Nach Verhaftung des Rappers Pablo Hasél

Streit um Meinungsfreiheit in Spanien

07:33 Minuten
Demonstrierende in den Straßen von Barcelona fordern die Freilassung des spanischen Rappers Pablo Hasél, im Vordergrund hält eine Frau eine rote Rauchfackel und ein Plakat mit Porträt des Musikers und der Aufschrift "Llibertat Pablo" in die Höhe.
"Freiheit für Pablo": Demonstrierende in Barcelona fordern die Freilassung des spanischen Rappers Pablo Hasél. © ZUMA Wire / Matthias Oesterle
Julia Macher im Gespräch mit Gesa Ufer |
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Brennende Container, geplünderte Geschäfte: Nach der Festnahme des Rappers Pablo Hasél gab es in Spanien heftige Proteste. An der Haftstrafe für den Musiker wegen kontroverser Texte entzündet sich eine Debatte über Meinungsfreiheit.
In Spanien protestieren mehrere Tausend Menschen gegen die Verhaftung des Rappers Pablo Hasél. In Barcelona und mehreren anderen Städten der Region Katalonien kam es zu Krawallen und Zusammenstößen mit der Polizei.
Dem Musiker werden Beleidigung der Monarchie und Verherrlichung von Terrorismus und Gewalt vorgeworfen, ein Gericht verurteilte ihn dafür zu neun Monaten Haft.

Ex-König Juan Carlos als "parasitären Müll" bezeichnet

Hasél, mit bürgerlichem Namen Pablo Rivadulla, sei kein Superstar in Spanien aber vor allem in der linken Underground-Szene durch provokative Texte relativ bekannt geworden, sagt die Journalistin Julia Macher, die als freie Korrespondentin aus Barcelona berichtet. In einem Rap-Song habe er den früheren spanischen König Juan Carlos als "parasitären Müll" bezeichnet. Eine andere Zeile laute: "Ich denke an Kugeln, die die Hälse von Nazi-Richtern erreichen."
In Twitter-Botschaften habe er Politiker namentlich genannt, von denen er bedauere, dass sie bisher noch keinem Anschlag zum Opfer fielen.
Die Verurteilung und Verhaftung des Musikers erinnere an ähnliche Fälle der jüngsten Zeit in Spanien, sagt Julia Macher. Vor drei Jahren sei der Rapper Valtonyc ebenfalls wegen Beleidigung des Königshauses und Verherrlichung von Terrorismus zu einer Haftstrafe verurteilt worden, habe sich dann aber nach Belgien abgesetzt hat, um seiner Verhaftung zu entgehen.
Über den Straftatbestand der Verherrlichung von Terror und Gewalt werde in Spanien schon seit längerer Zeit kontrovers debattiert, erklärt Julia Macher. Wegen der baskischen Terror-Organisation ETA habe das Land "eine lange leidvolle Erfahrung mit dem Thema". Allerdings sei das Gesetz, das die Verherrlichung von Terror ahnde, erst 2015 verschärft worden - lange nachdem die ETA den Waffenstillstand verkündet hatte.
Gerade in den Jahren 2017 und 2018, nach dem Verbot eines katalanischen Unabhängigkeitsreferendums, sei der entsprechende Paragraf dann häufig gegen Künstler oder Komiker angewandt worden, die ja häufig mit Tabubrüchen arbeiten oder in Grauzonen operierten. "Viele dieser Verfahren sind versandet", berichtet Julia Macher.

Der lange Schatten der Franco-Diktatur

Pablo Hasél habe viele Fans in der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung. Für sie stehe die Monarchie besonders in dem Ruf, bis heute eine Kontinuität zur spanischen Franco-Diktatur zu bilden. Vor diesem Hintergrund seien auch Hashtags wie #spainisafasciststate zu verstehen, die dieser Tage anlässlich der Verhaftung von Hasél kursieren.
Die spanische Regierung kündigte nun eine Revision des Strafrechts an. Ein Gesetzentwurf sehe vor, dass künstlerische Äußerungen künftig nur noch sanktioniert werden können, wenn sie ein Risiko für die öffentliche Ordnung darstellten oder zu Gewalttaten verleiten könnten, erklärt die Journalistin.
Manche Regierungsmitglieder hätten auch bereits einen Straferlass für den Rapper gefordert, doch das gehe den Sozialdemokraten, die die Koalition anführen, zu weit: "Die Affäre Pablo Hasél hat nicht nur auf der Straße, sondern auch auf innenpolitischer Ebene noch ein Nachspiel", sagt Julia Macher.
(fka)
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