Nach Haiti, Chile und China

Sonnenuntergang Santa Monica, Kalifornien. Ist bald mit einem großen Beben zu rechnen?
Sonnenuntergang Santa Monica, Kalifornien. Ist bald mit einem großen Beben zu rechnen? © Jan-Martin Altgeld
Von Jan Tussing |
Kalifornien ist eine der am stärksten von Erdbeben gefährdeten Regionen auf der Welt. Erst vor sechs Wochen bebte an der Grenze zu Mexiko, südlich der mexikanischen Grenzstadt Mexicali die Erde. Unter Kalifornien liegt eine der spannungsgeladensten Nahtstellen der Erdkruste, der San-Andreas-Graben. Verästelt in hunderten Seitenarmen durchzieht er den sonnigen US-Bundesstaat: Los Angeles beispielsweise steht direkt auf einer Erdspalte, auch San Francisco wartet voller Bangen seit über 100 Jahren auf "The Big One", das große Beben.
"Die jüngsten Erdbeben sollte alle Amerikaner veranlassen zu überprüfen, wie sehr das Land für ein Erdbeben gerüstet ist", sagt Macia McNutt vom US Geological Survey.

Seit dem Erdbeben von Mexicali im März ist den Kaliforniern die Gefahr wieder schlagartig bewußt geworden. Noch vor wenigen Wochen zeigte die Richterskala 7,2. Bei dem Erdbeben von Northridge 1994 erreichte die Stärke nur 6,7 aber dennoch kamen 72 Menschen ums Leben.

"Die Menschen neigen dazu, die Gefahr zu vergessen", sagt diese Frau. Sie ist inzwischen gut vorbereitet.

"Wenn du Kinder hast, brauchst du fünf Liter Wasser pro Kind. Decken, Taschenlampen, Batterien, Pampers, Konservendosen, viel Nahrungsmittel und Snacks."

Kalifornien hat rund 36 Millionen Einwohner, vor allem an der Küste liegen die großen Siedlungen. Für ein Erdbeben in Stadtnähe gäbe es Tausende von unterschiedlichen Szenarien.

"Was wir aus Chile und Haiti lernen, ist Folgendes: Nachdem wir die Tiefe des Erbebens, die Stärke und die Nähe zu einer Stadt berechnet haben, haben wir festgestellt, dass ein Chilene eine 400 Mal größere Überlebenschance hatte als ein Einwohner Haitis.
Und das Ziel der Amerikaner muss es sein, eine 800-fache Überlebenschance zu haben. Der Grund ist einfach: Die Amerikaner sind besser vorbereitet. So wie die Chilenen besser vorbereitet waren als die Haitianer."

Aber wie gut sind die USA wirklich vorbereitet? Zwar unterliegen Neubauten in Kalifornien äußerst strengen Vorschriften, was die Bauweise angeht, und auch finden jedes Jahr umfangreiche Übungen statt, die die Bevölkerung miteinschließen. Aber wie sieht es mit den alten Gebäuden und Brücken aus?

Macia McNutt rät, sich die amerikanische Infrastruktur besonders genau anzuschauen, denn bei dem Erdbeben von 1989 in San Francisco - dem Loma Preator Beben - haben einstürzende Autobahnzubringer viele Todesopfer gefordert. Und es geht schließlich nicht nur um das Todesrisiko, sondern auch um die wirtschaftliche Krise in den Tagen, Wochen und Monaten danach. Die Wirtschaft leidet, wenn wir unser Transportsystem nicht wieder auf die Beine stellen. Wir sollten daher erfassen, wie solide unsere Brücken und Autobahnen sind. Angesichts des Schadens, den ein großes Erdbeben auslösen kann.

Und Ross Stein vom Geological Survey fügt hinzu.

"Allein die Feuergefahr steigt, wenn die Wasserleitungen platzen. Das große Erdbeben von San Francisco war in Wirklichkeit ein großes Feuer von San Francisco, denn es gab kein Wasser, um das Feuer zu löschen. Und das gleiche kann morgen bei einem Erdbeben passieren."