"Die Mutter braucht einen Ort zu trauern"
08:47 Minuten
Fast vergessen ist der gewaltsame Tod von zwei Vietnamesen in Hamburg aus dem Jahr 1980. Nun erinnert ein Gedenkstein an den rassistischen Überfall und der Podcast "Rice and Shine" rekonstruiert die damaligen Vorfälle.
Das Konzept des Podcast "Rice and Shine" ist es vietnamesisch-deutsche Geschichten zu erzählen. Die Macherinnen Minh Thu Tran und Vanessa Vu haben sich zuletzt dem traurigen Schicksal von Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân gewidmet. Die beiden jungen Vietnamesen waren Ende der 1970er-Jahre nach Deutschland geflohen und starben am 22. August 1980 in Hamburg bei einem Brandanschlag auf ihre Flüchtlingsunterkunft in Hamburg. Der rassistische Anschlag ist heute so gut wie vergessen.
Zum 40. Jahrestag rekonstruierten die Journalistinnen in ihrem jüngsten Podcast den Anschlag anhand von Gerichtsakten, alten Zeitungsberichten und Gesprächen mit Zeitzeugen. Sie besuchten unter anderem die Mutter eines der Opfer, Đỗ Mùi, die Überlebenden Thị Kim Thoa und Thời Trọng Ngũ, sowie die damaligen Paten der beiden Männer, Gisela und Heribert von Goldammer.
Parallelen zum späteren NSU
Die Täter, die später nach einem Verfahren verurteilt wurden, seien bürgerliche Leute aus Baden-Würtemberg gewesen, sagt die Journalistin Minh Thu Tran. "Einer war Arzt, die andere war Zahnarzthelferin." Sie hätten zu den Deutschen Aktionsgruppen gehört, einer rechten Terrorgruppe unter der Leitung des Neonazis Manfred Roeder.
Er sei ein Vorbild für das spätere Neonazi-Netzwerk NSU gewesen. "Man sieht bei diesem Anschlag total krasse Parallelen", sagt die Journalistin. Die drei Täter seien damals in Deutschland durch die Lande gezogen, um Anschläge zu verüben.
An diesen Fall sei lange weder in der vietnamesischen Community noch sonst in der deutschen Gesellschaft erinnert worden. "Kurz nach dem Anschlag gab es vielleicht ein, zwei Artikel in der Lokalpresse." Aber es habe keine Berichterstattung in überregionalen Medien gegeben.
Heute erinnere kaum noch etwas an die beiden Opfer. Ihre Gräber auf einem Hamburger Friedhof seien nach 25 Jahren aufgelöst worden. Auch ihr damaliges Flüchtlingsheim sei heute ein Hotel, in dem nichts an die Tat erinnere.
Ein später Gedenkstein in Hamburg
Eine Initiative habe sich dann vor allem um die Mutter gekümmert. "Die Mutter braucht einen Ort zu trauern", sagt Minh Thu Tran. "Sie will auch, dass der Name ihres Sohnes in Deutschland nicht vergessen wird." Er sei ein 18-jähriger Junge gewesen, der wenige Monate nach seiner Ankunft in Deutschland von Rechtsterroristen ermordet wurde.
Seit dem 29. August gebe es jetzt auf dem Hamburger Friedhof einen Gedenkstein für die beiden Ermordeten, Nguyễn Ngọc Châu und Đỗ Anh Lân, in der Nähe ihrer Gräber. "Es ist ein kleiner, hübscher Gedenkstein, der von einem vietnamesischen Pagodenbauer gestaltet worden ist."
(gem)