Wasserstoff statt Diesel in den Tank
Weg vom Diesel, lautet für viele Autofahrer derzeit die Devise. Ein kleines Startup-Unternehmen aus Bayern bietet eine Alternative: Sie rüsten den Dieselmotor auf Wasserstoff um. Kleiner Haken: Richtig brauchbar ist das nur für Lastfahrzeuge.
Verblüffend leise klingt ein Dieselmotor, der Wasserstoff verbrennt, schwärmt Motorenentwickler Daniel Koch. Er steht in einer Werkshalle vor einem Motorenprüfstand in Nordhausen in Thüringen. Vor ihm ein großer Motor:
"Das ist der Grundmotor, den haben wir von Deutz bekommen und der wird jetzt so umgerüstet, dass wir den auf Wasserstoff betreiben können."
Gefühlt ist der Motorblock einen Quadratmeter groß und angeschlossen an unzählige Schläuche, dicke und dünne, grüne, gelbe und schwarze. Der Motor wird hier so lange getestet und vermessen, bis er Wasserstoff so effizient wie möglich verbrennt.
"Dazu haben wir gewisse Änderungen vorgenommen am Zündsystem, am Einspritzsystem und auch an der Kolbengeometrie. Sprich, das ist ein Dieselmotor und wir bauen den um auf ein Ottomotor-Prinzip, weil wir den Wasserstoff zünden müssen, damit er im Brennraum verbrennt."
Der Wasserstoff, er befindet sich in einem Extratank, wird vor dem Brennraum eingespritzt, vermischt sich mit Luft und dann:
" ... und dann geht das gesamte Gemisch, wird in den nächsten Brennraum geführt und dann wird das Ganze hoch verdichtet, also zusammengedrückt und wenn es maximal komprimiert ist, dann zünden wir das System."
Die Emission eines umgerüsteten Wasserstoff-Verbrennungsmotors liege bei fast null. Wäre da nicht das Öl, das die Zylinder schmiert.
"Und das Öl gelangt in den Brennraum, aber das ist im ganz unteren Messbereich. Was wir hier nicht haben, ist die Belastung auf Grund von CO-Emission, weil im Wasserstoff sind keine Kohlestoffe enthalten, wie bei Diesel, Benzin oder Erdgas. Was an Schadstoffen noch entsteht ist NOx. Aber wir sind so gering mit der NOx-Emission, auf Grund unseres Brennverfahrens, dass wir die Euro 6 Norm erreichen."
Idee ist nicht neu
Die Idee, Wasserstoff im Motor zu verbrennen, ist aber nicht neu. Schon in den 90ern fuhren in Berlin ein paar Busse mit Wasserstoff. Sie brauchten damals weit über 20 Kilo Wasserstoff auf hundert Kilometer. Die Technik war noch nicht sehr ausgereift und die Busse wurden wieder aus dem Verkehr gezogen. Mit dem neuen Umrüstsatz schluckt der Motor nur noch die Hälfte.
Die Umrüstkosten für einen bereits vorhandenen Motor liegen bei zirka 40.000 Euro. Ziel der Entwickler ist es aber, bereits ab Werk umgerüstete Motoren zu liefern, die dann um einiges kostengünstiger sind. Verglichen mit einem Elektro- oder Brennstoffzellenantrieb ist das sehr wenig, denn da zahlt der Käufer das Doppelte vom Neupreis. Und auf diesen Preisvorteil setzt der Geschäftsfrüher des Startup Unternehmen Keyou, Thomas Korn:
"Unser Ziel ist es heute, bereits nachhaltig erzeugte Wasserstoffmobilität auf die Straße zu bringen. Wir können in große Fahrzeuge reingehen, aber auch PKWs. Momentan entwickeln wir Komponenten für den Nutzfahrzeugbereich, weil wir da Vorteile bei der Markteinführung sehen."
Verglichen mit der Brennstoffzelle hat die Technologie aber einen Haken: der Wirkungsgrad. 32 Prozent im kalten Zustand. Über 40, wenn der Motor schon eine Weile läuft. Am Versuchsstand sollen sogar schon 50 Prozent gemessen worden sein.
Das sei zwar überdurchschnittlich gut, sagt Prof. Thomas von Unwerth, Leiter der Professur alternative Antriebe an der Technischen Universität in Chemnitz, aber eine Brennstoffzelle könne bis 80 Prozent Wirkungsgrad und brauche damit viel weniger Wasserstoff:
"Während in großen Motoren wie in Nutzfahrzeugen die Reichweite und die Emission eine übergeordnete Rolle spielen, könnte dort übergangsweise die Wasserstoffverbrennung durchaus zum sinnvollen Einsatz kommen. Im PKW Bereich sollte man doch dann lieber gleich auf die Brennstoffzelle setzen, da sie einen höheren Wirkungsgrad besitzt."
Fokus auf Lastfahrzeuge
Denn durch den geringen Wirkungsgrad, verglichen mit der Brennstoffzelle, bräuchten PKW sehr große Tanksysteme, um genügend Wasserstoff an Bord zu haben. Das sei nach seiner Einschätzung nicht umsetzbar. LKW oder Busse hingegen hätten den Platz. Nach Angaben der Entwickler könnten die, je nach Tankgröße, 700 km oder mehr fahren.
Auch für PKW werde es entsprechende Lösungen geben, entgegnen die Entwickler. Vorerst liegt der Fokus aber bei Lastfahrzeugen und Fuhrunternehmer zeigen tatsächlich großes Interesse.
Bartkowiak: "Ich bin voll begeistert, ich bin voll dabei."
Klaus Bartkowiak hat 36 Lastzüge mit 40 Tonnen und mehrere Kleintransporter auf den Straßen fahren.
"Die fahren alle selbstverständlich mit Diesel, weil die E-Technologie noch nicht dafür ausgereift ist."
Er sucht händeringend nach bezahlbaren, emissionsarmen Alternativen. Sobald die Motoren-Testreihe erfolgreich abgeschlossen ist, möchte er deshalb erst einmal einen Dieselmotor auf Wasserstoff umrüsten lassen und schauen, wie er sich auf der Straße macht. Vorher müsste allerdings noch geklärt werden, wo er den Wasserstoff herbekommt.
Auch für Jürgen Böttcher von der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahngesellschaft ist das ein entscheidender Punkt. Er ist für 230 Dieselbusse verantwortlich:
"Wo kommt der Wasserstoff her? Hab ich in der Nähe Industrie oder muss ich Wasserstoff produzieren oder über lange Wege auch irgendwo hin transportieren. Das sind die Fragen."
Und so steht auch dieser neue Umrüstsatz für Dieselmotoren vor ähnlichen Schwierigkeiten wie Elektroautos oder Fahrzeuge mit Brennstoffzellen: Die Technik funktioniert recht gut, aber die Probleme der Infrastruktur – Stichwort Tankstellendichte – sind noch enorm.