Die schweigsame Magnatin
Die BMW-Erbin lebte zurückgezogen und verschwiegen in ihrer Wahlheimat in Hessen. Bescheidenheit prägte sie, sagen die einen. Zu zurückhaltend und schweigsam war sie, insbesondere in Sachen Aufarbeitung der NS-Geschichte ihres Firmen-Imperiums, sagen andere. Als Stifterin war sie hochgeehrt. Johanna Quandt ist im Alter von 89 Jahren gestorben.
Die BMW-Erbin Johanna Quandt galt als eine der reichsten Frauen Deutschlands. 1960 hatte die aus Berlin stammende Bürokauffrau mit Namen Johanna Bruhn den Industriellen Herbert Quandt geheiratet, den sie am Arbeitsplatz kennengelernt hatte. Nach seinem Tod 1982 erbte Johanna Quandt das Milliarden-Imperium der Familie, zu dem neben BMW auch zahlreiche weitere Unternehmen unter anderem der Chemie- und Pharmabranche gehörten. Johanna Quandt zog sich Ende der 1990er-Jahre aus dem operativen Firmengeschäft zurück und lebte zurückgezogen in Bad Homburg bei Frankfurt:
"Wir leben völlig normal. Wie viele andere Familien auch. Natürlich mit viel Verantwortung dahinter, es wird viel gearbeitet. Und ich glaube, es hat sich auch bewährt, dass wir in der Vergangenheit immer versucht haben, uns zurückzuziehen und nicht jeden Tag in den Schlagzeilen oder im Rampenlicht zu stehen, wenn das auch nicht immer heutzutage ganz einfach ist."
Quandt-Fabriken und der Zweite Weltkrieg
Kritik bekam Johanna Quandt immer wieder von Historikern, die ihr vorwarfen, zur Geschichte der Quandt-Unternehmen im Zweiten Weltkrieg nicht deutlich genug Stellung genommen zu haben. Etwa zum Einsatz von Zwangsarbeitern in Quandt-Fabriken. Darauf wies vor einigen Jahren unter anderem die ARD-Dokumentation "Das Schweigen der Quandts" hin. Im Film, der eine Debatte auslöste, forderte Ralf Blank vom Historischen Zentrum Hagen von den Quandt-Erben folgende öffentliche Erklärung:
"Ich stehe dafür ein, dass KZ-Häftlinge unter unmenschlichen Bedingungen gestorben sind."
Für Aufsehen sorgten auch Johanna Quandts finanzielle Zuwendungen an die Politik. CDU und FDP erhielten von ihr Parteispenden über mehrere Hunderttausende Euro.
Manfred Schoch, der Vorsitzende des BMW-Gesamtbetriebsrates, betont jedoch, Johanna Quandt habe "auch bei unterschiedlichen Interessenlagen nie die Bodenhaftung verloren - und in schwierigen Zeiten die Anliegen der einfachen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Auge behalten."
Johanna Quandt als Stifterin
Bis zu ihrem Tod machte Johanna Quandt als Stifterin von sich reden. Die von ihr gegründete Johanna-Quandt-Stiftung vergibt alljährlich den mit 50.000 Euro dotierten Herbert-Quandt-Medien-Preis, einen renommierten Wirtschaftspreis für herausragende publizistische Arbeiten.
Zum 100. Geburtstag der Frankfurter Goethe-Universität im vergangenen Jahr stiftete Johanna Quandt allein 20 Millionen Euro für die wissenschaftliche Arbeit in der Mainmetropole.
In der Stiftung Charité, die sie zusammen mit dem gleichnamigen Berliner Universitätsklinikum ins Leben gerufen hatte, engagierte sie sich auch für die Medizin in ihrer Geburtsstadt. Ihr Großvater hatte dort einst als direkter Nachfolger von Robert Koch als Leiter des Hygiene-Instituts gewirkt. Im Alter von 89 Jahren starb Johanna Quandt nun in ihrer hessischen Wahlheimat.