Nachfolge der dämonischen Dollars
Eckert hat eine gut lesbare Zusammenfassung der zentralen Fakten des Weltwährungssystems vorgelegt. Der Leser wird die aktuellen Debatten besser verstehen, auch wenn die verwendete Kriegsmetapher an einigen Stellen überzogen wirkt.
Daniel Eckert wählt für seine Analyse der aktuellen Wirtschafts- und Währungsungleichgewichte einen historischen Ansatz. Er erzählt die Währungsgeschichte von der Einführung des internationalen Goldstandards im 19. Jahrhundert bis heute. US-Präsident Richard Nixon schaffte 1971 die Golddeckung des Dollar ab, was als Nixon-Schock in die Geschichte einging.
Seitdem besitzt das internationale Währungssystem keine Deckung mehr und es steht den Zentralbanken frei, soviel Geld zu drucken, wie sie es als notwendig erachten. Die disziplinierende und oft unpopuläre Wirkung des Goldstandards wurde damit aufgehoben und der Weg zu einer Finanzierung des Massenkonsums durch Kreditaufnahme frei gemacht.
"Dank der extrem niedrigen Zinsen und der gut ausgebauten Kredit-Infrastruktur der USA konnten sich Millionen Amerikaner Konsumwünsche erfüllen, die ihnen ihr stagnierendes Arbeitseinkommen nicht mehr erlaubt hätte: der größere Fernseher, das dickere Auto, das schönere Haus. Das Leben auf Pump wurde zum integralen Teil des 'American way of life'. Es wurde damit auch zu einer besonderen Variante des Versorgungsstaats."
Die enorme Vermehrung der Geldmenge schuf eine Unmenge "Dämonischer Dollars". Unter dämonischen Dollars versteht der Autor die Geldmenge, die durch keinerlei Gegenwert in Form von Produktivität gedeckt ist. Diese enormen Dollarbestände fließen in die Märkte und lösen dort Spekulationsblasen aus. Sie treiben die Preise für Immobilien und Rohstoffe in die Höhe und schaffen Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft.
Japan war in den 80er Jahren ebenso Opfer der dämonischen Dollars wie die Tigerstaaten in der Asienkrise von 1997. Die nächste große Blase könnte in China platzen, dessen Wirtschaft enorme Mengen von Dollarzuflüssen absorbiert - mit katastrophalen Folgen für die Weltwirtschaft.
Mit dem Aufstieg der neuen Wirtschaftsmacht China nahmen die Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft eine ganz neue Dimension an. Die Volksrepublik hält ihre Währung billig, um die Modernisierung über den Export voranzutreiben. Damit wurden sie für die USA zum Hauptlieferanten billiger Waren, um die Konsumwünsche der Amerikaner zu stillen. Die Bürger der USA konnten sich diesen Konsum eigentlich nicht mehr leisten.
Seit der Jahrtausendwende haben die Amerikaner 47 Prozent mehr ausgegeben als sie verdient haben. Um ihren hohen Lebensstandard bezahlen zu können, mussten sie wachsende Kredite aufnehmen. China stand nun nicht nur als Zulieferer von Konsumgütern bereit, sondern auch als Gläubiger. Die Chinesen kauften mit den hohen Dollarzuflüssen aus dem Export die amerikanischen Staatsanleihen.
"So angenehm es für Washington war, immer jemanden zu haben, der bereit war, Geld vorzustrecken: Geopolitisch erwuchs daraus eine zunehmend delikate Situation. Selten war eine Großmacht finanziell so sehr von einer konkurrierenden Großmacht abhängig. Wenn Schulden Amerikas Heroin sind, dann ist China Amerikas wichtigster Dealer."
Eckert befürchtet, die Chinesen könnten die Dollarbestände als Waffe im Kampf um die geopolitische Vorherrschaft gegen die USA einsetzen. China gebiete durch seine Dollarreserven in Billionenhöhe über eine "finanzielle Atombombe". Eckerts Metaphern aus dem Bereich des Militärischen sind aber im ökonomischen Bereich nur begrenzt anwendbar. Denn wie er selbst feststellt, können die Chinesen den Dollarschatz nicht heben und den Dollar zu Fall bringen, ohne sich selbst erheblichen Schaden zu zufügen.
"Zweifelsohne wäre es für die Volksrepublik einigermaßen irrational, seine amerikanischen Staatsanleihen auf den Markt zu werfen und den Dollar 'verdampfen' zu lassen. Von heute auf morgen würden die chinesischen Exporteure ihre Expansionschancen in den USA und anderen Ländern, die ihre Währung an den Greenback gekoppelt haben, ruiniert sehen."
So wie die Weltwirtschaft von dem Ungleichgewicht zwischen den USA und China bestimmt wird, so leidet die Eurozone unter dem Ungleichgewicht zwischen den stabilitätsorientierten Ländern wie der Bundesrepublik und den schwachen Volkswirtschaften des Mittelmeerraums. Die Hoffnung, dass sich im Zuge der Euroeinführung auch die Leistungsfähigkeit der einzelnen Volkswirtschaften angleichen würde, hat sich nicht erfüllt. Eher das Gegenteil ist der Fall.
"Während sich die Pro-Kopf-Einkommen in der Tat seit Jahrzehnten angleichen, haben sich die einzelnen Wirtschaften voneinander wegentwickelt. Die Deutschen haben sich, vereinfacht gesagt, aufs Exportieren, die Spanier oder Griechen aufs Konsumieren spezialisiert."
Dieses Ungleichgewicht innerhalb der Euro-Zone hat dazu geführt, dass etwa Spanien heute nach den USA das zweithöchste Handelsbilanzdefizit der Welt aufweist. Dies ist die Folge davon, dass der Wechselkurs als Anpassungskurs zwischen den Währungen mit der Einführung des Euro weggefallen ist.
Eckert bespricht verschiedene Szenarien, die sich aus der Eurokrise ableiten lassen: Entweder müssten die Defizitstaaten wie Griechenland und Spanien die Eurozone verlassen, oder die wirtschaftlich starken Länder wie Deutschland. Als drittes besteht die Möglichkeit, die Eurozone zu erhalten, etwa wenn die starken Volkswirtschaften dauerhaft Transferzahlungen an die Schwachen leisten. Die Möglichkeit, dass Griechenland innerhalb der Eurozone wieder konkurrenzfähig wird und seine Haushalte saniert, hält der Autor für wenig realistisch.
Da die staatlichen Währungen wegen der Verschuldung und der wachsenden Ungleichgewichte unter einem Vertrauensverlust leiden, hat ausgerechnet Gold, das lange als Währungsfossil verspottet wurde, eine erstaunliche Renaissance erlebt. Nach der Jahrtausendwende ging es so schnell mit dem Gold bergauf, wie es mit dem Vertrauen in den Dollar bergab ging.
Zwar glaubt Eckert nicht an die Rückkehr zur alten Golddeckung, als Wertaufbewahrungsmittel für institutionelle und private Anleger wird das gelbe Metall seiner Ansicht nach jedoch fester Bestandteil der zukünftigen Währungsordnung sein:
"Die Rückkehr einer staatlich garantierten Goldwährung mag noch Zukunftsmusik sein. Der private Goldstandard ist hingegen schon da. Und er wird stärker mit jedem Tag, an dem Sparer Dollars, Euros oder Pfunde in Gold tauschen. Das lange vergessene 'Metall des 19. Jahrhunderts' ist auf gutem Weg, das Metall des 21. Jahrhunderts zu werden."
Eckert erhebt keinen Anspruch ein wissenschaftliches Buch geschrieben zu haben, aber darauf, "Wissen" zu schaffen. Er hat tatsächlich eine gut lesbare Zusammenfassung der zentralen Fakten zum Weltwährungssystem vorgelegt. Nach der Lektüre des Buches werden die aktuellen Währungs-Debatten für den Leser verständlicher sein, auch wenn die verwendete Kriegsmetapher an einigen Stellen überzogen wirkt.
Daniel D. Eckert: Weltkrieg der Währungen. Wie Euro, Gold und Yuan um das Erbe des Dollar kämpfen
Finanzbuch Verlag, München 2010
Seitdem besitzt das internationale Währungssystem keine Deckung mehr und es steht den Zentralbanken frei, soviel Geld zu drucken, wie sie es als notwendig erachten. Die disziplinierende und oft unpopuläre Wirkung des Goldstandards wurde damit aufgehoben und der Weg zu einer Finanzierung des Massenkonsums durch Kreditaufnahme frei gemacht.
"Dank der extrem niedrigen Zinsen und der gut ausgebauten Kredit-Infrastruktur der USA konnten sich Millionen Amerikaner Konsumwünsche erfüllen, die ihnen ihr stagnierendes Arbeitseinkommen nicht mehr erlaubt hätte: der größere Fernseher, das dickere Auto, das schönere Haus. Das Leben auf Pump wurde zum integralen Teil des 'American way of life'. Es wurde damit auch zu einer besonderen Variante des Versorgungsstaats."
Die enorme Vermehrung der Geldmenge schuf eine Unmenge "Dämonischer Dollars". Unter dämonischen Dollars versteht der Autor die Geldmenge, die durch keinerlei Gegenwert in Form von Produktivität gedeckt ist. Diese enormen Dollarbestände fließen in die Märkte und lösen dort Spekulationsblasen aus. Sie treiben die Preise für Immobilien und Rohstoffe in die Höhe und schaffen Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft.
Japan war in den 80er Jahren ebenso Opfer der dämonischen Dollars wie die Tigerstaaten in der Asienkrise von 1997. Die nächste große Blase könnte in China platzen, dessen Wirtschaft enorme Mengen von Dollarzuflüssen absorbiert - mit katastrophalen Folgen für die Weltwirtschaft.
Mit dem Aufstieg der neuen Wirtschaftsmacht China nahmen die Ungleichgewichte in der Weltwirtschaft eine ganz neue Dimension an. Die Volksrepublik hält ihre Währung billig, um die Modernisierung über den Export voranzutreiben. Damit wurden sie für die USA zum Hauptlieferanten billiger Waren, um die Konsumwünsche der Amerikaner zu stillen. Die Bürger der USA konnten sich diesen Konsum eigentlich nicht mehr leisten.
Seit der Jahrtausendwende haben die Amerikaner 47 Prozent mehr ausgegeben als sie verdient haben. Um ihren hohen Lebensstandard bezahlen zu können, mussten sie wachsende Kredite aufnehmen. China stand nun nicht nur als Zulieferer von Konsumgütern bereit, sondern auch als Gläubiger. Die Chinesen kauften mit den hohen Dollarzuflüssen aus dem Export die amerikanischen Staatsanleihen.
"So angenehm es für Washington war, immer jemanden zu haben, der bereit war, Geld vorzustrecken: Geopolitisch erwuchs daraus eine zunehmend delikate Situation. Selten war eine Großmacht finanziell so sehr von einer konkurrierenden Großmacht abhängig. Wenn Schulden Amerikas Heroin sind, dann ist China Amerikas wichtigster Dealer."
Eckert befürchtet, die Chinesen könnten die Dollarbestände als Waffe im Kampf um die geopolitische Vorherrschaft gegen die USA einsetzen. China gebiete durch seine Dollarreserven in Billionenhöhe über eine "finanzielle Atombombe". Eckerts Metaphern aus dem Bereich des Militärischen sind aber im ökonomischen Bereich nur begrenzt anwendbar. Denn wie er selbst feststellt, können die Chinesen den Dollarschatz nicht heben und den Dollar zu Fall bringen, ohne sich selbst erheblichen Schaden zu zufügen.
"Zweifelsohne wäre es für die Volksrepublik einigermaßen irrational, seine amerikanischen Staatsanleihen auf den Markt zu werfen und den Dollar 'verdampfen' zu lassen. Von heute auf morgen würden die chinesischen Exporteure ihre Expansionschancen in den USA und anderen Ländern, die ihre Währung an den Greenback gekoppelt haben, ruiniert sehen."
So wie die Weltwirtschaft von dem Ungleichgewicht zwischen den USA und China bestimmt wird, so leidet die Eurozone unter dem Ungleichgewicht zwischen den stabilitätsorientierten Ländern wie der Bundesrepublik und den schwachen Volkswirtschaften des Mittelmeerraums. Die Hoffnung, dass sich im Zuge der Euroeinführung auch die Leistungsfähigkeit der einzelnen Volkswirtschaften angleichen würde, hat sich nicht erfüllt. Eher das Gegenteil ist der Fall.
"Während sich die Pro-Kopf-Einkommen in der Tat seit Jahrzehnten angleichen, haben sich die einzelnen Wirtschaften voneinander wegentwickelt. Die Deutschen haben sich, vereinfacht gesagt, aufs Exportieren, die Spanier oder Griechen aufs Konsumieren spezialisiert."
Dieses Ungleichgewicht innerhalb der Euro-Zone hat dazu geführt, dass etwa Spanien heute nach den USA das zweithöchste Handelsbilanzdefizit der Welt aufweist. Dies ist die Folge davon, dass der Wechselkurs als Anpassungskurs zwischen den Währungen mit der Einführung des Euro weggefallen ist.
Eckert bespricht verschiedene Szenarien, die sich aus der Eurokrise ableiten lassen: Entweder müssten die Defizitstaaten wie Griechenland und Spanien die Eurozone verlassen, oder die wirtschaftlich starken Länder wie Deutschland. Als drittes besteht die Möglichkeit, die Eurozone zu erhalten, etwa wenn die starken Volkswirtschaften dauerhaft Transferzahlungen an die Schwachen leisten. Die Möglichkeit, dass Griechenland innerhalb der Eurozone wieder konkurrenzfähig wird und seine Haushalte saniert, hält der Autor für wenig realistisch.
Da die staatlichen Währungen wegen der Verschuldung und der wachsenden Ungleichgewichte unter einem Vertrauensverlust leiden, hat ausgerechnet Gold, das lange als Währungsfossil verspottet wurde, eine erstaunliche Renaissance erlebt. Nach der Jahrtausendwende ging es so schnell mit dem Gold bergauf, wie es mit dem Vertrauen in den Dollar bergab ging.
Zwar glaubt Eckert nicht an die Rückkehr zur alten Golddeckung, als Wertaufbewahrungsmittel für institutionelle und private Anleger wird das gelbe Metall seiner Ansicht nach jedoch fester Bestandteil der zukünftigen Währungsordnung sein:
"Die Rückkehr einer staatlich garantierten Goldwährung mag noch Zukunftsmusik sein. Der private Goldstandard ist hingegen schon da. Und er wird stärker mit jedem Tag, an dem Sparer Dollars, Euros oder Pfunde in Gold tauschen. Das lange vergessene 'Metall des 19. Jahrhunderts' ist auf gutem Weg, das Metall des 21. Jahrhunderts zu werden."
Eckert erhebt keinen Anspruch ein wissenschaftliches Buch geschrieben zu haben, aber darauf, "Wissen" zu schaffen. Er hat tatsächlich eine gut lesbare Zusammenfassung der zentralen Fakten zum Weltwährungssystem vorgelegt. Nach der Lektüre des Buches werden die aktuellen Währungs-Debatten für den Leser verständlicher sein, auch wenn die verwendete Kriegsmetapher an einigen Stellen überzogen wirkt.
Daniel D. Eckert: Weltkrieg der Währungen. Wie Euro, Gold und Yuan um das Erbe des Dollar kämpfen
Finanzbuch Verlag, München 2010

Buchcover: "Weltkrieg der Währungen" von Daniel D. Eckert© Finanzbuch Verlag