"Die Hirsche dachten, ich wäre einer von ihnen"
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Bekannt geworden ist Dominik Eulberg als Techno-DJ - mit Tracks, in denen neben synthetischen Sounds auch Vogelstimmen und Naturklänge zu hören sind. Inzwischen komponiert der Biologe Filmmusik, schreibt Bücher und engagiert sich im Naturschutz.
Vogelgesänge und synthetischen Sounds: Der Naturschützer und Techno-DJ Dominik Eulberg mag beides. Leise und laut – Biologie und Beats, das passt für ihn zusammen. So mischt er Vogelgezwitscher und elektronische Klänge und nennt das Ganze "Synthibirds".
"Das ist das Wunderbare an der elektronischen Musik, man kann jede erdenkliche Klangfarbe generieren. Das heißt, ich kann die Natur optimal damit abbilden. Und zum anderen ist elektronische Musik die instinktivste, die triebhafteste Musik, die am meisten über die Emotion geht und am wenigsten rational ist", sagt Eulberg.
"Was für ein geiler Synthesizer"
Als erster Techno-DJ experimentierte er in den 1990er-Jahren mit Naturklängen. Er nahm Vogelstimmen in seiner Heimat im Westerwald auf und mischte sie unter seine Musik. Viele vermuteten anfangs, es handele sich um Soundeffekte. "Die Leute dachten: Was hat der denn für einen geilen Synthesizer verwendet?"
Auch für die Wahl zum "Vogel des Jahres" hat der DJ Musik komponiert und Vogelstimmen in Noten transkribiert. 2021 fand die Wahl zum 50. Mal statt, zum Jubiläum wurde online abgestimmt. Am Ende gewann das Rotkehlchen.
Wollte Dominik Eulberg beim Goldregenpfeifer mit einer eher melancholischen Komposition noch darauf aufmerksam machen, dass die Art bedroht ist, kam es ihm beim Rotkehlchen darauf an, "die Virtuosität dieses Vogels darzustellen. Das ist ja ein enger Verwandter der Nachtigall, er schafft es auf 275 Strophen."
"Kleine Mikroorgasmen der Freude"
Ob als Musiker, als Dozent im Berliner Naturkundemuseum oder als Autor, die Naturverbundenheit von Dominik Eulberg drückt sich in all seinen Projekten aus. Sein aktuelles Buch heißt "Mikroorgasmen überall".
Dass man zunächst an einen Schreibfehler glaubt, zumindest aber über den Buchtitel stolpert, sei kein Zufall, meint der Biologe. Die Natur ist für ihn so "großartig, dass jede Zelle in mir schwingt. Und das kann ich einfach nicht anders benennen, als kleine Mikroorgasmen der Freude."
Naturverbunden ist Eulberg schon seit der Kindheit. Der heimische Westerwald war sein Spielplatz. In Bonn studierte er Biologie und Ökologie mit dem Schwerpunkt Naturschutz. Nach dem Studium ging er für ein Forschungsprojekt an die Müritz.
Eine notdürftige Behausung im Wald
Bald fehlte dort allerdings das Geld, wegen einer Haushaltssperre musste gespart werden. Eine Unterkunft konnte man Dominik Eulberg nicht mehr zahlen, er selber steckte kurz nach der Uni "knietief im Dispo". Also zog der Biologe allein in den Wald und baute sich eine notdürftige Behausung.
"Das war eine total spannende Erfahrung. Ich habe mich jeden Morgen am Bach gewaschen. Der Fischotter verlor immer mehr die Scheu, der Schwarzstorch kam immer näher. Irgendwann haben mich fast die Hirsche über den Haufen gerannt, weil die dachten, ich wäre einer von ihnen."
In den letzten Jahren hat besonders die Musik das Leben von Dominik Eulberg bestimmt. Er gründete sein eigenes Plattenlabel und war als Techno-DJ sehr erfolgreich auf Festivals unterwegs.
Im März 2020 hatte der 42-Jährige seinen bislang letzten Auftritt. Jetzt wartet er darauf, dass die Zwangspause endlich vorübergeht. Langweilig ist ihm in den vergangenen Monaten aber nicht geworden. Für die Dokumentation "Heimat Natur" hat er den Soundtrack produziert.
(ful)
Bei der Sendung handelt sich um eine Wiederholung vom 21.5.2021