisanten vor der Buchhandlung versammelt. Antifaschistische Flyer werden verteilt. Hier und da lacht der linke, britische Oppositionsführer Jeremy Corbyn von T-Shirts und Jutebeuteln.
"If you want to follow me: I’m gonna go over to the church hall now. It’s really across the road." Angeführt von Gilchrist setzt sich die Gruppe der Unterstützer in Bewegung. Weil die Menschenmenge nicht in den Buchladen passt, geht es in eine Kirche um die Ecke. Hier haben der Buchhändler und sein Team einen Raum im Keller gebucht. "Please grab a chair!"
Außenansicht einer Kirche, in der die Soli-Veranstaltung für den Buchladen "Bookmarks" stattfinden musste.
... so groß, dass die Soli-Veranstaltung in dieser Kirche stattfinden musste, weil die Menschenmenge nicht in die Buchhandlung "Bookmarks" passte.© Marten Hahn
Bevor er das Mikrofon weiterreicht, liest Dave Gilchrist noch einen Text. Der bekannte Kinderbuchautor Michael Rosen hat Bookmarks ein Gedicht gewidmet, in dem er vor den Neonazis warnt, sie aber auch auslacht: "It looks like we’ve got, yet another case / of guys out rooting for the master race / invading a shop, being a bit of a pain / trying to make Britain great again."

"Nazis, ihr habt es euch mit den Müttern verscherzt"

Es sehe so aus, als würde da mal wieder jemand der Herrenrasse die Daumen drücken und allen damit auf den Zeiger gehen. Damit ist der Ton gesetzt: Es wird eine Veranstaltung voller Witz, Wärme und linker Parolen. Aktivisten, Gewerkschafter und Autoren wechseln sich auf der Bühne ab. Und nicht nur die linke Historikerin Louise Raw erinnert an die 1970er, in denen sich die Anti-Nazi-League der rechtsextremen National Front entgegenstellte.
Es sei Zeit, wieder auf die Barrikaden zu gehen, so Raw: "Ich bin heute Mutter, keine Ninja-Kämpferin. Ich werde euch auf den Barrikaden also wahrscheinlich eher mit Lunch-Paketen versorgen. Nichtsdestotrotz bin ich bereit, den Faschisten in den Hintern zu treten. Nazis, ihr habt es euch mit den Müttern verscherzt. Ihr steht all unter Haussarrest."

"Wer Buchläden angreift, hat Angst vor Ideen"

Immer wieder werden zwischen den Redebeiträgen Nachrichten von Unterstützern vorgelesen, die sich auf Twitter oder anderen Kanäle solidarisch zeigen. Der britische Regisseur Ken Loach ist darunter und die Harry-Potter-Autorin J. K. Rowling. Der Autor David Rosenberg lässt Grüße von Labour-Chef Jeremy Corbyn ausrichten:
"Dass sie Buchläden angreifen zeigt, wie viel Angst sie haben vor Ideen von einer anderen Welt. Einer Welt der sozialen Gerechtigkeit und Gleichheit. Die extreme Rechte attackiert Einzelne immer, um sie zu isolieren. Darauf gibt es nur eine Antwort: Solidarität."
Dave Gilchrist ist der Betreiber des sozialistischen Buchladens "Bookmarks" in London.
Dave Gilchrist ist der Betreiber des sozialistischen Buchladens "Bookmarks" in London.© Marten Hahn
Immer wieder erklingen leidenschaftliche Appelle, sich zu organisieren. Aber niemand hier scheint wütend oder bitter. Schon gar nicht der Buchhändler Gilchrist: "Die Buchbestellungen, die in den vergangenen Tagen online bei uns aufgelaufen sind, sind ein Vielfaches von dem, was wir normalerweise verkaufen. Es wird eine Weile dauern, all diese Bestellungen abzuarbeiten."
Statt Bookmarks zu schaden, haben die rechten Randalierer das Gegenteil erreicht. Sie haben Werbung für einen sozialistischen Buchladen gemacht.
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