Nachlassendes Interesse an einem Jahrhundertdramatiker
Obwohl Eugen Ionescu das absurde Theater geprägt hat wie Samuel Beckett und Jean Genet, ist er auf deutschen Bühnen kaum noch präsent. Warum an den Theatern derzeit auf Stücke des Dramatikers, der heute vor 100 Jahren geboren wurde, verzichtet wird, erklärt der Theaterkritiker Michael Laages.
Auszug aus dem Gespräch:
Liane von Billerbeck: Er gilt als einer der bedeutendsten Dramatiker des 20. Jahrhunderts, jedoch seine Stücke sind nicht gerade häufig auf deutschen Spielplänen: Eugen Ionesco, der heute 100 Jahre alt geworden wäre. Geboren in Rumänien, aber mit Französisch als Muttersprache aufgewachsen und hauptsächlich auf französisch schreibend hat Ionescu– wie Samuel Beckett und Jean Genet – das sogenannte absurde Theater geprägt. Stücke wie "Die Kahle Sängerin" oder "Die Nashörner" machten ihn berühmt. Doch, seltsam: Auf deutschen Bühnen kommt er kaum noch vor. Warum aber hat das Interesse an ihm so nachgelassen? Das wollen wir an Ionescus heutigem 100. Geburtstag den Theaterkritiker Michael Laages fragen.
Ich grüße Sie!
Michael Laages: Hallo!
von Billerbeck: Es ist noch nicht allzu lange her, 2006, da stand ein Ionescu-Stück im Mittelpunkt eines Skandals. Sebastian Hartmanns Inszenierung "Das große Massakerspiel. Oder Triumph des Todes" am Frankfurter Schauspiel. Worum ging's bei der Aufregung?
Laages: Da ging es um einen Spiralblock im Wesentlichen. Also der lokale Großkritiker saß in dieser Vorstellung, und ob das nun inszeniert war oder nicht, oder ob nur der Schauspieler Thomas Lawinky, der ein emotionaler Mensch ist und entweder gleich die ganze Welt umarmen oder verprügeln möchte, ob der nun einfach auf die Idee kam, in der Aufführung dem mitschreibenden Kritiker eben diesen Spiralblock wegzunehmen und ihn dann schimpfenderweise aus dem Theater zu weisen, das weiß man nicht. Das ist Geheimnis dieser Aufführung geblieben. Jedenfalls der Aufruhr war beträchtlich. Der Kollege fühlte sich beleidigt und auch gleich noch die ganze Pressefreiheit mit dazu. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin mischte sich ein und nötigte die Intendantin des Frankfurter Schauspiels, den Schauspieler, der das angerichtet hatte, zu entlassen. (…) Also ein Super-Skandal, und eigentlich über ein Thema und ein Stück, das vielleicht mal zur Entstehungszeit 1970 ein Skandal gewesen war, allerdings in dieser Aufführung dann weiter eigentlich gar nicht wahrgenommen worden ist.
von Billerbeck: Danach wollte ich gerade fragen. Also das klingt wie absurdes Theater, bloß nicht auf der Bühne, sondern jenseits von der Bühne. (…)
Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 26.4.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
Liane von Billerbeck: Er gilt als einer der bedeutendsten Dramatiker des 20. Jahrhunderts, jedoch seine Stücke sind nicht gerade häufig auf deutschen Spielplänen: Eugen Ionesco, der heute 100 Jahre alt geworden wäre. Geboren in Rumänien, aber mit Französisch als Muttersprache aufgewachsen und hauptsächlich auf französisch schreibend hat Ionescu– wie Samuel Beckett und Jean Genet – das sogenannte absurde Theater geprägt. Stücke wie "Die Kahle Sängerin" oder "Die Nashörner" machten ihn berühmt. Doch, seltsam: Auf deutschen Bühnen kommt er kaum noch vor. Warum aber hat das Interesse an ihm so nachgelassen? Das wollen wir an Ionescus heutigem 100. Geburtstag den Theaterkritiker Michael Laages fragen.
Ich grüße Sie!
Michael Laages: Hallo!
von Billerbeck: Es ist noch nicht allzu lange her, 2006, da stand ein Ionescu-Stück im Mittelpunkt eines Skandals. Sebastian Hartmanns Inszenierung "Das große Massakerspiel. Oder Triumph des Todes" am Frankfurter Schauspiel. Worum ging's bei der Aufregung?
Laages: Da ging es um einen Spiralblock im Wesentlichen. Also der lokale Großkritiker saß in dieser Vorstellung, und ob das nun inszeniert war oder nicht, oder ob nur der Schauspieler Thomas Lawinky, der ein emotionaler Mensch ist und entweder gleich die ganze Welt umarmen oder verprügeln möchte, ob der nun einfach auf die Idee kam, in der Aufführung dem mitschreibenden Kritiker eben diesen Spiralblock wegzunehmen und ihn dann schimpfenderweise aus dem Theater zu weisen, das weiß man nicht. Das ist Geheimnis dieser Aufführung geblieben. Jedenfalls der Aufruhr war beträchtlich. Der Kollege fühlte sich beleidigt und auch gleich noch die ganze Pressefreiheit mit dazu. Die Frankfurter Oberbürgermeisterin mischte sich ein und nötigte die Intendantin des Frankfurter Schauspiels, den Schauspieler, der das angerichtet hatte, zu entlassen. (…) Also ein Super-Skandal, und eigentlich über ein Thema und ein Stück, das vielleicht mal zur Entstehungszeit 1970 ein Skandal gewesen war, allerdings in dieser Aufführung dann weiter eigentlich gar nicht wahrgenommen worden ist.
von Billerbeck: Danach wollte ich gerade fragen. Also das klingt wie absurdes Theater, bloß nicht auf der Bühne, sondern jenseits von der Bühne. (…)
Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 26.4.2010 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.