Nach dem Germanwings-Absturz

Diskretion für die Angehörigen der Opfer

Angehörige der Opfer legen an der Absturzstelle Blumen nieder.
Angehörige der Opfer legen an der Absturzstelle Blumen nieder. © Alberto Estevez, dpa picture-alliance
Von Ursula Welter |
Noch immer kommen weitere Angehörige von Opfern an den Ort des Flugzeug-Absturzes in Südfrankreich. Viele Anwohner nehmen Familien bei sich auf. Die dortigen Behörden versuchen alles, um die Angehörigen bestmöglich von der Öffentlichkeit abzuschirmen.
"Wir haben alles vorbereitet und organisiert, um die Angehörigen zu empfangen", unterstrich der Bürgermeister von Seyne-les-Alpes auch an diesem Tag. Auch Francis Hermitte ist seit Dienstagmittag im Dauereinsatz, gestern waren mehr als 250 Angehörige der Opfer ins Tal gekommen, hatten gemeinsam die Region und die Dörfer betrachtet, die unweit der Absturzstelle liegen. Einige wenige verbrachten die Nacht in Unterkünften, auch diesen Freitag trafen Familien der Opfer ein.
"Wir haben mehr als 600 Betten organisiert. Mehr als 300 Haushalte sind bereit, sei es in einer Ferienwohnung, in einem Studio, diese Personen zu empfangen."
Die Hilfsbereitschaft hält an, manche Angehörige äußerten den Wunsch, im Sommer noch einmal in die Südalpen zu kommen, auch in der Hoffnung, dann vielleicht etwas näher an die Absturzstelle gelangen zu können, die derzeit abgeschirmt, aber eben auch kaum zugänglich ist - die Rettungs- und Bergungskräfte wurden auch heute wieder mit Helikoptern zur Absturzstelle gebracht, andere versuchen, einen Weg am Boden durch die Bergwelt zu bahnen.
"Ein zusätzlicher Schock"
Die Bergung der sterblichen Überreste hatte am Mittwochnachmittag begonnen, ebenso die DNA-Auswertung zur Identifizierung der Opfer. "Es wird Wochen dauern, bis wir alle Opfer in ihre Heimat zurückbringen können, alle Elemente zusammengetragen haben, die es für die Ermittlungen braucht", sagte Pierre-Henry Brandet, der Sprecher des französischen Innenministeriums.
Die Familien hatten gestern Mittag von den Auswertungen des Stimmrekorders erfahren, der Staatsanwalt von Marseille hatte die aus Düsseldorf und Barcelona angereisten Angehörigen noch am Flughafen informiert über die Indizien, aus denen die Ermittler den Schluss ziehen, dass der Copilot den Absturz willentlich provoziert haben könnte.
"Diese Mitteilungen waren ein zusätzlicher Schock, sie haben hier in einem intimen Bereich, zurückgezogen, mit Psychologen darüber sprechen können, die sie in dieser neuerlichen Prüfung unterstützt haben", schilderte Severine Porgis im französischen Fernsehen. Sie gehört für das Rote Kreuz zu den zahlreichen Helfern, die den Angehörigen der Opfer in den Südalpen zur Seite stehen.
Details der Ermittlungen an die Öffentlichkeit gedrungen
Sicherheitskräfte sorgen zudem dafür, dass die Familien von der Öffentlichkeit abgeschirmt das Tal besuchen können. "Damit maximale Ruhe, Diskretion respektiert wird für die Angehörigen, die den schwersten Schmerz ertragen müssen, den man sich vorstellen kann", sagte der Bürgermeister von Seyne-les-Alpes.
Unterdessen reichte die Gewerkschaft der französischen Linienflugpiloten Klage wegen Verletzung des Berufsgeheimnisses ein. Im Fernsehsender BfmTV sagte der Präsident der Gewerkschaft, Eric Derivry, man sei schockiert gewesen, als in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Details aus den laufenden Untersuchungen und Ermittlungen an die Öffentlichkeit gedrungen seien. Es habe undichte Stellen gegeben, obwohl Vertraulichkeit herrsche.
Die französische Untersuchungsbehörde BEA müsse einer Reform unterzogen werden, mit Blick auf die politische Unabhängigkeit, die die Gewerkschaft nicht hinreichend gewährleistet sieht, mit Blick auf die Finanzierung und mit Blick auf die Tatsache, dass Piloten nicht angemessen in die Aufklärungsarbeit eingebunden seien.
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