Nach Präsidentenwahl

Indonesien steht vor einer unsicheren Zukunft

Prabowo Subianto hat zwar die indonesische Präsidentenwahl verloren. Akzeptieren will er seine Niederlage aber nicht.
Prabowo Subianto hat zwar die indonesische Präsidentenwahl verloren. Akzeptieren will er seine Niederlage aber nicht. © STR / AFP
Von Saskia Schäfer · 28.07.2014
Obwohl Prabowo Subianto die Präsidentenwahl in Indonesien verloren hat, gibt der Ex-General nicht auf. Steht die größte muslimische Nation vor einer Spaltung? Politikwissenschaftlerin Saskia Schäfer ist besorgt.
Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Doch Indonesien hat sauber und demokratisch seinen Präsidenten gewählt – zum dritten Mal nach dem Sturz des Militärregimes unter General Suharto. Nun wird endlich frischer Wind durch die Regierung des Inselstaates ziehen. Denn der 53-Jährige Joko Widodo hat die Mehrheit seiner Landsleute überzeugt, weil er als unabhängig gilt, nicht verflochten ist mit der alte Garde von Politikern aus der Diktatur.
So wie sein Rivale Prabowo Subianto, der 1998 als General aus dem Militärdienst entlassen worden war. Ihm wurde vorgeworfen, verantwortlich dafür gewesen zu sein, dass Regimegegner entführt wurden und verschwanden, und dafür dass einst im besetzten Osttimor Menschenrechte schwer verletzt wurden. Er war außerdem mit der Tochter des Diktators Suharto verheiratet und symbolisiert wie kaum ein anderer das alte Regime, das so viele Indonesier seit 1998 gänzlich hinter sich lassen möchten.
Prabowo will die Zeit zurückdrehen. Die direkte Wahl des Präsidenten hält er für "unindonesisch" und hat angekündigt, die vordemokratische Verfassung wieder einsetzen und die Macht des Staatsoberhaupts stärken zu wollen.
Sein Auftreten erinnert viele Anhänger der neuen Zeit an Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan. Mit seinem Privatjet war er wochenlang durchs Land geflogen, hielt wütende Reden gegen Eliten und Korruption, versprach für die Armen zu kämpfen. Ein Programm hatte er nicht.
Widodos Engagement wirkt glaubwürdig
Wahlsieger Joko Widodo redet zwar nicht weniger populistisch, doch er steht den "kleinen Leuten", den rakyat kecil wirklich nahe. Sein Engagement wirkt glaubwürdig. Die Medien lieben ihn, weil er spontan Slums oder Krankenhäuser oder träge Behörden besucht. In den Wahlkampf ging er als Top-Favorit. Doch dann holte der Ex-General auf und es schien möglich, dass die alte Garde wieder politisch erstarkt.
Es lässt nichts Gutes ahnen für die drittgrößte Demokratie der Welt, dass er nun die Niederlage nicht zu akzeptieren bereit ist. 1998 nach dem Sturz Suhartos kannte der Enthusiasmus kaum Grenzen, und die indonesische Begeisterung für politische Partizipation hätten sich viele westliche Länder zum Vorbild nehmen können. Überall schossen Diskussionsgruppen und politische Organisationen aus dem Boden; die vormals stark zensierte Presselandschaft blühte auf zu einer der freiesten und vielfältigsten in ganz Südostasien.
Doch die Protestgeneration schaffte es nicht, politische Ämter zu übernehmen. Die Parteienlandschaft zersplitterte zusehends, von alten Militäreliten missbraucht, um in der rapide wachsenden Wirtschaft ihre Geschäfte zu machen. Die soziale Kluft wurde größer, der Smog des neuen Wohlstands verdunkelte den Himmel über den Städten, Müll und Chemie verdreckten und verstopften die Abwässerkanäle.
Enttäuscht von dieser Demokratie
Weil nur die Gutbetuchten profitieren, sind viele Indonesierinnen und Indonesier enttäuscht von dieser Demokratie. Das Vertrauen in Politik ging verloren. Einen überzeugenden Ausweg weiß niemand.
Und nun gewinnt einer wie Joko Widodo, soll in solch einer Atmosphäre die hohen Erwartungen erfüllen und dürfte zugleich vom ersten Tag an Steine in den Weg gelegt bekommen - von jenen, die der Diktatur nachtrauern und jenen, die Reichtum und Einfluss zu verteidigen suchen.
Sollte der neue Präsident scheitern, wird mit ihm die Demokratie in dem immer wieder so optimistischen Land scheitern; der größten muslimischen Nation, die 16 Jahre lang hoffen ließ, sie würde vieles besser machen, als es anderswo auf der Welt geschieht.
Saskia Schäfer forscht und lehrt derzeit als Postdoktorandin an der Columbia Universität in New York. Sie arbeitet zu indonesischer und malaysischer Politk, mit Fokus auf Islam und Säkularismus. Zuvor hat sie Südostasienstudien und Politikwissenschaft in Berlin und Penang (Malaysia) studiert und mehrere Jahre in Südostasien verbracht.
Die Autorin Saskia Schäfer
Die Autorin Saskia Schäfer© Saskia Schäfer/privat
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