Hamburg schaut nach vorn
Das knappe "Nein" der Hamburger zur Olympiabewerbung hatte bei vielen einen Kater hinterlassen. Fünf Monate nach dem Referendum un dem abrupten Ende der Sport-Party sind viele darüber hinweg und es wird über die Zukunft der Sportförderung debattiert.
Der Hamburger-Olympia-Rausch war fantastisch, kannte keine Grenzen. Nur das Ausnüchtern nach dem verlorenen Referendum über die Spiele, nach dem knappen "Nein" der Hamburgerinnen und Hamburger hat lange gedauert. Fast fünf Monate später, das versichert Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein, ist das abrupte Ende der Party endlich vergessen:
"Das ist so wie bei jedem richtigen, guten Kater: bei den einen dauert es ein bisschen länger. Und bei den anderen ist es so, dass sie am Abend schon wieder feiern. Ich glaube, in Hamburg ist man über diesen Kater mittlerweile hinweg!"
Eine Debatte über Zahlen
Die Debatte über die Zukunft der Sportförderung in Hamburg ist zuallererst eine Debatte über Zahlen und Summen, die in den Sport investiert werden. Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein sieht die Stadt auf einem guten Weg und hebt hervor, was in den vergangenen Jahren geleistet wurde:
"Wir haben allein in der letzten Legislaturperiode von 2011 bis 2015 in städtische Sporthallen fast 50 Millionen Euro, in Schulsporthallen fast 150 Millionen. Das zeigt, dass erstens großer Sanierungsbedarf besteht, das zeigt zweitens, dass wir es ernst nehmen, aber auch – drittens – dass wir noch gut was vorhaben!"
Mehmet Yildiz hält wenig von dieser Einschätzung. Natürlich sei das viel Geld, genauso wie die jährlich zehn Millionen Euro, die an den Hamburger Sportbund fließen.
"Aber wenn wir uns anschauen, wie viel Sanierungsbedarf im Bereich der Schulsportanlagen ist – das ist etwa ein Sanierungsstau von 300 Millionen Euro. Dann macht das deutlich, dass zehn Millionen Euro Peanuts sind."
Sport und Integration
Mehmet Yildiz kritisiert, dass der Senat viel zu sehr auf einen ausgeglichenen Haushalt achtet und dabei die Förderung des Sports vernachlässigt. Immerhin sei Sport gerade für die Integration von nach Deutschland geflüchteten Menschen von unschätzbarem Wert – was Christoph Holstein im Übrigen genauso sieht. Die vom mittlerweile aus lauter Olympia-Frust zurückgetretenen Innensenator Michael Neumann angeschobene so genannte "Dekadenstrategie" zur systematischen Unterstützung der 600.000 Hamburger Sporttreibenden werde natürlich weiterverfolgt, auch ohne Olympia. Aber weitermachen wie bisher, das geht nicht, so Christoph Holstein:
"Die Niederlage beim Referendum ist eine Zäsur gewesen. Das heißt, man kann nicht so tun, als ob nicht war, wir machen weiter wie bisher. Dementsprechend haben wir uns eine Weile lang Gedanken gemacht, was jetzt eigentlich passiert mit dem Sport. Und es gab eine ganz schnelle Entscheidung, die beispielsweise hieß, dass wir im internationalen Bereich weiterhin aktiv sein wollen. Wir werden weiterhin Weltmeisterschaften, Europameisterschaften in Hamburg haben. Das ist ein wichtiges Thema."
Aber davon profierten nicht die kleinen Vereine, vielleicht noch die Spitzensportler, die unter anderem in Hamburg-Wandsbek trainieren, im Olympiastützpunkt Hamburg / Schleswig-Holstein. Hier hat Inge Unkelbach, einst Schwimm-Olympionikin ihr Büro. Sie leitet den Stützpunkt:
"Ich glaube, die größte Baustelle ist schlicht und ergreifend, dass die Vision abhanden gekommen ist und es leider noch niemand gegeben hat, der mal eine Richtung vorgegeben hat: wo geht’s denn jetzt hin und wo ist die Vision für diese Stadt und was machen jetzt?"
Finanzierung des Olympia-Stützpunktes
Zwar ist der Olympia-Stützpunkt in den letzten 15 Jahren stetig gewachsen, von anfangs drei auf heute acht Schwerpunktsportarten. Aber die Mittel, die dafür zur Verfügung stehen, würden dafür kaum reichen, so Inge Unkelbach:
"Ich habe zum Beispiel sechs Trainer, die bei mir eingestellt sind - Landestrainer in den Schwerpunktsportarten. Da hatte ich vor vier Jahren die Situation, dass ich denen zwei Monate vor Ablauf des Vertrages nicht sagen konnte, wie es für sie weitergeht. Und ich hoffe inständig, dass ich dieses Jahr nicht wieder in dieselbe Situation komme. Wir sind jetzt wieder am Ende des Olympia-Zyklusses. Und es wird jetzt darum gehen, wie geht es mit diesem Trainer-Förder-Modell weiter. Um nur ein Beispiel zu nennen."
Ein anderes Beispiel, so die ehemalige Profi-Schwimmerin ist das angrenzende Sport-Internat, das aus allen Nähten platze. Nach der großen Euphorie während der Bewerbungsphase für Olympia 2014 in Hamburg seien nun offenbar andere Zeiten angebrochen, erzählt sie.
"Ich finde es schon bemerkenswert, diesen Wandel in der Wertschätzung. Muss ich eindeutig sagen! Ich hätte mir da, an der Stelle, ein bisschen mehr Nachhaltigkeit gewünscht!"
In der kommenden Tagen beginnen die Verhandlungen zwischen dem Hamburger Sportbund und dem Senat über die Fortschreibung des Hamburger Sportfördervertrages. Dann können die Vertreter der Freien und reichen Hansestadt zeigen, was ihnen der Sport bedeutet.