Der nüchtern-charismatische Maestro

Der Dirigent Lorin Maazel ist am Sonntag im Alter von 84 Jahren gestorben. Olaf Wilhelmer blickt zurück auf Maazels Werk. Der Amerikaner leitete unter anderem das Radio-Symphonie-Orchester Berlin und bis kurz vor seinem Tod die Münchner Philharmoniker.
"In einer Zeit der Spezialisten war Lorin Maazel der große Universalist", sagt unser Klassik-Experte Olaf Wilhelmer in der Tonart am Vormittag.
"Er war ein Musiker, der einfach alles konnte und dem jeder Stil sehr gut lag."
Auch technisch sei Maazel hervorragend gewesen. Bis ins hohe Alter hinein war er bei den großen Orchestern sehr gefragt. Erst vor zwei Jahren übernahm er die Leitung der Münchner Philharmoniker, im Juni dieses Jahres trat er von dem Amt zurück. Die Nachricht seines Todes kam dennoch unerwartet, Maazel habe "topfit" gewirkt.
"Er schien überhaupt keine Grenzen zu kennen," beschreibt Wilhelmer den 1930 in Frankreich geborenen Musiker.
"Jeder, der ihn mal auf der Bühne erlebt hat, wird sicher fasziniert gewesen sein von dem Charisma, das aber wirklich ein 'technisches Charisma' war: Er war überhaupt nicht der Typ von Maestro, der ins Schwitzen kommt, der groß rumfuchtelt. Er blieb immer ganz klar, ganz nüchtern, ganz kühl an seinem Platz stehen. Er konnte den Musikern mit seinen Gesten selbst die kompliziertesten Partituren ganz natürlich vermitteln."
Hymne im Bayern-Trikot
Musikalisch war Maazel überall zu Hause:
"Er war überhaupt nicht der Dirigent, der eine besondere Vorliebe oder einen besonderen Schwerpunkt zu haben schien. Er ist jemand gewesen, der das Repertoire in seiner ganzen Breite abgedeckt hat."
Er habe sehr bewusst Bezug genommen auf Orte und Orchester, erzählt Olaf Wilhelmer. In München etwa habe er das Repertoire der Philharmoniker stark erweitert.
Zu München hatte Lorin Maazel ohnehin ein enges Verhältnis – genauso wie zum Sport.
"Als im vergangenen Jahr der FC Bayern München ins Finale der Champions League eingezogen war, hat er im Bayern-Trikot in der Münchner Philharmonie eine Hymne dirigiert und dem Verein damit Glück gewünscht."