Nach Rücktritt Lettas

    Der "Rottamatore" steht in den Startlöchern

    14.02.2014
    Nach Rückzug von Italiens Ministerpräsident Enrico Letta steht in Italien der vierte Wechsel an der Spitze innerhalb von vier Jahren an: Mit dem "Rottamatore" (zu deutsch: "Verschrotter") Matteo Renzi könnte ein junger Aufsteiger aus Florenz das Amt übernehmen.
    Enrico Letta ist nach zehn Monaten an der Spitze der Regierung zurückgetreten. Am Freitagnachmittag bat er den Staatspräsidenten Giorgio Napolitano in Rom formal um seine Entlassung. Letta hatte seinen Rückzug bereits am Donnerstagabend angekündigt und berief sich dabei auf die überwältigende Mehrheit seiner Parteispitze, die sich gegen ihn gewandt habe.
    Mit Matteo Renzi greift nun sein Rivale in der sozialdemokratischen Partei Partito Democratico (PD) selbst nach der Macht. In Italien wird der 39-Jährige Renzi auch "Rottamadore", der "Verschrotter", genannt, nachdem er einmal davon sprach, die alten Politikergarden Italiens sprichwörtlich zu "verschrotten". Der Bürgermeister von Florenz ist bekannt für markige Worte und bedient den Wunsch der Italiener nach einem echten Wechsel.
    Seit 2009 ist er Bürgermeister von Florenz, Ende des vergangenen Jahres glückte ihm im zweiten Anlauf der Aufstieg zum Parteichef – mit knappen 70 Prozent der Stimmen bei der Urwahl, an der sich mehr als zweieinhalb Millionen Italiener beteiligt hatten. Dabei kündigte er an: "Jetzt ist eine neue Generation dran. Wir werden die Älteren, die Experten, die Fähigen beteiligen, aber wir sitzen am Steuer. Wir sind dran, die wir als globale Bürger aufgewachsen sind, in einer von der Politik verwaisten Welt."
    Schluss nach nur zehn Monaten
    Matteo Renzi, seit seiner Wahl zum Parteivorsitzenden im Dezember vergangenen Jahres Kritiker des zurückgetretenen Ministerpräsidenten, hatte führende Kollegen in der Partei um sich geschart und sie auf einen "radikalen Wandel" eingeschworen. Das wirtschaftlich stagnierende und politisch instabile Italien will er aus dem "Sumpf" ziehen. Das Land brauche eine entschlossenere Führung als Letta sie zu bieten vermöge, erklärte Renzi. Der Hoffnungsträger müsste als Nachfolger Lettas mit der gleichen Koalition arbeiten. Bis 2018 will Renzi die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone mit raschen und konsequenten Reformen regieren.
    Regierung Renzi wahrscheinlichstes Szenario
    Bereits am Freitagabend könnte Staatspräsident Napolitano Konsultationen mit den Parteien aufnehmen, um die Chancen einer Regierung Renzi einzuschätzen. Denkbar ist, dass der Staatschef dann noch an diesem Wochenende den Favoriten Renzi damit beauftragt, sich eine Regierungsmehrheit zu suchen. Bis Mitte der nächsten Woche könnte eine Ministerliste vorliegen, Spekulationen über eine Kabinettsriege gab es bereits vor Lettas Rückzugsankündigung.
    Offen ist, welche Rolle Silvio Berlusconi nach dem Neustart spielen wird. Dessen Partei Forza Italia ist die zweitgrößte in Italien, der Rückhalt von Berlusconis Parteifreunden gilt als entscheidend für ein effektives Parlament. Renzi hat dem rechtskräftig verurteilten und höchst umstrittenen einstigen Regierungschef gegenüber bisher keinerlei Berührungsängste gezeigt.
    Letta hatte erst nach langem Hin und Her nach der Parlamentswahl vor einem Jahr das Amt des Ministerpräsidenten übernommen und ein Bündnis mit dem Lager des früheren Regierungschefs Silvio Berlusconi gebildet. Noch am Mittwoch hatte er seine Regierung verteidigt und dabei auf wirtschaftliche Erfolge wie den Rückgang der Staatsverschuldung verwiesen.
    bre mit Informationen von Jan-Christoph Kitzler, dpa, AP
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