Nachbar Todesstreifen

Von Susanne von Schenck |
Hier durfte man nur mit einem Extrastempel im Ausweis leben. Besuch kam selten, und bei Waldspaziergängen wurden die Papiere kontrolliert: in den Sperrgebieten direkt an der deutsch-deutschen Grenze. Die Logik des Kalten Krieges machte die Menschen dort zu Gefangenen.
Auf den ersten Blick ist es eine ländliche Idylle: gepflegte Dörfer, umgeben von Wiesen und Wäldern, Rehe äsen, und über einem Feld kreist ein Raubvogel.

"Also hier hat man einen herrlichen Blick über das Werratal bis hin zum Thüringer Wald. Man kann hier auch den sehr verschlungenen Grenzverlauf feststellen …","

sagt Karl Josef Montag, Kämmerer aus Katharinenberg im südlichen Eichsfeld in Thüringen. Heute fährt er entspannt den Kolonnenweg entlang - vor 20 Jahren wäre das undenkbar gewesen. Denn mitten durch das Eichsfeld verlief die innerdeutsche Grenze, Nahtstelle zwischen zwei grundverschiedenen Gesellschaftssystemen. Ein Teil lag in Hessen, einer in Niedersachsen und der größte in Thüringen. Wachtürme, mannshohe Zäune, Signal- und Selbstschussanlagen bestimmten das Bild.

""Und man sieht man auch hier am Verlauf des Kolonnenweges, dass auch bei ganz komplizierten topographischen Verhältnissen die Diktatoren in der DDR keine Kosten und Mühen gescheut haben, diesen Kolonnenweg hier anzulegen unter großem Verbrauch von Umweltressourcen."

Seit der Wiedervereinigung setzt sich Karl Josef Montag dafür ein, dass die Erinnerung an das Leben im Sperrgebiet direkt an der Grenze wach gehalten wird. Er weiß genau, wie es damals war. Denn abgeschottet von der Außenwelt - so verbrachte auch Karl Josef Montag den größten Teil seines Lebens.

"30 Jahre im Gefängnis, das hört sich schlimm an, aber es ist tatsächlich so gewesen. Wir hatten hier im Sperrgebiet große Einschränkungen in unserer Bewegungsfreiheit, wir mussten den Ausweis mit unserem Sonderstempel ständig dabei haben, den mussten wir am Tag, je nach Gegebenheiten bis zu zehn mal vorzeigen, und unser Freigang beschränkte sich in östliche Richtungen."

Nachbar Todesstreifen! Der Todesstreifen war der zehn Meter breite, zum Teil verminte Kontrollstreifen unmittelbar an der Grenze. Niemand durfte ihn betreten. Dann folgten ein 500 Meter breiter "Schutzstreifen" und die fünf Kilometer Sperrzone. Straßen, die vom Landesinneren der DDR ins Sperrgebiet führten, wurden mit Schlagbäumen versperrt und ständig überwacht.

Mit gut 760 Kilometern hatte Thüringen den längsten Anteil an der deutsch-deutschen Grenze. Noch zwei Wachtürme sind in der Gemarkung Wendehausen, die zu Katharinenberg gehört, stehengeblieben, als Erinnerung an die dunklen Jahre des SED Regimes.

"Das ist einer von den 600 Kontrolltürmen, die es an der 1400 Kilometer langen ehemaligen Grenze gab. Es gab verschiedene Bauweisen, überwiegend drei verschiedene Typen: diese viereckigen, runde und die Führungsbunker, von denen in der Gemarkung Wendehausen einer erhalten ist und der Öffentlichkeit als Mahnmal zugänglich ist."

Karl Josef Montag ist aber nicht wegen des Wachturms an die einstige Grenze gefahren. Er sucht eine Röhre auf einer abschüssigen Wiese.
Da ist sie, kaum sichtbar in den Hang eingelassen! Was aussieht wie ein überdimensionales Kanalisationsrohr soll eine Agentenschleuse gewesen sein. Durchmesser: ein Meter, Länge: dreißig Meter. Ein Agent konnte im Osten hinein- und im relativ unzugänglichen Waldgebiet im Westen wieder heraus kriechen. Oder umgekehrt.

"Wir sind sonntags hier runter gelaufen, und auf einmal stand auf der Westseite jemand neben uns, der hatte einen Popelinemantel an, und wir wunderten uns, was der hier oben macht. Wir grüßten, er hatte einen Notizblock bei sich. Und dann hab ich mir hinterher zusammengereimt, dass das einer war, der zu der Schleusung gehörte."

Manfred Dietzel hat sich von westlicher Seite aus häufig die Grenzanlagen angeschaut. Der Rentner stammt aus Altenburschla, das liegt gleich gegenüber von Katharinenburg im Hessischen.
Nach der Wende, als die Grenzanlagen beseitigt wurden, sollte auch diese Agentenschleuserröhre verschwinden. Aber Manfred Dietzel – West - und Karl Josef Montag – Ost - bemühten sich, sie zu erhalten. Als Erinnerung und vielleicht auch als zukünftiges Forschungsobjekt.

"Darüber gibt es also keine Dokumentation, die uns zugänglich ist. Was noch alles schlummert in alten Aktenschränken, das wissen wir nicht, aber wir haben uns beispielsweise gewundert, dass Mitglieder der Terroristenszene Wohnungen im Osten hatten. Und man kann sich schlecht vorstellen, dass diese auf offiziellen Grenzübergängen die Grenze passieren konnten. Das ist nur ein Ansatzpunkt, der doch auch belegt, dass diese Schleusen tatsächlich in Betrieb waren. Wir können das hier an der Stelle feststellen."

In Sichtweite zu Agentenschleuse und Wachturm erhebt sich auf einem Hügel hinter einer Umzäunung eine alte Linde. Um den dicken Stamm herum lädt eine Bank zum Sitzen ein, davor befinden sich ein großes Gemüsebeet und ein Schuppen. "Gut Scharfloh: 1276 bis 1973" ist in schwarzen Buchstaben auf einem hellen Stein zu lesen. Helmut Montag hat ihn aufstellen lassen. Der 60-jährige Landwirt aus Wendehausen wuchs auf Gut Scharfloh auf.

"Das, wo wir jetzt sind, ist Schutzstreifen gewesen. Abends bis um zehn Uhr mussten wir zuhause sein. Das gab es auch manchmal – wie Jugendliche so sind, sind wir in die Gaststätte gegangen und später gekommen. Da haben sie uns unterwegs festgenommen und haben uns festgesetzt. In Katharinenberg bei der Armee mussten wir die ganze Nacht dableiben, bis es geklärt war, dann haben sie uns wieder heimgeschickt."

Seit 1856 war Gut Scharfloh, einst ein stattlicher Dreiseitenhof, im Besitz der Familie Montag. 20 Hektar Land gehörten dazu. Helmut Montag lebte dort mit seinen Eltern und sechs Geschwistern, mit Onkel, Tante, Vettern und Cousinen. 1960 musste der Vater in die LPG eintreten und seine Felder fortan im Kollektiv bewirtschaften. Das war nicht einfach, denn sie lagen direkt im Schutzstreifen.

"Tage vorher musste man was anmelden. Und wie es in der Landwirtschaft war: heute weißt du, wie morgen das Wetter ist, ist das Stück reif, was zu machen ist. Zum Beispiel hier hinter ging ein Zaun lang, ein Signal von der Grenze. Da war ein Kontakt drin und wenn du da dran kamst, gingen Hupen an und Lichter an. Und oben war ein Tor, da sind wir immer rein gefahren von der LPG Landwirtschaft, da haben wir drin gearbeitet. Wir mussten uns melden morgens früh am Tor, wenn es nicht genehmigt war, durften wir nicht arbeiten."

Immer wieder hatten die montags unter Repressalien zu leiden und wurden auf perfide Weise auf ihre Regimetreue getestet. Schließlich trat ein, was die Familie schon lange befürchtet hatte: sie sollte den Hof verlassen, weil er zu dicht an der innerdeutschen Grenze lag.

"Im Sommer 1972 war das. Da hatten wir Ziegel unten und es war ein unheimliches Unwetter. In den nächsten acht Tagen haben wir abgebaut, was wir noch retten konnten, alles nach Wendehausen bei die Leute hingebracht und dann kam die Armee und hat alles einplaniert. Es war schrecklich."

Ein Abschied auf Nimmerwiedersehen. Die Familie zog nach Wendehausen. Dort lebt Helmut Montag auch heute noch.
Forsthäuser, Gutshöfe, Herrenhäuser, Kappellen – Gebäude, die in unmittelbarer Nähe zur innerdeutschen Grenze lagen, ließ das DDR-Regime dem Erdboden gleichmachen. Sie sollten möglichen Flüchtlingen keinen Unterschlupf bieten. Ungefähr 100 Anwesen wurden allein im Eichsfeld zerstört. Für die Familien waren das traumatische Erlebnisse, und viele sind daran zerbrochen

Zehn Kilometer westlich von Wendehausen führt eine schmale Straße in Serpentinen hinauf auf den Hülfensberg. Der mit 450 Meter die Landschaft überragende Berg gilt als das Wahrzeichen des katholischen Eichsfelds und ist zugleich dessen ältester Wallfahrtsort. Franziskaner betreuen die Wallfahrtskirche. Bruder Rolf ist einer von ihnen.

"Durch die deutsch-deutsche Teilung kam dieses Haus praktisch in die 500-Meter-Streifen, also in das engste Sperrgebiet der DDR, und da wurden die Wallfahrt und alles sehr schwierig. Während es in der Klosterchronik vor der Zeit Bemerkungen gibt, dass bis zu 3, 5, 7000 Wallfahrer hier manchmal auf den Berg kamen zu den Großwallfahrtstagen hat die SED-Regierung das Ganze beschränkt, nämlich auf der einen Seite, dass nur 1000 Leute hier überhaupt hochkommen durften, nur an den vier großen Wallfahrtstagen, die es im Jahr gibt, und es durften nur solche Leute sein, die selbst im Sperrgebiet wohnten."

Ein einziger Franziskaner, Pater Erwin, hatte bis zum Fall der Mauer die Stellung im Kloster gehalten und sich nicht vom SED-Regime einschüchtern lassen. Die Öffnung der Grenze erlebte er noch, jetzt kann man sein Grab auf dem kleinen Friedhof neben der Klosterkirche besuchen. Bruder Rolf hat Pater Erwin noch kennengelernt. Von ihm weiß er, mit welchen Schikanen Bürger rechnen mussten, wenn sie an Wallfahrten teilnehmen wollten.

"Ungefähr zwei Monate vor dem Wallfahrtstermin mussten Listen eingereicht werden von den Leuten, die hier hin wollten, zur Wallfahrt. Diese Listen wurden dann penibelst nachgeguckt und dann wurden alle Leute rausgestrichen, die Jugendliche waren, keiner, der unverheiratet war, durfte hier oben hin, wer politisch nicht genehm war, durfte nicht hier oben hin und wer die Liste in irgendeiner Weise etwas nachlässig ausgefüllt hatte … Und die Liste kam dann am Tag vor der Wallfahrt mittags beim Pfarrer an und der musste bis abends seine Leute informieren: du darfst oder nicht."

Im unmittelbaren Schutzstreifen lag auch der kleine Ort Bebendorf am Fuße des Hülfensbergs. Im letzten Haus des Dorfes leben Maria und Josef Wehr mit ihren acht Kindern. Maria Wehr, eine zierliche Frau mit wachen Augen, kocht für die Franziskaner im Kloster, ihr Mann hingegen ist schon seit Jahren ohne Arbeit.

Gleich hinter dem Haus der Wehrs erstrecken sich Wiesen, ein etwas heruntergekommener Plattenweg führt hindurch. Maria und Josef Wehr gehen dort gern spazieren.

"Ja, hier war ein Schlagbaum, genau da, wo wir stehen. Dann waren da noch die 100 Meter bis dahin, und dann ging die Grenze los. Da war hier ein Tor, dann kamen drei Zäune. Der erste Zaun, da konnte die LPG Produktion noch ihre Tiere reinlassen, dann kamen direkt vor der Grenze noch mal zwei Zäune, die waren praktisch undurchdringlich."

"Es ist schade, dass es weg ist, gerade für Leute, die noch nie hier waren. Es hätte mich nicht gestört, wenn das stückweise stehengeblieben wäre. Manche sagen, ich kann das nicht mehr sehen, aber gerade für Leute, die es nie gesehen haben, ist es wirklich schade."

1976 zog Maria Wehr aus dem drei Kilometer entfernten Geismar nach Bebendorf. Das bedeutete auch einen Umzug aus der Sperrzone in den 500-Meter-Schutzstreifen. Maria Wehr verringerte ihren Bewegungsradius also erheblich.

"Wo die Liebe hinfällt","

sagt die Mutter von acht Kindern und lächelt versonnen. Und ihr Mann Josef erklärt:

""Ich hab meine Eltern früh verloren, meine Mutter in den 60er-Jahren, meinen Vater 1974. Man hat einfach dran gehangen, an dem Häuschen, was sie gebaut haben, damit es kein anderer kriegt. Das war so eine Art Hass, nur um das zu erhalten, damit sich kein anderer reinsetzen kann in die Arbeit, die man geleistet hat. Ich hab an meiner Heimat gehangen, unglaublich, das hätte ich nie verlassen."

Schikane allerorten. Plötzlich ist sie wieder spürbar, die Perversion eines Systems, das die Bewegungsfreiheit der Menschen massiv beschnitt. Wenn Maria Wehr Geburtstag hatte, durfte ihre Verwandtschaft nicht kommen; lediglich die Eltern oder Geschwister konnte sie einladen.

"Viele sagten, ja wie konnten Sie das überhaupt aushalten? Wir kannten ja nichts anderes. Ja man hat mal hier rüber geguckt, hat gedacht, ja, schön, wir haben ja auch Verwandtschaft drüben gehabt – da wirst du wohl nie hinkommen. Das war so auch."

Aber nichts ist ewig. Auch nicht im Eichsfeld. Noch heute zittert Maria Wehrs Stimme, wenn sie an den Fall der Mauer denkt.

"Das kann man gar nicht beschreiben. Das war Wahnsinn. Man war ja immer allein. Es ist höchstens mal so ein Grenzerauto hier lang gefahren, aber ansonsten war ja nichts hier. Und dann kamen die Autos. Das ging den ganzen Tag. Hier hoch gefahren, sich alles angeguckt, wieder runter. Es ging am laufenden Band. Auch dann geklingelt: Ja kennst du mich nicht, ich bin doch dein Cousin. Wo sollte ich sie jetzt herkennen. Also, es war Wahnsinn."

Beim inzwischen verstorbenen Vater von Irmgard Ohnesorge riss der Fall der Mauer alte Wunden auf. Denn die Familie war einer Zwangsaussiedlungswelle zum Opfer gefallen und hatte allen Besitz verloren. Bis zum 3. Oktober 1961 lebte die Familie im thüringischen Günterrode, gut 30 Kilometer nördlich von Bebendorf. Irmgard Ohnesorges Eltern hatten dort Landwirtschaft und eine gutgehende Gaststätte, die allerdings im Sperrgebiet lag.

"Früh um fünf Uhr wurde geklopft an der Hoftür. Dann standen Hundertschaften von Kampfgruppen, Polizei, Behörden da und haben gesagt: Sie müssen fort, haben ein Protokoll vorgelesen: Sie sind nicht würdig, an der Staatsgrenze West zu leben. Es brach natürlich Panik aus, mein Vater war gerade aufgestanden und hatte sich gerade gewaschen. Meine Mutti schlief noch mit uns Kindern. Und ich weiß noch, dass sie erzählt hat, sie sollte eigentlich nicht so gestört werden und mein Vater auch gesagt hat, er möchte es ihr selber sagen, weil meine Mutter im vierten Monat schwanger war. Sie hatte vier kleine Kinder im Alter von vier, drei, zwei und zehn Monaten. Aber die Behörden haben da keine Rücksicht drauf genommen und sind ins Schlafzimmer hoch gepoltert und haben das meiner Mutter gesagt."

Ohne jegliche Vorankündigung verluden Soldaten innerhalb weniger Stunden das nötigste Hab und Gut auf zwei Lastwagen. Die Familie musste tatenlos zusehen.

"Mein Vater wurde abgeführt aufs Bürgermeisteramt. Einer ist hinterher gegangen mit nem Gewehr. Dort hat er noch zu jemandem gesagt, zu einem Nachbar: Jetzt setzen sie mich und meine Familie auf die Straße. Und das war schon nicht einfach für ihn und die Familie."

Für den Verlust ihres Eigentums hatte er 21.000 DDR Mark erhalten – bis zur Wiedervereinigung lag das Geld auf einem Sperrkonto.
Gemeinsam mit Onkel und Tante wurde die elfköpfige Familie in ein kleines Dorf in der Nähe von Weimar gebracht. Irmgard Ohnesorge denkt nicht gerne an diese Zeit zurück.

"Wir wurden ja in diesem Ort angekündigt, eigentlich als Verbrecher, als Asoziale und viele haben uns dort auch so behandelt – da kommen Leute, die müssen doch was verbrochen haben. Wenn die weggeschickt werden, müssen die doch was verbrochen haben. Und so sind wir dort auch beäugt worden und wir kamen auf einen größeren Bauernhof. Das Haus war riesig groß, das sieh ich jetzt noch vor mir. Die Leute haben unten gewohnt und wir mussten durch den Schweinestall eine schmale Holzfuttertreppe hoch über den Heuboden und von dort aus ging noch mal ne Tür in unsere Wohnung rein. Dort hatten wir eine Küche, eine Stube und zwei Schlafzimmer."

Die erzwungenen Umsiedlungen waren Nacht-und-Nebel-Aktionen und entbehrten jeder rechtlichen Grundlage. Betroffen waren ungefähr 12.000 Menschen. In zwei generalstabsmäßig geplanten Operationen wurden sie aus den Sperrgebieten an der innerdeutschen Grenze deportiert: zuerst 1952 durch die "Aktion Ungeziefer", dann, neun Jahre später, im Oktober 1961, durch die "Aktion Kornblume". Karl-Josef Montag, der sich ausführlich mit dem Leben im Sperrgebiet beschäftigt hat:

"Im Sperrgebiet gab es ein ständiges Klima der Angst und der Einschüchterung. Das begann also gleich unmittelbar nach dem Naziterror. Die Kommunisten haben ja im Osten Deutschlands kein freies Volk übernommen, sondern ein durch Naziterror eingeschüchtertes Volk. Und sie haben diesen Terror ausgenutzt und weiter ausgebaut. Es gab zwischendurch immer wieder einzelne Aktionen, um die Leute einzuschüchtern und in einem ständigen Klima der Angst ruhig zu halten."

Die meisten Betroffenen können bis heute nicht über ihre Zwangsaussiedlungen sprechen. Das SED-Regime stempelte sie als zweifelhafte Existenzen ab. Ein Stigma, das ihnen in ihrer alten Heimat ebenso anhaftete wie in der neuen.
Irmgard Ohnesorge kehrte als einzige ihrer Familie gut 20 Jahre nach ihrer Zwangsaussiedlung ins Eichsfeld zurück. Die heute 51-Jährige heiratete 1982 einen Tischler aus Wendehausen.

"Verbittert bin ich schon darüber, dass wir Haus und Hof verlassen mussten. Das ist ja das Schlimmste, was Familien passieren konnte. Je älter ich werde, desto gravierender wird das auch. Da sage ich mir: Was hat der Staat da eigentlich mit uns gemacht und bin dann doch schon entsetzt darüber."