Vom Kartoffelfeld ins Weltraum-Testlabor
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Die Eltern waren Wanderarbeiter aus Mexiko, die Tochter ist ein Star der Weltraumforschung. Marleen Martinez Sundgaard arbeitet bei der NASA und stellt im "schönsten Sandkasten für Erwachsene" jedes Detail der derzeitigen Marsmission nach.
Marleen Martinez Sundgaard begrüßt die Besucher, die sich die Simulation von Raumfahrt-Missionen in dem sogenannten Testbett der NASA ansehen wollen. Oder wie die leitende Ingenieurin des Labors sagt: "In einem Sandkasten mit wirklich coolem Spielzeug".
Stolz zeigt Martinez Sundgaard auf maßstabgetreue Modelle für die Erforschung des roten Planeten. Sie ist nur etwas größer als die Insight-Sonde, knapp eins sechzig. Ihr dunkles Haar fällt offen über den weißen Laborkittel, der fast bis zu ihren Knöcheln reicht.
"Ein Sandkasten mit wirklich coolem Spielzeug"
Darunter schauen Jeans und weiße Turnschuhe hervor. Enthusiastisch erzählt die 35 Jahre alte Ingenieurin von ihrer Arbeit: testen, was die Sonde und ihre Instrumente auf dem Mars tun sollen. Dafür müssen die Modelle haargenau so positioniert sein, wie auf dem roten Planeten.
"Kaum waren wir gelandet, mussten wir herausfinden, ob wir flach stehen oder gekippt, wie groß die Neigung ist und ob wir uns noch bewegen. Als wir die Daten hatten, haben wir alles genau nachgebildet."
Dafür schieben Martinez Sundgaard und ihr Team die grauen Granat-Kiesel - oft auf den Knien - in die richtige Position. Statt von endloser Weite sind sie dabei von Messgeräten, Scheinwerfern und Kameras umgeben. Oft arbeiten sie nachts, damit alles parat ist für Entscheidungen, wenn die Ingenieure im Kontrollraum morgens zur Arbeit kommen.
"Wir nennen uns Testbett-Kobolde weil uns niemand sieht und auf wundersame Weise am Morgen alle Daten da sind. Das ist gut für sie, aber nicht immer für meinen Schlaf."
Vom Kartoffelfeld zur NASA
Die Nasa hat ein Video mit der Laborleiterin gemacht, die davon träumt, selbst einmal auf dem Mars zu stehen und davon, wie ihr Vater ihr und ihren vier Geschwistern im Garten die Sterne zeigte.
Inzwischen hat Martinez Sundgaard selbst einen zweieinhalb Jahre alten Sohn mit ihrem Mann, der auch bei der Nasa arbeitet. Sie ist ein aufsteigender Star unter den Frauen in der Weltraumforschung, spricht auf Podien, in Schulen und einem Podcast über Weltraummissionen und den Mumm der Menschen, die dahinter stehen.
Die Eltern von Martinez Sundgaard waren Wanderarbeiter in Kartoffelfeldern an der US-Westküste. Martinez arbeitete in den Ferien und an Wochenenden mit ihnen. Vom Sonnenaufgang bis nachmittags. Drei Monate im Jahr lebte die Familie in Mexiko, in einem kleinen Ort nahe der Grenze zu Texas.
"Dort zur Schule zu gehen war auch schwer. Ich spreche genug Spanisch um mich zu unterhalten, aber nicht zum Beispiel um Biologie zu verstehen. Ich habe alles aufgeschrieben und dann zu Hause meinen Vater gefragt, was es bedeutet."
Noch etwas anderes unterschied Marleen von Freundinnen und Klassenkameraden. Ihr Mund zuckte unkontrollierbar. Ihre Augen zwinkerten, ohne dass sie es beeinflussen konnte und sie wiederholte ganze Sätze, ohne dass sie es wollte. Erst als junge Frau verstand sie, dass sie eine Krankheit hatte: das Tourette Syndrom. Heute ist die Weltraum-Ingenieurin Vorstandsmitglied einer Organisation für Kinder und Jugendlichen mit der neuro-psychiatrischen Erkrankung.
"Es macht unheimlich Spaß, ihnen zu erzählen, was ich tue, vom Raumfahrtprogramm, von meinem Beruf. Ich sage ihnen, dass das Tourette Syndrom sie bei nichts, was sie erreichen wollen, im Weg stehen muss."
Traumberuf: Astronautin
Martinez Sundgard ist dafür das beste Beispiel. Sie gibt ihren Traum, Astronautin zu werden nicht auf. Dreimal wurde ihre Bewerbung fürs Astronautenprogramm abgelehnt. Sie versucht es weiter. Schließlich hat sie es schon von den Kartoffelfeldern zu einem vollen Uni-Stipendium geschafft. Und zur Nasa. Dank harter Arbeit und Zielstrebigkeit.
"Ich wollte nicht zurück in die Ernte, Hotelzimmer putzen oder andere verrückte Jobs haben."
2020 kann und wird sie sich wieder bewerben. Bis dahin sorgt Marleen Martinez Sundgaard weiter dafür, dass alles im Testbett bereit ist für die nächsten Kommandos zum Mars.