Nachruf Dario Fo

"Ich spiele lieber den Clown als den Hamlet"

Dario Fo im Juni 2014 in Rom.
Dario Fo im Juni 2014 in Rom. © picture alliance / dpa / Riccardo De Luca
Von Jan-Christoph Kitzler, ARD-Studio Rom |
Der italienische Autor Dario Fo ist tot. Er starb im Alter von 90 Jahren in einem Mailänder Krankenhaus. Fo erhielt 1997 den Literaturnobelpreis. Er schrieb zahlreiche Theaterstücke, arbeitete als Schauspieler und Regisseur.
Als Dario Fo 1997 den Literaturnobelpreis bekam, war das ein kleiner Skandal. Es gab einige Kritiker, die diese Entscheidung nicht verstehen konnten. Dario hat sich das, im Interview mit dem ARD-Studio Rom vor ein paar Monaten, so erklärt:
"Für sie gab es eine Art Kaste von Schriftstellern, die vorgaben, das Recht zu haben, diesen Preis zu bekommen. Das Recht auf den Nobelpreis hatten nur die echten Literaten. Und dann kommt ein Schauspieler und gewinnt den größten Preis! Das hat gestört, viele haben sich sehr geärgert. So sehr, dass man sich hassen konnte."
Vielleicht liegt es daran, dass Dario Fo schon immer alle künstlerischen Grenzen gesprengt hat. Architektur hat er zuerst studiert, dann Kunst.

Skandale und Drohungen

Seit den 1950er-Jahren wurde er mit Franca Rahme, seiner Lebenspartnerin, der Schauspielerin zum kongenialen Paar. Ihre Inszenierungen am Piccolo Teatro in Mailand waren Skandale, Aufreger. Es ging um Politisches wie gerechte Preise, um offene Beziehungen, um Heilige. Es gab nicht Wenige, die das gesellschaftszersetzend fanden, für sie wurde Dario Fo eine Zeitlang zu einer Art Staatsfeind.
Dario Fo: "Irgendwann haben sie uns mit mehr Härte blockiert. Sie haben versucht, uns Bomben vors Theater zu legen, sie wollten uns abfackeln, gegen mich gab es rund 40 Prozesse, einen nach dem anderen. Auch gegen Franca. Und dann gab es die Gewalt gegen sie. Wir haben schreckliche Gewalt ertragen. Aber wir haben uns immer wieder erholt."
Im Fernsehen der italienischen RAI war Dario Fo 16 Jahre lang ausgesperrt – das änderte sich erst nach dem Nobelpreis 1997.

Politisches Engagement

Unerbittlich war Fo, wenn es um den Zustand Italiens ging. Zeitlebens kritisierte er Silvio Berlusconi und die Beseitigung der kritischen Kultur. In seinen letzten Lebensjahren engagierte er sich auch mit vielen öffentlichen Auftritten für die Fünf-Sterne-Bewegung von Beppe Grillo und kritisierte die Politik von Matteo Renzi und seinem Partito Democratico:
"Ich sehe schwarz, denn es fehlt die richtige und ehrliche Einbeziehung der Bürger. Versprechen werden nicht eingehalten. Es gibt keine Klarheit darüber, wer die Partei ist, die sich demokratisch nennen lässt. Und all das und dass man moralisch, zivil unehrlich ist, sorgt dafür, dass die Leute die Politik nicht mehr ertragen können."
Im März konnte er noch seinen 90. Geburtstag feiern. Da hat er der Stadt Verona seinen Nachlass vermacht. Dort kann man heute die enorme Schaffenskraft und die Vielseitigkeit, die Wut und manchmal auch Grobheit Dario Fos bewundern. Nicht nur seine Texte, auch Bilder, Puppen, Bühnenbilder, Kostüme.
Er sei nicht zum Theater gegangen, hat er bei der Verleihung des Literaturnobelpreises 1997 gesagt, um Hamlet zu spielen, sondern um ein Clown zu sein, ein Hanswurst.
Das wirkt vielleicht etwas seltsam, aber ich habe nicht gelebt, damit man sich an mich erinnert. Aber vielleicht könnte ich ja als der in Erinnerung bleiben, der seine Einfälle aus dem Morast gezogen hat, und auch das Naive das Unbedarfte.
Dario Fo ist jetzt in einem Mailänder Krankenhaus gestorben. Und Italien trauert um einen großen Künstler.
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