Nach dem Stimmbruch vierstimmig

Von Susanne Arlt |
Entstanden ist der Junge Männerchor Magdeburg aus dem Knabenchor und aus der Idee, die Sänger, die noch immer Freude am gemeinsamen Gesang haben, zusammenzuhalten. Viele studieren oder absolvieren außerhalb von Magdeburg ihre Ausbildung – darum proben die Jungmänner nur alle zwei Wochen.
20 junge Männer sitzen auf zu kleinen Stühlen in einem Klassenzimmer. Der Probenraum in der Sekundarschule ist ein Provisorium. Dem Elan der Sänger ist davon aber nichts anzumerken, geschweige denn anzuhören.

Vor den 20 jungen Männern steht Frank Satzky – ihr musikalischer Ziehvater. Der 51-Jährige hat Mitte der 80er den Knabenchor in Magdeburg gegründet. Als die älteren Sänger in den Stimmbruch kamen, erwuchs daraus der vierstimmige Junge Männerchor. Für Frank Satzky ging ein lang gehegter Traum in Erfüllung. Tenöre und Bässe wurden geteilt - Mann singt jetzt vierstimmig.

Frank Satzky: "Es ist, wenn man es erreicht, ein unverwechselbarer Klang. Von der Literatur, von der Dynamik, von der ganzen musikalischen und gefühlsmäßigen Gestaltung, von der breiten Palette der Literatur - also auch vom mitunter Showeffekt.

Den muss man aber auch formen. Das erfordert eine starke physische und innere Energie, die man immer wieder aufbringen muss. Es ist mitunter, und das sage ich so wie ich es empfinde, Schwerstarbeit."

Den Knaben fehle oft noch die Reife, das Verständnis für die Feinheiten in der Chormusik, sagt der Leiter. Das Arbeiten in einem jungen Männerchor sei viel subtiler. Somit aber auch anstrengender, erfordere mehr Konzentration.

"Da stellen die jungen Männer einfach auch an sich selbst schon andere Ansprüche. Erwarten natürlich von ihrem Chorleiter, dass er Literatur auswählt, die sie auch in einer Konzertebene auch würdig dastehen lässt. Lustige, amüsante, aber genauso schwerwiegende geistliche Werke oder weltliche, die einem Anspruch eines Chorwettbewerbs zum Beispiel genügen."

Im vergangenen Jahr qualifizierte sich der Junge Männerchor Magdeburg für den Deutschen Chorwettbewerb auf Bundesebene. Darauf sind wir stolz, sagt Frank Satzky. Denn für seine jungen Männer bedeutete das: Als Regionalligist in der Bundesliga mitsingen zu dürfen.

Chorvater Frank Satzky legt in seinem Repertoire großes Gewicht auf traditionelle Männerchorliteratur. Die meisten Lieder stammen aus der Zeit der Romantik oder der Renaissance. Wohl auch darum wird es immer schwieriger, Nachwuchs zu gewinnen.

Als Teenager war es nicht unbedingt schick, in einem Knabenchor mitzusingen, erinnert sich Kevin Schulz. Trotzdem ist der 23-Jährige dem Chor treu geblieben, auch als er nach Jena gezogen ist. Und musikalische Abwechslung holt er sich bei seiner Band, die Indie-Pop spielt. Dort singt er nicht, sondern zupft den Bass:

"Ähm, lacht, also wenn ich jetzt neue Leute kennenlerne und die fragen, was ich in meiner Freizeit mache, würde die Band glaube ich schon als Erstes genannt werden als der Chor. Aber es ist nicht so, dass ich mich schämen würde für den Chor, also das fällt auf jeden Fall auch."

Hendrik Felber nickt. Auf seinem IiPod läuft normalerweise Pop- und Rockmusik. Bei den Chorproben könne er sehr gut abschalten, sagt der 16-Jährige:

"Nachmittags was Klassisches zum Abregen würde ich sagen. Man besinnt sich mehr auf das Innere. In der Klassik findet man ziemlich viel Gefühl, die in den Liedern verarbeitet sind. In den neueren fast gar nicht mehr."

Christoph Petzold ist für sein Studium nach Magdeburg gezogen. Er singt erst seit vier Jahren mit. Ein gemischter Chor interessiere ihn weniger – der Stimmen wegen. Die anderen nicken. Und noch in einem ist Mann sich hier einig. Das Singen bleibt wohl ein Hobby. Eine Karriere als Opernsänger strebt hier keiner an:

"Nee, das kommt für mich nicht in Frage, ich mache keine Gesangskarriere. Ne, das ist viel zu kompliziert."

Das findet auch Florian Oferta. Sein Geld verdient er als Arbeitsvermittler im Jobcenter. Im Chor zu singen, das bilde Stimme und Geist, sagt Florian Oferta. Der 35-jährige singt schon seit 25 Jahren mit. Zuerst im Knabenchor, jetzt im jungen Männerchor:

"Der Magdeburger Knabenchor bzw. der Junge Männerchor Magdeburg, das ist meine Familie in gewisser Weise."

Linktipp:
Mehr über den Jungen Männerchor Magdeburg können sie auf
magdeburger-knabenchor.de erfahren.

Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschland-radio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.