Nationalversammlung

Frankreich stimmt über Palästinenserstaat ab

Palästinenserinnen gehen durch Ramallah.
Palästinenserinnen gehen durch Ramallah. © picture alliance / dpa
Von Ursula Welter |
Das französische Parlament stimmt über die einseitige Anerkennung eines Palästinenserstaates ab. Auch wenn das nur ein symbolischer Akt ist: Die Stimmung in Frankreich ist ziemlich aufgeheizt.
Der konservative Abgeordnete Estrosi hielt am vergangenen Freitag in der "Assemblée Nationale" die Verfassung in die Höhe. Und erinnerte daran, dass das französische Parlament gar nicht für die Außenpolitik zuständig sei. Der Antrag auf Ende der Debatte wurde abgelehnt, der Entwurf der linken Regierungsmehrheit blieb auf dem Tisch, heute wird abgestimmt - nach emotionalen Redebeiträgen:
"Das einzige Ziel ist doch, Israel zu zerstören" , sagte der französisch-israelische Abgeordnete Mayer Habib mit tränenerstickter Stimme. "Anerkennung des Palästinenserstaates wäre eine radikale Änderung der diplomatischen Linie Frankreichs", sagte Pierre Lellouche für die konservative UMP und fragte rhetorisch in den Raum: "Wird diese Resolution die innerfranzösische Debatte beruhigen?"
Die Spannungen zwischen muslimischer und jüdischer Bevölkerung Frankreichs hatten zuletzt zugenommen. Im Sommer gab es in Paris als Reaktion auf den Gaza-Konflikt schwere Ausschreitungen. Synagogen wurden angegriffen, Todesdrohungen gegen Juden ausgesprochen.
Vor diesem Hintergrund hatte der israelische Botschafter in Paris das französische Parlament vor der Erklärung zur einseitigen Anerkennung des Palästinenserstaates gewarnt. Das erschwere nicht nur den diplomatischen Prozess, schrieb Yossi Gal in einem Namensartikel in der Zeitung "Libération". Dies sei das falsche Signal angesichts des anhaltenden Terrors durch Hamas, aber auch das falsche Signal für die jüdische Bevölkerung in Frankreich, die der Bedrohung durch Attentate ebenso ausgesetzt sei wie Israel.
Antisemitismus in Frankreich ist "hausgemacht"
Der Fraktionschef der Sozialisten hielt im französischen Parlament dagegen: Der Antisemitismus in Frankreich habe nichts mit dem Nahostkonflikt zu tun, er sei hausgemacht, also "französisch", sagte Bruno le Roux.
Außenminister Laurent Fabius versuchte, die Wogen zu glätten: "Frankreich ist zugleich Freund des israelischen und des palästinensischen Volkes." Und trete für die Zweistaatenlösung ein. "Die logische Konsequenz dieser Position ist, dass Frankreich den Palästinenserstaat anerkennen wird. Die Frage, die sich stellt, ist also keine Prinzipienfrage, sondern eine Methodenfrage, die Frage nach dem Wann und dem Wie."
Das französische Parlament jedenfalls könne das nicht entscheiden, enttäuschte der Außenminister manche Illusionen: "Das Parlament kann sich zur Anerkennung des Palästinenserstaates äußern, aber unsere Verfassung sagt es knapp und deutlich: Außenpolitik ist Sache der Exekutive."
Die heutige Abstimmung wird somit nur von symbolischer Bedeutung sein. "Dennoch ist sie ein wichtiges Signal", sagte die Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Elisabeth Gigou: "Dieser Text ist ein Alarmschrei, bevor es zu spät ist."
Die französische Regierung setzt unterdessen vorerst noch auf Verhandlungen. Außenminister Fabius bot Paris als Ort einer Friedenskonferenz an und stellte klar, sollten die Nahost-Verhandlungen in den kommenden zwei Jahren zu keiner Lösung führen, dann werde Frankreich den Palästinenserstaat anerkennen. "Unverzüglich! Wir sind dazu bereit", sagte Fabius.