"Nachtschicht"-Regisseur: Gute Quoten helfen "natürlich"
Der Regisseur Lars Becker spricht über seine Begeisterung zum Film, die "Nachtschicht"-Krimis - und Quotendruck. Alle bisherigen Folgen der ZDF-Reihe hätten sechs Millionen Zuschauer gehabt, sagt Becker.
Gabi Wuttke: "Reise in den Tod" - so heißt die zehnte Folge der "Nachtschicht"-Krimiserie, die heute zuerst in ZDFneo und am kommenden Montag im Hauptprogramm des Zweiten Deutschen Fernsehens zu sehen ist. Lars Becker hat konzipiert, womit sich Barbara Auer, Minh-Khai Phan-Thi, Peter Kremer und Armin Rohde die Nacht um die Ohren schlagen müssen, denn das ist das Prinzip der eineinhalb Stunden. Bis zum Morgengrauen gilt es, mehr als einen Fall zu lösen. In der dreifachen Funktion des Entwicklers, Drehbuchautors und Regisseurs von "Nachtschicht" begrüße ich Lars Becker am Telefon. Guten Morgen!
Lars Becker: Guten Morgen! Hallo.
Wuttke: Kam das Genre Krimi eigentlich zu Ihnen oder Sie zum Krimi?
Becker: Das kam, glaube ich, zu mir. Schon in frühen Jahren habe ich ziemliche Begeisterung empfunden für den Film "noir" und für den französischen Kriminalfilm, und insofern bin ich eigentlich froh, dass ich jetzt in der privilegierten Lage bin, dann auch die "Nachtschicht" so zu verfilmen, wie das jetzt der Fall ist.
Wuttke: Dass Sie aus mehreren Perspektiven erzählen, ist aber eher eine Erfindung, wenn man es mal jetzt aufs Fernsehen überträgt, amerikanischer Serien. Was hat Sie denn so fasziniert, dass Sie gesagt haben, das will ich auch machen?
Becker: Krimi, das ist ja unser Tagesgeschäft sozusagen im deutschen Fernsehen, und um diesem Genre vielleicht auch eine andere Facette zu geben, oder eine andere Note, und vielleicht den Horizont ein bisschen zu erweitern – das war an sich der Hintergrund der "Nachtschicht" -, dass man da vielleicht multipler erzählen kann, was die Amerikaner einem schon vorgemacht hatten und wovon man im Allgemeinen ja begeistert war, war das eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass man das vielleicht einfach selber dann macht. Es ist ja eigentlich so, dass wir im Regelfall einfach ein deutsches Krimifernsehen haben, in dem zwei Kommissare einen Mord aufklären und sozusagen, jetzt mal flapsig gesagt, fragen, wo waren sie um 17 Uhr - um da jetzt mal ein anderes Gegenmodell zu entwickeln, nicht weil das andere schlecht ist, sondern weil man eigentlich vielleicht einfach mal in dem Genre auch noch mal eine andere Facette zeigen will.
Wuttke: Nun gibt es ja bei ZDF und ARD nicht wirkliche Wagnisse. Manches darf sein, aber wenn die Quoten nicht stimmen, dann können auch die künstlerisch größten Experimente nichts werden, weil sie abgesetzt werden. Jetzt müssen Sie uns erklären, was Ihren grünen Daumen ausmacht.
Becker: Ja die Quote auf jeden Fall auch.
Wuttke: Ja eben drum!
Becker: Ja, natürlich. Nein, es war von Anfang an so, dass das eine ziemliche Beliebtheit so gefunden hat, und da war ich auch froh, dass die mir nicht alles auf dem Tisch sozusagen konzipieren. Aber die Quote dann, die dann dazu kam, die half natürlich. Wir hatten jetzt eigentlich in allen "Nachtschicht"-Folgen sechs Millionen, und das war jetzt für ein Format, was sozusagen alternativ entwickelt wurde, natürlich sehr, sehr gut und das hilft einem dann natürlich auch.
Wuttke: Wie lange geben Sie sich eigentlich Zeit für eine Folge, um diese unterschiedlichen Fäden, die Psychologie, den Ort und die Zeit zu einem Ganzen zusammenzufrickeln?
Becker: Ich bin ja jemand, der relativ viel recherchiert. Ich treffe mich dann mit ziemlich vielen Leuten, einfach weil das ja auch Bestandteil der "Nachtschicht" ist, dass man in verschiedenen Milieus eintaucht – ob es jetzt eine Schuhverkäuferin ist, oder ein Killer. Das ist sicherlich erst mal die erste Voraussetzung, das dauert irgendwie vielleicht zwei, drei Wochen. Und dann brauche ich vielleicht zwei Monate, um das Buch dann zu entwickeln.
Wuttke: Das heißt, Sie haben irgendwann, wie man das so gemeinhin sagt, nachts einen Traum, oder sitzen beim Kaffee und haben eine Idee, und dann fangen Sie an, ganz unterschiedliche Geschichten - denn das macht ja auch den Erfolg von "Nachtschicht" aus - zusammenzusetzen. Ist es Ihnen dabei wichtig, dass auf den ersten Blick überhaupt keine Beziehung des einen zum anderen gemacht werden kann? Ist das für Sie der Angelpunkt, sich zu überlegen, okay, das kriege ich zusammen, und das kriege ich auch in eineinhalb Stunden?
Becker: Ausgangspunkt jetzt zum Beispiel der "Nachtschicht" 10 war einfach Menschenhandel, und da hatte ich schon recherchiert für ein Kinoprojekt, und da hat sich das eigentlich sofort so ergeben, dass man einfach an so einem Ausgangspunkt den Angelhaken auswirft. Und dann war es irgendwie Götz George, der gesagt hat, das spiel’ ich, da habe ich Lust zu, und das war natürlich großartig, einen der besten deutschen Schauspieler zu gewinnen für ein Projekt, was für ihn vielleicht auch n och mal eine andere Farbe war, weil er sicherlich so eine Rolle auch noch nicht in der Form gespielt hat. Und das andere ergibt sich dann sehr, sehr schnell, weil man natürlich oder ich dann jetzt bei der zehnten "Nachtschicht" auch über genügend Ressourcen verfüge, auf die ich dann schnell zurückgreifen kann.
Wuttke: Herr Becker, wir würden es auch nicht weitertratschen. Aber haben Sie Götz George angerufen, oder er Sie?
Becker: Nein, ich habe Götz George angerufen und habe ihm das Projekt vorgeschlagen, weil wir schon mal zusammen im Gespräch waren, das aber aus ganz anderen Gründen gescheitert ist, hat er sich das angeschaut und hat dann zugesagt, und das fand ich natürlich super.
Wuttke: Und kommen dann Stars wie auch Götz George und sagen dann, Mensch, Lars, das sind ja endlich mal ordentliche Fernsehdialoge?
Becker: Also ich glaube, ein anspruchsvoller Schauspieler wie Götz George oder auch Barbara Auer oder Armin Rohde, das sind natürlich auch Leute, die sich auch einbringen und auch natürlich irgendwie kritikfähig sind, aber auch Kritik üben, und ich glaube, dass das auch eine Plattform ist, auf der man dann so eine "Nachtschicht" auch entwickeln kann.
Schauspieler wollen einfach auch beteiligt werden und haben einfach auch Lust, auch wenn es nur kleinere Rollen sind, haben einfach Lust, eine gute Performance irgendwo zu haben, und das ist einfach auch ein bisschen der Schlüssel für die vielfach sehr, sehr gute Besetzung, die uns gelungen ist. Aber wie gesagt, das geht alles gar nicht, wenn man nicht eine richtig gute Produktion hat und auch einen Sender, der einen den Rücken frei hält, und das ist etwas, was ich auch nicht vergesse und auch nicht vergesse, mich dafür zu bedanken.
Wuttke: Lars Becker, der Regisseur und Drehbuch-Autor der "Nachtschicht". "Reise in den Tod" läuft heute um 21.50 Uhr in ZDFneo und am kommenden Montagabend im Hauptprogramm des Zweiten Deutschen Fernsehens. Und Ihnen wünsche ich viel Vergnügen beim Schreiben der elften Folge.
Becker: Ja, vielen Dank. Sehr nett! Dankeschön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Lars Becker: Guten Morgen! Hallo.
Wuttke: Kam das Genre Krimi eigentlich zu Ihnen oder Sie zum Krimi?
Becker: Das kam, glaube ich, zu mir. Schon in frühen Jahren habe ich ziemliche Begeisterung empfunden für den Film "noir" und für den französischen Kriminalfilm, und insofern bin ich eigentlich froh, dass ich jetzt in der privilegierten Lage bin, dann auch die "Nachtschicht" so zu verfilmen, wie das jetzt der Fall ist.
Wuttke: Dass Sie aus mehreren Perspektiven erzählen, ist aber eher eine Erfindung, wenn man es mal jetzt aufs Fernsehen überträgt, amerikanischer Serien. Was hat Sie denn so fasziniert, dass Sie gesagt haben, das will ich auch machen?
Becker: Krimi, das ist ja unser Tagesgeschäft sozusagen im deutschen Fernsehen, und um diesem Genre vielleicht auch eine andere Facette zu geben, oder eine andere Note, und vielleicht den Horizont ein bisschen zu erweitern – das war an sich der Hintergrund der "Nachtschicht" -, dass man da vielleicht multipler erzählen kann, was die Amerikaner einem schon vorgemacht hatten und wovon man im Allgemeinen ja begeistert war, war das eigentlich nur eine Frage der Zeit, dass man das vielleicht einfach selber dann macht. Es ist ja eigentlich so, dass wir im Regelfall einfach ein deutsches Krimifernsehen haben, in dem zwei Kommissare einen Mord aufklären und sozusagen, jetzt mal flapsig gesagt, fragen, wo waren sie um 17 Uhr - um da jetzt mal ein anderes Gegenmodell zu entwickeln, nicht weil das andere schlecht ist, sondern weil man eigentlich vielleicht einfach mal in dem Genre auch noch mal eine andere Facette zeigen will.
Wuttke: Nun gibt es ja bei ZDF und ARD nicht wirkliche Wagnisse. Manches darf sein, aber wenn die Quoten nicht stimmen, dann können auch die künstlerisch größten Experimente nichts werden, weil sie abgesetzt werden. Jetzt müssen Sie uns erklären, was Ihren grünen Daumen ausmacht.
Becker: Ja die Quote auf jeden Fall auch.
Wuttke: Ja eben drum!
Becker: Ja, natürlich. Nein, es war von Anfang an so, dass das eine ziemliche Beliebtheit so gefunden hat, und da war ich auch froh, dass die mir nicht alles auf dem Tisch sozusagen konzipieren. Aber die Quote dann, die dann dazu kam, die half natürlich. Wir hatten jetzt eigentlich in allen "Nachtschicht"-Folgen sechs Millionen, und das war jetzt für ein Format, was sozusagen alternativ entwickelt wurde, natürlich sehr, sehr gut und das hilft einem dann natürlich auch.
Wuttke: Wie lange geben Sie sich eigentlich Zeit für eine Folge, um diese unterschiedlichen Fäden, die Psychologie, den Ort und die Zeit zu einem Ganzen zusammenzufrickeln?
Becker: Ich bin ja jemand, der relativ viel recherchiert. Ich treffe mich dann mit ziemlich vielen Leuten, einfach weil das ja auch Bestandteil der "Nachtschicht" ist, dass man in verschiedenen Milieus eintaucht – ob es jetzt eine Schuhverkäuferin ist, oder ein Killer. Das ist sicherlich erst mal die erste Voraussetzung, das dauert irgendwie vielleicht zwei, drei Wochen. Und dann brauche ich vielleicht zwei Monate, um das Buch dann zu entwickeln.
Wuttke: Das heißt, Sie haben irgendwann, wie man das so gemeinhin sagt, nachts einen Traum, oder sitzen beim Kaffee und haben eine Idee, und dann fangen Sie an, ganz unterschiedliche Geschichten - denn das macht ja auch den Erfolg von "Nachtschicht" aus - zusammenzusetzen. Ist es Ihnen dabei wichtig, dass auf den ersten Blick überhaupt keine Beziehung des einen zum anderen gemacht werden kann? Ist das für Sie der Angelpunkt, sich zu überlegen, okay, das kriege ich zusammen, und das kriege ich auch in eineinhalb Stunden?
Becker: Ausgangspunkt jetzt zum Beispiel der "Nachtschicht" 10 war einfach Menschenhandel, und da hatte ich schon recherchiert für ein Kinoprojekt, und da hat sich das eigentlich sofort so ergeben, dass man einfach an so einem Ausgangspunkt den Angelhaken auswirft. Und dann war es irgendwie Götz George, der gesagt hat, das spiel’ ich, da habe ich Lust zu, und das war natürlich großartig, einen der besten deutschen Schauspieler zu gewinnen für ein Projekt, was für ihn vielleicht auch n och mal eine andere Farbe war, weil er sicherlich so eine Rolle auch noch nicht in der Form gespielt hat. Und das andere ergibt sich dann sehr, sehr schnell, weil man natürlich oder ich dann jetzt bei der zehnten "Nachtschicht" auch über genügend Ressourcen verfüge, auf die ich dann schnell zurückgreifen kann.
Wuttke: Herr Becker, wir würden es auch nicht weitertratschen. Aber haben Sie Götz George angerufen, oder er Sie?
Becker: Nein, ich habe Götz George angerufen und habe ihm das Projekt vorgeschlagen, weil wir schon mal zusammen im Gespräch waren, das aber aus ganz anderen Gründen gescheitert ist, hat er sich das angeschaut und hat dann zugesagt, und das fand ich natürlich super.
Wuttke: Und kommen dann Stars wie auch Götz George und sagen dann, Mensch, Lars, das sind ja endlich mal ordentliche Fernsehdialoge?
Becker: Also ich glaube, ein anspruchsvoller Schauspieler wie Götz George oder auch Barbara Auer oder Armin Rohde, das sind natürlich auch Leute, die sich auch einbringen und auch natürlich irgendwie kritikfähig sind, aber auch Kritik üben, und ich glaube, dass das auch eine Plattform ist, auf der man dann so eine "Nachtschicht" auch entwickeln kann.
Schauspieler wollen einfach auch beteiligt werden und haben einfach auch Lust, auch wenn es nur kleinere Rollen sind, haben einfach Lust, eine gute Performance irgendwo zu haben, und das ist einfach auch ein bisschen der Schlüssel für die vielfach sehr, sehr gute Besetzung, die uns gelungen ist. Aber wie gesagt, das geht alles gar nicht, wenn man nicht eine richtig gute Produktion hat und auch einen Sender, der einen den Rücken frei hält, und das ist etwas, was ich auch nicht vergesse und auch nicht vergesse, mich dafür zu bedanken.
Wuttke: Lars Becker, der Regisseur und Drehbuch-Autor der "Nachtschicht". "Reise in den Tod" läuft heute um 21.50 Uhr in ZDFneo und am kommenden Montagabend im Hauptprogramm des Zweiten Deutschen Fernsehens. Und Ihnen wünsche ich viel Vergnügen beim Schreiben der elften Folge.
Becker: Ja, vielen Dank. Sehr nett! Dankeschön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.