Nahost-Konflikt

"Die Hamas hat intern große Probleme"

Hamas Palästinenser
Anhänger der Hamas protestieren gegen Israels Luftangriffe auf den Gaza-Streifen. © dpa / picture alliance / Mohammed Saber
Moderation: Kirsten Lemke |
Der Schlüssel zum Frieden könnte ein Angebot Ägyptens an die Hamas-Führung sein, meint der Grünen-Politiker Volker Beck. Die radikalen Palästinenser müssten sich "unter Umständen eben Hilfe von außen holen".
Kirsten Lemke: Ein Bericht von Bettina Marx. Mitgehört hat Volker Beck, er ist Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe und Bundestagsabgeordneter von Bündnis90/Die Grünen. Guten Tag, Herr Beck!
Volker Beck: Guten Tag!
Lemke: Herr Beck, im Moment haben wir eine sehr festgefahrene Situation im Nahen Osten. Keine der beiden Seiten will auf Gewalt verzichten. Und Sie haben gesagt kürzlich, dass man jetzt alle Kanäle nutzen muss, um auf die Hamas einzuwirken, damit sie aufhört, Israel zu bombardieren. Und Sie haben auch Zweifel daran geäußert, dass die Hamas überhaupt ein Interesse daran hat, den Kampf einzustellen. Haben Sie denn den Eindruck, dass Israel ein Interesse daran hat? Denn schließlich hat ja Premier Netanjahu gesagt, dass eine Feuerpause im Moment nicht in Frage kommt.
Beck: Vor Eskalation der Gewalt hat Israel erklärt, dass es zu einem Waffenstillstand bereit ist, wenn der Bombardierung aus dem Gaza-Streifen, von israelischem Territorium ein Ende gesetzt wird. Und auch trotz seiner harschen Worte hat Netanjahu auch in den letzten Tagen immer wieder gesagt, das Ziel der Operation sei das Ende des Beschusses von Israel. Das heißt, wenn Hamas erklären würde, dass sie den Beschuss einstellen und auch dieses gewillt sind, durchzusetzen, dann sehe ich schon Chancen, um zu dem Waffenstillstand zu kommen, den wir seit 2012 grundsätzlich hatten.
Das Problem war ja vorher, dass die Hamas ein bisschen falsch gespielt hat. Sie hat sich zum Teil der Raketenbeschüsse aus dem Gaza-Streifen gegen Israel anfangs nicht bekannt und so getan, also ob sie da nichts damit zu tun hat, aber sie hat ja faktisch die Macht im Gaza-Streifen und muss dann auch den Mut haben, gegen Gruppen vorzugehen, die womöglich nicht unter ihrem Kommando stehen und Israel dennoch beschießen. Und das wurde in der Vergangenheit eben nicht durchgesetzt und man hat da auch ein bisschen damit gespielt vonseiten der Hamas-Führung, und das will Israel nun aus verständlichen Gründen nicht akzeptieren. Unter Umständen muss die Hamas sich da auch eben Hilfe von außen holen, um das durchzusetzen, wenn sie da nicht alleine dazu in der Lage ist.
Lemke: Beide Seiten reklamieren aber für sich, dass sie reagieren. Wie kommt man denn da raus, aus diesem Teufelskreislauf?
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Der Grünen-Politiker Volker Beck© picture alliance / dpa / Maurizio Gambarini
Beck: Ja, man kommt nur raus, indem man eben auf einen Waffenstillstand hin orientiert, und nicht darüber rechtet, wer wann wie angefangen hat, weil es gab ja immer wieder Raketenabschüsse aus dem Gaza-Streifen, und es gab auch immer wieder Reaktionen von Israel. Dieser Streit ist am Ende auch müßig. Wichtig ist, das Leben der Zivilisten zu schützen und zu einer Waffenruhe zu kommen.
Lemke: Im Moment hält sich aber die internationale Staatengemeinschaft auffällig zurück. Welche Möglichkeiten sehen Sie denn überhaupt, da jetzt im Moment zu vermitteln, und was kann möglicherweise Deutschland da tun?
Beck: Also eigentlich hat lediglich Ägypten etwas in der Hand, um auf die Hamas Einfluss zu nehmen. Bloß Ägypten hat aktuell offensichtlich kein eigenes Interesse, weil sie die Hamas und die Muslimbrüder im eigenen Land bekämpft. Aber die Hamas hat intern große Probleme, weil die Situation auch vor der Eskalation der Gewalt im Gaza-Streifen relativ schlecht war, weil Ägypten seine Grenzen zum Gaza-Streifen vollständig geschlossen hat. Und da liegt womöglich auch der Schlüssel eines Angebots, das Ägypten der Hamas-Führung machen könnte, wenn sie einem Waffenstillstand zustimmen.
Lemke: Einschätzungen von Volker Beck. Er ist Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe. Danke schön, Herr Beck!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
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