Kim als eigentlicher Gewinner des Gipfels
Der Sicherheitsforscher Oliver Meier beurteilt den Singapur-Gipfel skeptisch. In der inkonsistenten US-Außenpolitik sieht er eine Gefahr: Es entstehe der Eindruck, dass man die nukleare Schwelle überschreiten müsse, um von den USA ernst genommen zu werden.
Trump und Kim in Singapur: Der Gipfel sah auf den ersten Blick wie ein Aufeinanderzugehen, ein Schritt in Richtung Frieden aus. Doch was auf der koreanischen Halbinsel möglicherweise Entspannung bringt, könnte mittel- und langfristig an anderer Stelle wieder für schwere Konflikte sorgen. Der zweite Blick auf den Gipfel ist nach Einschätzung von Oliver Meier von der Stiftung Wissenschaft und Politik ernüchternd.
Mit doppelten Maß gemessen
Das liegt vor allem an der US-amerikanischen Politik gegenüber dem Iran. Meier sagte im Deutschlandfunk Kultur:
"Hier ensteht der Eindruck, dass mit doppeltem Maß gemessen wird. Iran hat im Atomabkommen auf Atomwaffen verzichtet, hat sich strengsten Kontrollen unterworfen und wird von den USA mit neuen Sanktionen überzogen, soll international isoliert werden, wird bestraft - während Nordkorea dem Sicherheitsrat seit Jahren die Stirn bietet, ein illegales Atomwaffenprogramm erfolgreich betrieben hat, tatsächlich jetzt hofiert wird, auch ein Stück weit belohnt wird."
Der Eindruck sei, dass man die nukleare Schwelle überschreiten müsse, um von den USA ernst genommen zu werden, sagte Meier. Das aber wäre für die Nichtverbreitungsbemühungen in Bezug auf Atomwaffen ein "deutlicher Rückschritt".
Umso wichtiger sei nun, dass die Europäer weiterhin versuchten, das Iran-Abkommen zu retten. Denn es müsse klar sein, dass der Verbleib in internationalen Verträgen und der Verzicht auf Massenvernichtungswaffen sicherheitspolitische Vorteile bringe. Ansonsten werde es Probleme geben, internationale Ordnungsstrukturen aufrecht zu erhalten, warnte Meier.
Kim Jong Un hat gewonnen
Wie viele Kommentatoren und politische Analysten sieht Meier Kim Jong Un als eigentlichen Gewinner des Gipfels. Dieser habe einen Status- und Sicherheitsgewinn und möglicherweise sogar das Ende der Militärübungen zwischen den USA und Südkorea eingeheimst.
Im Gegenzug habe Nordkorea in Sachen Denuklearisierung wenig Neues geboten und sei keine neuen Verpflichtungen eingegangen. Seit den 90er-Jahren habe es in Dokumenten immer wieder ähnliche Formulierungen gegeben, es seien aber keine konkreten Schritte erfolgt. Ob es sie dieses Mal gebe - da dürfe man skeptisch sein, sagte Meier. (ahe)