Eine Sache, die ich beim Lesen mag und jetzt auch beim Schreiben ist die, dass das einem ein Fenster öffnet und neue Geschichten zeigt, neues Leben, neue Menschen. Und wenn es vielleicht auch nicht immer gelingt, Empathie zu erzeugen, so schafft das Schreiben und das Lesen doch eine Gelegenheit, Verständnis zu erzeugen und Standpunkte zu teilen.
Natasha Brown: "Zusammenkunft"
Natasha Brown hat lange im Londoner Finanzwesen gearbeitet, bevor sie Schriftstellerin wurde. © Suhrkamp Verlag
Schwarzsein in der britischen Upper Class
13:08 Minuten
Nur 113 Seiten hat "Zusammenkunft", der gefeierte Debütroman von Natasha Brown. Doch die haben es in sich: Es geht um Liebe, Rassismus und die Klassengesellschaft in Großbritannien.
Die namenlose Protagonistin in dem Roman "Zusammenkunft" hat viel mit der Autorin Natasha Brown gemeinsam. Sie ist eine schwarze Frau, die sich erfolgreich in der Londoner Hochfinanz nach oben gekämpft hat.
Doch im Gegensatz zu der Schriftstellerin, die seit 2019 vom Schreiben leben kann, macht die Hauptfigur dort weiter Karriere – und scheint dank einer Beziehung mit einem Mann aus der britischen Upper Class auch in der Gesellschaft voranzukommen.
Ihr sei es darum gegangen zu zeigen, wie sich die britische Klassengesellschaft durch den Aufstieg des IT- und Finanzsektors verändert, sagt Brown: sowohl durch Aufstiegsgeschichten als auch eine neue Stellung des Geldadels.
Um ihre Vision aufs Papier zu bringen, hat Brown eine ungewöhnliche Form gewählt. Auf 113 Seiten spielt sie mit Textsorten. Mal sind es nur kurze Szenen, dann wiederum fast essayistische Exkurse, die sich zu einem großen Ganzen zusammenfügen.
Ein Fenster für Neues öffnen
Die Autorin beschreibt das als ein "Hineinzoomen" in das Leben der Protagonisten. Die Leseerfahrung solle dabei nicht hyperreal sein, sondern sich möglichst wie ein realistisches Gedankenbild anfühlen.
Die Geschichte einer schwarzen Frau in einem konkurrenzreichen Geschäftsgebiet mit einer Beziehung zu einem Mitglied der Upper Class bietet naturgemäß viele Reibungspunkte. Doch Brown ist Realistin. Ein einzelner Roman könne natürlich nicht Rassismus und Klassismus besiegen: