"Rostock hat ein grundsätzliches Problem mit seinem Theater"
Die Rostocker Bürgerschaft hat ihren Theraterintendanten vom Hof gejagt. Sewan Latchinian hatte die Sparpläne der Hansestadt und des Landes kritisiert. Doch es geht um mehr als nur diese Personalie, meint Rolf Bolwin, Chef des Deutschen Bühnenvereins.
Der Geschäftsführende Direktor des Deutschen Bühnenvereins, Rolf Bolwin, hat schwere Vorwürfe gegen die Stadt Rostock und die städtische Kulturpolitik erhoben. Hintergrund ist die fristlose Entlassung des Rostocker Theaterintendanten Sewan Latchinian. Allerdings habe die Stadt ein grundsätzliches Problem mit ihrem Theater, sagte Bolwin am Mittwoch auf Deutschlandradio Kultur.
Es brauche einen "sachlichen Dialog", wie es nun weitergehen soll, sagte Bolwin. Der Bühnenverein habe sich mehrfach zur Situation des Rostocker Volkstheaters geäußert, aber auch die Kulturpolitik in Mecklenburg-Vorpommern weise nicht in die Zukunft.: "Wir sind manchmal auch ratlos, wie man Politiker, die derart leichtfertig mit ihrer Stadt umgehen, erreichen kann."
Es brauche einen "sachlichen Dialog", wie es nun weitergehen soll, sagte Bolwin. Der Bühnenverein habe sich mehrfach zur Situation des Rostocker Volkstheaters geäußert, aber auch die Kulturpolitik in Mecklenburg-Vorpommern weise nicht in die Zukunft.: "Wir sind manchmal auch ratlos, wie man Politiker, die derart leichtfertig mit ihrer Stadt umgehen, erreichen kann."
Für das Verhalten der Kulturpolitiker in Rostock hat er kein Verständnis: "Man kann nicht einen Intendanten holen in ein Vier-Sparten-Theater und dann anschließend zwei Sparten schließen", sagte Bolwin. Wie Rostock mit seinem Theater umgehe, sei "unakzeptabel". In Kulturfragen gehe es "immer auch um Meinungsbildung, um eine demokratische Zukunft der Stadt". Zuspitzungen würden aber nicht weiterhelfen, sagte der Chef des Bühnenvereins und bezog sich damit auf eine Äußerung Latchinians, mit der er seinen Rauswurf mit den Angriffen gegen Asylbewerber in Rostock-Lichtenhagen 1992 vergleichen hatte.
Umstrittener Vergleich von Kulturpolitik und Kulturterror
Fünf Jahre sollte Sewan Latchinian die Geschicke des Rostocker Volkstheaters leiten, von 2014 bis 2015 - doch nun sitzt er auf der Straße, weil seine Kritik an den Sparplänen der Stadt den Verantwortlichen zu weit gegangen ist. Bei einer Demo Anfang März hatte der aus Leipzig stammende Regisseur die Theaterpolitik in Mecklenburg-Vorpommern mit den Kulturzerstörungen der Terror-Organisation "Islamischer Staat" verglichen. Dem Kultusminister der Landes sowie der Bürgerschaft und dem Bürgermeister Rostocks hatte er wahlweise Kulturlosigkeit, Barbarei und diktatorisches Verhalten vorgeworfen. Grund für die Vorwürfe sind Pläne, wonach die Sparten Oper und Tanz am Rostocker Theater geschlossen werden sollen.
Theaterfreunde demonstrierten für Latchinian
Auf Antrag des parteilosen Rostocker Oberbürgermeisters Roland Methling hatte die Bürgerschaft am Dienstag den Beschluss gefasst, Latchinian zu entlassen. Als Grund wurden auch "verbale Entgleisungen" genannt. Viele Theaterfreunde in Rostock reagierten geschockt. Sie schätzen die Arbeit Latchinians und fanden sich zu einer spontanen Kundgebung auf den Stufen des Theaters zusammen.
Latchinian sagte am Dienstag auf Deutschlandradio Kultur, dass er gegen seine Entlassung klagen werde. Doch der Künstler, der von 1988 bis 1997 am Deutschen Theater in Berlin spielte, wäre nicht der erste Theaterchef, der in Rostock über die Klinge springen muss: Seit der Wende verschliss die Stadt zwölf Intendanten, sechs von ihnen mussten während der laufenden Spielzeit gehen, berichtet unsere Korrespondentin Silke Hasselmann.