Nationales Musikforum in Wroclaw

Echte Gemeinschaft in der Konzerthalle

Das Nationale Musikforum Breslau
Das Nationale Musikforum Breslau © Łukasz Rajchert
Von Arkadiusz Luba |
2000 Veranstaltungen jährlich, neues Ensembles und Festivals, dazu ein umfassendes Bildungsprogramm: Das Nationale Musikforum in Wroclaw strahlt weit über die Grenzen Polens hinaus. Direktor Andrzej Kosendiak sieht im "Forum" einen Ort des Austauschs, nicht zuletzt mit Europa.
"Wir sind bereit und laden ein!", sagt Andrzej Kosendiak, nun auch Direktor des Nationalen Musikforums in Wrocław. Während das neue Konzerthaus bereits fünf Jahre gebaut wurde, initiierte er 2014 die Institution des Nationalen Musikforums.
"Wir brauchen es sehr! Der Saal der alten Philharmonie war für größere Werke nicht geeignet. Und da ich kein jammernder Typ bin, wollte ich etwas verändern. So waren Akustik und Architektur für das neue Gebäude entscheidend. Ich wollte aber auch das Musikleben in der Stadt weiterentwickeln."

Programmtipps: Das "Konzert" am heutigen Freitag bringt ab 20:03 Uhr eine Aufzeichnung aus dem Neues Musikforum in Wrocław. Die Sendung "Einstand" beschäftigt sich ab 22 Uhr damit, wie das Nationale Musikforum junge Künstler fördert.

Mit allen verkauften Karten ist es dem Nationalen Musikforum auch sichtbar gelungen. Das gespielte Musikspektrum reicht von Klassik bis hin zu Pop und Techno. Kosendiak, einst Kulturberater der Stadtverwaltung konnte alle von seiner Vision überzeugen.
"Der Stadtpräsident hat an die Form dieses Projekts geglaubt und es unterstützt. Viele junge, ausgezeichnet ausgebildete Musiker kommen hierher, um ihre künstlerischen Träume zu verwirklichen. Ich wollte, dass sich hier verschiedene Musikrichtungen treffen, dass hier die Pop-Musik auch anspruchsvoll und professionell gespielt wird."

Mehr als eine nationale Einrichtung

Das Angebot ist im Vergleich zu der alten Philharmonie um das 50-fache gesteigert. 2000 Veranstaltungen werden jedes Jahr organisiert. Außerdem sind neue Ensembles und Festivals entstanden, ein umfangreiches Bildungsprogramm wird für jede Altersgruppe ausgerichtet. Kosendiak ist stolz auf sein Projekt:
"Als ich vor elf Jahren Direktor der Philharmonie wurde, zählte das Orchester 89 Mitglieder, dazu Techniker und das Festival Wratislavia Cantans. Heute sind das neun Festivals der neuen, Alten und Jazzmusik. Wir haben ein Kammer- und Barockorchester, einen großen und einen Knabenchor und eine Reihe von Kammermusikensembles."
… und das ist lange nicht alles. In Wrocław spielten bereits internationale Ensembles wie die Wiener Philharmoniker oder das London Symphony Orchestra. So mag der Name des Forums irreführen. Es ist keine nur nationale Einrichtung. "National" sollte in Opposition zu "regional" stehen, unterstreicht Direktor Kosendiak. Für ihn gab es aber auch andere Gründe für den Namen.
"Ein Forum ist ein Ort, wo man sich trifft und austauscht. Und national? – Wir sollten uns fragen, was das bedeutet, ein Breslauer oder ein Europäer zu sein. Kunst und Kultur erklären, wer wir sind."

Hinter dem Nationalen Musikforum versteckt sich auch ein Label. Gerade ist ein CD-Album erschienen, das erstmals in den neuen Räumen aufgenommen wurde. Kosendiak ist dabei wahrscheinlich der einzige Dirigent, der seine Schuhe auszieht und seine Musiker in Socken führt:
"Fünf Musiker und ich wollten uns dabei ganz uneingeschränkt fühlen. Wir sind enge Freunde, unser Verständnis der Musik ist ähnlich. So wollten wir uns ganz allein der Musik widmen. Die Aufnahme war dank dem neuen Saal und der außergewöhnlichen Musik sehr emotional. Die Akustik hat uns inspiriert und verzaubert."
Andrzej Kosendiak, Direktor des Nationalen Musikforums in Wrocław
Andrzej Kosendiak, Direktor des Nationalen Musikforums in Wrocław© Łukasz Rajchert

Ein Raum für die Schönheit des Lebens und der Musik

Fasziniert von der Alten Musik, entschied sich Kosendiak für Bartłomiej Pękiel, einen Komponisten des polnischen Barocks. Den Kern von Pękiels Werk bilden der religiöse Gesang und vokal-instrumentale Stücke. Unter ihnen sind Messen und Motetten. Warum gerade dieses Repertoire?
"Es ist einfach meisterhaft geschrieben, aber wenig bekannt. Seine Musik fordert die Musiker heraus. Sein polyphoner Stil erinnert an den italienischen Renaissance-Komponisten, Giovanni da Palestrina. Es ist wie eine Suche nach neuen Perspektiven, wie eine Entdeckungsreise."

Knappe 400 Meter von dem Musikforum entfernt beginnt das Viertel der vier Konfessionen – eine andere Besonderheit Wrocławs, wo Juden, Katholiken, Protestanten und Griechisch-Orthodoxe friedlich miteinander leben und gemeinsame Projekte im Geiste der Ökumene organisieren, sich hier treffen und austauschen. Ähnlich sieht es auch Tateo Nakajima aus New York, der den Konzertsaal akustisch begleitete.
"Eine Konzerthalle ist etwas Wunderbares. Darin können wir die Schönheit des Lebens mit anderen und mit den Künstlern teilen. Sie ist ein Raum, in dem wir eine echte Gemeinschaft bilden, auch durch unsere Erfahrungen."
Das Nationale Musikforum in Wrocław – ein Raum für die Schönheit des Lebens und der Musik.
Konzertsaal im Musikforum Breslau
Konzertsaal im Musikforum Breslau© Łukasz Rajchert