Nächtliches Kopfkino: Was passiert, wenn wir träumen?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit der Philosophin Petra Gehring und dem Schlafforsche+r Lennart Knaack. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
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Was passiert, wenn wir träumen?
79:11 Minuten
Im Traum können wir alles: Wir fliegen, verwandeln uns in Helden, erleben Abenteuer. Albträume können uns aber auch erschrecken. Und manchmal flüchten wir uns in einen Tagtraum. Warum träumen wir? Was erleben Sie in Ihren Träumen?
Träume faszinieren die Menschen seit Urgedenken, bis heute geben sie der Forschung aber auch Rätsel auf. Warum träumen wir? Sind Träume Abbild unserer innersten Wünsche und Sehnsüchte oder einfach nur eine Art nächtlicher Hausputz für unseren stressigen Alltag? Was lässt sich aus den Bilderwelten herauslesen? Wieviel Inspiration können wir daraus ziehen? Immerhin soll Mozart im Schlaf komponiert haben, Edgar Allan Poe oder Salvador Dalí ließen sich von Träumen inspirieren. Auch der Song "Yesterday" soll Paul McCartney im Schlaf eingefallen sein.
Dem Traumschlaf auf der Spur
"Wir können im Schaflabor sehen, in welcher Schlafphase sich jemand befindet", sagt Dr. Lennart Knaack. Der Mediziner ist Mitbegründer des Zentrums für Schlafmedizin und Schlafforschung Intersom in Köln. Träume passierten meist in der REM-Phase, die durch schnelle Augenbewegungen und eine höhere Hirnaktivität gekennzeichnet ist. "Wir können anhand der Augenbewegungen erkennen, dass jemand träumt." Man könne auch sehen, in welchem Hirnareal sich das Träumen abspielt. "Aber es ist immer noch die Frage, wozu wir diesen Traumschlaf brauchen. Träumen nur Menschen? Nein. Träumen tun alle Wirbeltiere, also muss es eine Funktion sein, die einen Vorteil in der Evolution hat."
Man wisse mittlerweile, dass Träume zur Gedächtnisverarbeitung beitragen, dass man im Traum Erlebtes verarbeitet. Viele Menschen fasziniere auch das Phänomen der Klarträume, bei denen man während des Traumes wisse, dass man träumt. Aber solche Prozesse seien sehr individuell. Letztlich sei das Träumen "ein hochgradig komplexes Gebilde", so der Schlafforscher.
Wo liegt die Grenze zwischen Realität und Traum?
"Mich fasziniert die Nichterklärbarkeit, Träume sind die offenen Flanken einer verwissenschaftlichten Welt", sagt Petra Gehring, Professorin für Philosophie an der TU Darmstadt. "Bestimmte Regeln des Wachzustandes sind außer Kraft gesetzt. Unsere Vorstellung von Realität wird in Frage gestellt, wenn wir uns vor Augen führen, dass wir einen Großteil unseres Lebens irgendwo anders sind."
Aber wo liegt die Grenze zwischen Realität und Traum? Wer definiert sie? Dieser Frage geht die Philosophin unter anderem in ihrem Buch "Traum und Wirklichkeit. Zur Geschichte einer Unterscheidung" nach. Dabei schlägt sie einen weiten Bogen von der Antike bis zur modernen Hirnforschung. "Man hat in der Antike ganz anders geträumt und geschlafen – auch, was die Dauer angeht – als im christlichen Mittelalter, in der Neuzeit und heute."
Doch bei allen Versuchen der Menschen, die Traumwelt zu enträtseln, bleibe sie "ein letzter Rest der Anarchie", so Petra Gehring. "Es sind Zustände und Erfahrungen, die extrem intim sind und die wir nicht teilen können."
(sus)