Nachfolger der Sowjetarmee
Mit dem Zerfall der Sowjetunion 1991 hinterließ die Supermacht ein gewissermaßen herrenloses militärisches Potenzial. Russland entschloss sich verhältnismäßig spät, die Erblast zu übernehmen. Am 7.Mai 1992 dekretierte Präsident Boris Jelzin eine eigene russische Armee.
Im Dezember 1991 beschlossen die meisten der ehemaligen Sowjetrepubliken, eine Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, die GUS, zu bilden. Am 25. Dezember zog auch Präsident Michail Gorbatschow einen Schlussstrich.
"Aufgrund der entstandenen Situation durch die Bildung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, beende ich meine Tätigkeit als Präsident der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken."
Formell war die UdSSR zwar aufgelöst worden, aber es blieben Fragen offen: Was wird aus den Atomwaffen, was aus den sowjetischen Streitkräften, für die es nun keine ideologische Führung, keinen sorgenden Staat mehr gab? Hatten nicht 1917 unzufriedene Soldaten und Offiziere die Februarrevolution getragen?
Hans Henning Schröder von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin:
"Die Armee hat ein ganz erhebliches Potenzial gehabt, einschließlich Nuklearwaffen, aber anders als 1917, als die Bauernsoldaten nach Hause gingen, um sich ihr Stück Land zu sichern im Dorf, haben diesmal die Streitkräfte zusammengehalten und haben im Grunde auch die Auflösung der Sowjetunion zunächst mal in den ersten Monaten überlebt."
Noch im Januar 1992 bekundeten die Nachfolgestaaten der Sowjetunion Interesse am Erhalt der Streitkräfte. Aber vor Ort fehlte es an Mitteln, das Personal zu versorgen. Das Militär, das aus den Warschauer-Pakt-Staaten abgezogen worden war, wartete noch immer auf Wohnraum, der Sold blieb aus, die Inflation galoppierte. Viele Soldaten, ja, Offiziere, entzogen sich dem Dienst, um einem Broterwerb nachzugehen, Armeegüter, vom Kraftstoff bis zu den Waffen, wurden verkauft.
Im Kreml kamen am 18. Januar 1992 5000 Offiziere zu einer Gesamt-Armee-Versammlung zusammen, auf der sie ihre soziale Notlage beraten wollten. Die Armeezeitung berichtete.
"Die außerordentliche Heftigkeit und Leidenschaft ließ zeitweise keine konstruktive Arbeit zu. Leute, die sich als Marionetten in den Händen irgendwelcher Politiker erwiesen, riefen ihre Geduld sei nicht unbefristet. Immer wieder mussten Pausen eingelegt werden."
Die Offiziere forderten den Erhalt einer einheitlichen Armee, sie forderten Wohnraum und materielle Sicherstellung. Es ging um verunsicherte Streitkräfte, die den verlorenen Afghanistankrieg und den Abzug aus den Warschauer-Pakt-Staaten als Demütigung empfunden hatten, die aber einst als ruhmvoller Sieger aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrt, die geehrt und verwöhnt worden waren und die nun einer ungewissen Zukunft entgegentrieben.
"Denn das war ja eine herrenlose Armee, das heißt, die ganzen Strukturen des Offizierskorps, die Waffensysteme, die Leitsysteme – all das war da, aber es fehlte plötzlich der politische Grund, nämlich die Sowjetunion."
Russen hatten die wichtigsten Kommando- und Verwaltungsstellen innegehabt. Und da die gemeinsamen GUS-Streitkräfte nicht anders als die sowjetische Armee strukturiert sein sollten, fühlte sich Moskau den Armee-Russen gegenüber nicht besonders verpflichtet und verantwortlich. Russland wartete ab.
"Demgegenüber stehen dann die fünfzehn, oder zumindest mal die vierzehn Republiken – außer Russland – die beginnen, eigene Streitkräfte aufzubauen und zwar neben der Sowjetarmee oder an der Sowjetarmee vorbei. Das Grundproblem ist gar nicht so sehr ein militärisches, sondern ein politisches."
Größter und mächtigster Nachfolgestaat der Sowjetunion blieb Russland, es wurde vom Ausland in allen Sicherheitsabmachungen in Verantwortung genommen. Und Moskau?
"Erst sehr langsam hat man sich an die Idee gewöhnt, dass man eigene russische Streitkräfte braucht, auch anders zugeschnitten, entsprechend kleiner als vorher."
Am 7. Mai 1992 erließ Boris Jelzin schließlich eine präsidiale Verordnung zur Schaffung eines Verteidigungsministeriums und zur Schaffung von Streitkräften der Russischen Föderation.
Schon anderthalb Jahre später standen Ministerium und Armee vor einer Bewährungsprobe, als es galt, den Konflikt zwischen Volksdeputierten und dem Präsidenten zu entscheiden. Panzer schossen in Moskau das sogenannte Weiße Haus in Brand. Eine Entscheidung für Jelzin, für die Stabilität Russlands.
1995, zum 50. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland, präsentierte Verteidigungsminister Pawel Gratschow als stolze Nachfolger der sowjetischen Armee einem internationalen Publikum die neuen Streitkräfte der Russischen Föderation.
"Aufgrund der entstandenen Situation durch die Bildung der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, beende ich meine Tätigkeit als Präsident der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken."
Formell war die UdSSR zwar aufgelöst worden, aber es blieben Fragen offen: Was wird aus den Atomwaffen, was aus den sowjetischen Streitkräften, für die es nun keine ideologische Führung, keinen sorgenden Staat mehr gab? Hatten nicht 1917 unzufriedene Soldaten und Offiziere die Februarrevolution getragen?
Hans Henning Schröder von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin:
"Die Armee hat ein ganz erhebliches Potenzial gehabt, einschließlich Nuklearwaffen, aber anders als 1917, als die Bauernsoldaten nach Hause gingen, um sich ihr Stück Land zu sichern im Dorf, haben diesmal die Streitkräfte zusammengehalten und haben im Grunde auch die Auflösung der Sowjetunion zunächst mal in den ersten Monaten überlebt."
Noch im Januar 1992 bekundeten die Nachfolgestaaten der Sowjetunion Interesse am Erhalt der Streitkräfte. Aber vor Ort fehlte es an Mitteln, das Personal zu versorgen. Das Militär, das aus den Warschauer-Pakt-Staaten abgezogen worden war, wartete noch immer auf Wohnraum, der Sold blieb aus, die Inflation galoppierte. Viele Soldaten, ja, Offiziere, entzogen sich dem Dienst, um einem Broterwerb nachzugehen, Armeegüter, vom Kraftstoff bis zu den Waffen, wurden verkauft.
Im Kreml kamen am 18. Januar 1992 5000 Offiziere zu einer Gesamt-Armee-Versammlung zusammen, auf der sie ihre soziale Notlage beraten wollten. Die Armeezeitung berichtete.
"Die außerordentliche Heftigkeit und Leidenschaft ließ zeitweise keine konstruktive Arbeit zu. Leute, die sich als Marionetten in den Händen irgendwelcher Politiker erwiesen, riefen ihre Geduld sei nicht unbefristet. Immer wieder mussten Pausen eingelegt werden."
Die Offiziere forderten den Erhalt einer einheitlichen Armee, sie forderten Wohnraum und materielle Sicherstellung. Es ging um verunsicherte Streitkräfte, die den verlorenen Afghanistankrieg und den Abzug aus den Warschauer-Pakt-Staaten als Demütigung empfunden hatten, die aber einst als ruhmvoller Sieger aus dem Zweiten Weltkrieg heimgekehrt, die geehrt und verwöhnt worden waren und die nun einer ungewissen Zukunft entgegentrieben.
"Denn das war ja eine herrenlose Armee, das heißt, die ganzen Strukturen des Offizierskorps, die Waffensysteme, die Leitsysteme – all das war da, aber es fehlte plötzlich der politische Grund, nämlich die Sowjetunion."
Russen hatten die wichtigsten Kommando- und Verwaltungsstellen innegehabt. Und da die gemeinsamen GUS-Streitkräfte nicht anders als die sowjetische Armee strukturiert sein sollten, fühlte sich Moskau den Armee-Russen gegenüber nicht besonders verpflichtet und verantwortlich. Russland wartete ab.
"Demgegenüber stehen dann die fünfzehn, oder zumindest mal die vierzehn Republiken – außer Russland – die beginnen, eigene Streitkräfte aufzubauen und zwar neben der Sowjetarmee oder an der Sowjetarmee vorbei. Das Grundproblem ist gar nicht so sehr ein militärisches, sondern ein politisches."
Größter und mächtigster Nachfolgestaat der Sowjetunion blieb Russland, es wurde vom Ausland in allen Sicherheitsabmachungen in Verantwortung genommen. Und Moskau?
"Erst sehr langsam hat man sich an die Idee gewöhnt, dass man eigene russische Streitkräfte braucht, auch anders zugeschnitten, entsprechend kleiner als vorher."
Am 7. Mai 1992 erließ Boris Jelzin schließlich eine präsidiale Verordnung zur Schaffung eines Verteidigungsministeriums und zur Schaffung von Streitkräften der Russischen Föderation.
Schon anderthalb Jahre später standen Ministerium und Armee vor einer Bewährungsprobe, als es galt, den Konflikt zwischen Volksdeputierten und dem Präsidenten zu entscheiden. Panzer schossen in Moskau das sogenannte Weiße Haus in Brand. Eine Entscheidung für Jelzin, für die Stabilität Russlands.
1995, zum 50. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland, präsentierte Verteidigungsminister Pawel Gratschow als stolze Nachfolger der sowjetischen Armee einem internationalen Publikum die neuen Streitkräfte der Russischen Föderation.