"Die Ressourcen-Intensität ist entscheidend"
Wer ein Hybrid-Auto kauft, um die Umwelt zu schonen, erliegt einem Irrtum, denn der Bau eines Hybrids verschlingt viel mehr Ressourcen als der Bau eines normalen PKW. Wie verlogen grüne Argumente manchmal sind, deckt Friedrich Schmidt-Bleek in seinem neuen Buch auf.
Der ökologische Fußabdruck und die CO2-Bilanz eines Produkts sind irreführende Indikatoren, um die Umweltverträglichkeit eines Produkts zu bewerten, sagt der Umweltexperte Friedrich Schmidt-Bleek, der in den 90er-Jahren zusammen mit Ernst Ulrich von Weizsäcker das 'Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie' leitete. Viel wichtiger sei es, danach zu fragen, wieviele Ressourcen dem Boden entnommen werden müssen, um einen Artikel herzustellen oder eine Dienstleistung anzubieten - so Schmidt-Bleek im Deutschlandradio Kultur.
Das gelte zum Beispiel für den Vergleich zwischen Plastiktüten und Baumwolltaschen. So seien für die Herstellung einer Plastiktüte viel weniger Ressourcen erforderlich als für die Herstellung eines entsprechenden Baumwollprodukts: "Bei Baumwolle ist es eben so, dass wir insgesamt in der Größenordnung von 20 Kilogramm Natur verbrauchen, Wasser nicht gerechnet, um ein Kilogramm von diesem Material zu produzieren", sagt Schmidt-Bleek. Bei Plastik seien es dagegen nur vier bis acht Kilogramm.
Nicht alles ist grün, was sich so nennt
Doch die Rechnung geht noch weiter: Wenn man die Plastiktüte ein paar Mal benutzt, vergrößert sich der Vorsprung gegenüber der Tragetasche aus Baumwolle, noch zumal eine einzelne Plastiktüte viel leichter ist als ein Baumwollbeutel. Schmidt-Bleek fordert daher, künftig viel stärker darauf zu achten, wie "ressourcenintensiv" die Materialen und Produkte sind, die wir nutzen.
Auch andere Irrtümer deckt der Gründungsdirektor des 'Factor 10 Institute' ín seinem neuen Buch "Grüne Lügen" auf, so zum Beispiel die Annahme, dass Hybrid-Autos besonders umweltfreundlich seien. Wer ein Hybrid-Modell kaufe, also ein Auto, das über einen kombinierten Benzin-Elektro-Motor verfügt, könne auch gleich zwei normale Autos kaufen:
"Tatsächlich ist die Situation die, dass wir für einen Mittelklassewagen in Deutschland, und das gilt weltweit, in der Größenordnung von 40 Tonnen Natur einsetzen müssen, um ein Auto in den Laden zu bringen", rechnet der Umweltforscher vor. Bei einem Hybrid-Auto verdoppele sich dieser Wert:
"Wenn Sie nun hingehen, um Benzin zu sparen oder Treibstoff, und eine zweite Maschine einbauen und zusätzlich eine Batterie, sonst funktioniert es ja nicht, dann muss man eben rechnen, wieviel Masse ist denn da jetzt zusätzlich eingesetzt worden. Und rund gerechnet ist es so, dass sich mit der zweiten Maschine und der Batterie der ökologische Rucksack verdoppelt, von 40 auf auf 80 Tonnen."
Schmidt-Bleek, der viel zu Ressourcenproduktivität und Dematerialisierung forschte, und den Begriff "ökologischer Rucksack" erst prägte, plädiert daher für einen sehr viel bewussteren Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Eine entsprechende Kennzeichnung von Produkten sei möglich, werde aber nicht verwendet.