Nach der E-Nase kommt jetzt die E-Zunge
Die Industrie setzt seit Jahren elektronisch Nasen zur Prüfung von Lebensmittelgerüchen ein. Nun soll das Instrumentarium um elektronische Zungen erweitert werden. Die Geräte sollen beispielsweise eingesetzt werden, um zu prüfen, ob das Lebensmittel nach Verpackungsmaterial schmeckt.
Was haben wir uns darunter vorzustellen? Geräte, die in wenigen Sekunden einzelne Geruchsstoffe oder ganze Muster erfassen bzw. die in gleicher Weise die Empfindungen analysieren, die wir auf der Zunge wahrnehmen würden.
Sind unsere Geschmacksnerven schon so abgestumpft, dass wir nun technische Geräte einsetzen müssen? Natürlich nicht. Die Geräte messen inzwischen sehr empfindlich und schnell. Sie haben sich bei der Qualitätskontrolle bewährt. Die Ergebnisse sind weitaus objektiver, wenn auch natürlich einseitiger. Es kann nur das gemessen werden, wofür die Geräte ausgelegt sind. Da verfügen Gaumen und Zunge derzeit noch über ein breiteres Spektrum. Hinzu kommt, dass beispielsweise bei Arzneimitteln unerwünschte Geschmacksnoten maskiert werden müssen. Das erfordert umfangreiche Testreihen, bis die Kombination aus Süßstoffen, Zuckern und Aromen auch wirklich passt. Dafür kann man aber nicht Testpersonen einsetzen, weil die schnell eine Überdosis des Medikamentes intus hätten. Da sind E-Zungen natürlich ein großer Vorteil.
Da die Zunge ja nur fünf Grundgeschmacksarten wahrnimmt (süß, sauer, bitter, salzig, umami, also der Geschmack nach Brühe bzw. Glutamat) ist das noch nachvollziehbar. Aber Gerüche sind doch sehr komplex. Dutzende von Duftstoffen machen erst zusammen ein typisches Fruchtaroma aus. Ja, deshalb müssen die Geräte erst mal trainiert werden. Sie erfassen mit ihren Sensoren ein größeres Spektrum von flüchtigen Stoffen, darunter auch solche, die unsere Nase nicht riechen kann. Und dann werden sie von Fachleuten "ausgebildet". Sie bekommen dazu eine größere Anzahl bekannter Proben zu riechen. So lernt die Software Abweichungen von der Norm zu erkennen und zu interpretieren. Da andererseits mit spezifischen Sensoren gezielt einzelne Stoffe sehr empfindlich gemessen werden können – egal ob wir Menschen sie riechen können oder nicht – hat sie Anwendungen, die unserer Nase verschlossen sind.
Wo kommen heute die E-Nasen und E-Zungen zum Einsatz?
Beim Plastik! Verpackungen aus Kunststoff geben flüchtige Stoffe ins Füllgut ab (wie Lösungsmittel oder Restmonomere, die man nicht riechen kann), zudem können sie Duftstoffe aus der Ware binden und damit das Aroma beeinträchtigen. Ein wichtiger Test bestand darin, Schokolade zusammen mit dem bedruckten Verpackungsmaterial zu lagern. Danach wurde die Schokolade verkostet, um zu sehen, ob sie komisch schmeckte. Wenn nicht, dann konnte man damit Lebensmittel aller Art verpacken. Die E-Nasen sollen nun diesen alten "Robinson-Test", der 1964 eingeführt wurde, ersetzen. Da muss man auch nicht mehr lange aufs Ergebnis warten.
Zurück zu unseren Lebensmitteln. Wohin geht die Reise? Es gibt eigentlich keine Branche und keinen Bereich, in dem nicht über kurz oder lang E-Nasen und E-Zungen zum Einsatz kommen. Egal, ob es um den Reifezustand von Früchten im Lager geht, um Ebergeruch beim Schweinefleisch, um die Gärprozesse in Brauerei, Weinkellern und Bäckerei oder beim Honig zur Bestimmung von Erzeugerland und Sorte. Erste Roboter mit direktionalem Riechen schnüffeln nach Fehlgerüchen im Lager. So lässt sich ein Schädlingsbefall schnell und rechtzeitig orten. Dafür müssen zunächst die flüchtigen Stoffe, die entweder die Käfer oder die angeknabberten Nüsse aussenden, analysiert werden. Danach versucht man einen Sensor zu entwickeln, der die verräterischen Substanzen mit hoher Empfindlichkeit aufspürt. Allmählich tastet man sich auch an die flüchtigen Stoffwechselprodukte von Keimen heran, um auf diese Weise Hygienemängel zu erkennen. Sogar die Lebensmittelüberwachung könnte davon profitieren: Wenn die Kontrolleure vor Ort mit Sensoren den Zustand der Ware messen, gibt’s nachher vor Gericht keine Diskussion mehr darüber, ob der Fisch schon drei Meilen gegen den Wind roch oder noch taufrisch war – wie der Händler reflexartig beteuert.
Literatur:
Mermelstein NH: Sniffing out pathogens. Food Technology 2008; No.3: 66-68
Bonnefille M: Taste analysis of oral formulations using an electronic tongue. PharmaChem 2007; April: 26-28
Campagnoli A et al: Potential application of electronic nose in processed animal proteins detection in feedstuffs. Biotechnology, Agronomy, Society and Environment 2004; 8: 253-255
Pinheiro C et al: Monitoring the aroma production during wine-must fermentation with an electronic nose. Biotechnology and Bioengineering 2002; 77: 632-640
Benedetti S et al: Electronic noses and neural network use for the classification of honey. Apidologie 2004; 35: 1-6
Leake LL: Electronic noses and tongues. Food Technology 2006; No.6: 96-102
Mifsud J, Carayon G: A powerful tool. Food Engineering & Ingredients 2004; June: 43-44
Salim SNM et al: Development of electronic nose for fruits ripeness determination. 1st International Conference on Sensing Technology. 21-23. November 2005, Palmerston North, NZ
Sind unsere Geschmacksnerven schon so abgestumpft, dass wir nun technische Geräte einsetzen müssen? Natürlich nicht. Die Geräte messen inzwischen sehr empfindlich und schnell. Sie haben sich bei der Qualitätskontrolle bewährt. Die Ergebnisse sind weitaus objektiver, wenn auch natürlich einseitiger. Es kann nur das gemessen werden, wofür die Geräte ausgelegt sind. Da verfügen Gaumen und Zunge derzeit noch über ein breiteres Spektrum. Hinzu kommt, dass beispielsweise bei Arzneimitteln unerwünschte Geschmacksnoten maskiert werden müssen. Das erfordert umfangreiche Testreihen, bis die Kombination aus Süßstoffen, Zuckern und Aromen auch wirklich passt. Dafür kann man aber nicht Testpersonen einsetzen, weil die schnell eine Überdosis des Medikamentes intus hätten. Da sind E-Zungen natürlich ein großer Vorteil.
Da die Zunge ja nur fünf Grundgeschmacksarten wahrnimmt (süß, sauer, bitter, salzig, umami, also der Geschmack nach Brühe bzw. Glutamat) ist das noch nachvollziehbar. Aber Gerüche sind doch sehr komplex. Dutzende von Duftstoffen machen erst zusammen ein typisches Fruchtaroma aus. Ja, deshalb müssen die Geräte erst mal trainiert werden. Sie erfassen mit ihren Sensoren ein größeres Spektrum von flüchtigen Stoffen, darunter auch solche, die unsere Nase nicht riechen kann. Und dann werden sie von Fachleuten "ausgebildet". Sie bekommen dazu eine größere Anzahl bekannter Proben zu riechen. So lernt die Software Abweichungen von der Norm zu erkennen und zu interpretieren. Da andererseits mit spezifischen Sensoren gezielt einzelne Stoffe sehr empfindlich gemessen werden können – egal ob wir Menschen sie riechen können oder nicht – hat sie Anwendungen, die unserer Nase verschlossen sind.
Wo kommen heute die E-Nasen und E-Zungen zum Einsatz?
Beim Plastik! Verpackungen aus Kunststoff geben flüchtige Stoffe ins Füllgut ab (wie Lösungsmittel oder Restmonomere, die man nicht riechen kann), zudem können sie Duftstoffe aus der Ware binden und damit das Aroma beeinträchtigen. Ein wichtiger Test bestand darin, Schokolade zusammen mit dem bedruckten Verpackungsmaterial zu lagern. Danach wurde die Schokolade verkostet, um zu sehen, ob sie komisch schmeckte. Wenn nicht, dann konnte man damit Lebensmittel aller Art verpacken. Die E-Nasen sollen nun diesen alten "Robinson-Test", der 1964 eingeführt wurde, ersetzen. Da muss man auch nicht mehr lange aufs Ergebnis warten.
Zurück zu unseren Lebensmitteln. Wohin geht die Reise? Es gibt eigentlich keine Branche und keinen Bereich, in dem nicht über kurz oder lang E-Nasen und E-Zungen zum Einsatz kommen. Egal, ob es um den Reifezustand von Früchten im Lager geht, um Ebergeruch beim Schweinefleisch, um die Gärprozesse in Brauerei, Weinkellern und Bäckerei oder beim Honig zur Bestimmung von Erzeugerland und Sorte. Erste Roboter mit direktionalem Riechen schnüffeln nach Fehlgerüchen im Lager. So lässt sich ein Schädlingsbefall schnell und rechtzeitig orten. Dafür müssen zunächst die flüchtigen Stoffe, die entweder die Käfer oder die angeknabberten Nüsse aussenden, analysiert werden. Danach versucht man einen Sensor zu entwickeln, der die verräterischen Substanzen mit hoher Empfindlichkeit aufspürt. Allmählich tastet man sich auch an die flüchtigen Stoffwechselprodukte von Keimen heran, um auf diese Weise Hygienemängel zu erkennen. Sogar die Lebensmittelüberwachung könnte davon profitieren: Wenn die Kontrolleure vor Ort mit Sensoren den Zustand der Ware messen, gibt’s nachher vor Gericht keine Diskussion mehr darüber, ob der Fisch schon drei Meilen gegen den Wind roch oder noch taufrisch war – wie der Händler reflexartig beteuert.
Literatur:
Mermelstein NH: Sniffing out pathogens. Food Technology 2008; No.3: 66-68
Bonnefille M: Taste analysis of oral formulations using an electronic tongue. PharmaChem 2007; April: 26-28
Campagnoli A et al: Potential application of electronic nose in processed animal proteins detection in feedstuffs. Biotechnology, Agronomy, Society and Environment 2004; 8: 253-255
Pinheiro C et al: Monitoring the aroma production during wine-must fermentation with an electronic nose. Biotechnology and Bioengineering 2002; 77: 632-640
Benedetti S et al: Electronic noses and neural network use for the classification of honey. Apidologie 2004; 35: 1-6
Leake LL: Electronic noses and tongues. Food Technology 2006; No.6: 96-102
Mifsud J, Carayon G: A powerful tool. Food Engineering & Ingredients 2004; June: 43-44
Salim SNM et al: Development of electronic nose for fruits ripeness determination. 1st International Conference on Sensing Technology. 21-23. November 2005, Palmerston North, NZ