Netflix-Doku "Pelé"

Fußballkönig mit Schattenseiten

07:29 Minuten
Ein Foto des brasilianischen Fußballstars Pelé in jungen Jahren. Er trägt das gelbe Trikot der brasilianischen Nationalmannschaft.
Das bewegte Leben von Pelé ist jetzt in einer Netflix-Doku zu sehen. © Courtesy Netflix
Von Anke Leweke |
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Pelé war ein Kind aus armen Verhältnissen und wurde als Fußballer zum Millionär und Superstar. Doch Brasiliens Fußballgott ließ sich auch zum Werkzeug der Militärdiktatur machen. Das werfen ihm ehemalige Weggefährten in einem neuen Dokumentarfilm vor.

Um was geht es?

Mit einem Rollator betritt er einen großen leeren Raum. Sein Gang ist aufrecht, seine Körperhaltung stolz. Er nimmt Platz auf einem Stuhl und lässt sein Leben Revue passieren: Pelé, der brasilianische Nationalheld, der König auf dem Platz und der erste Fußballmillionär. Teamkollegen, Trainer, Journalisten und seine Schwester kommen zu Wort.
Ihre Erinnerungen werden mit Archivmaterial und Fußballszenen ergänzt. Dennoch wird hier mehr als eine Fußball-Legende gefeiert. Es geht auch um Pelé als Marionette der Politik.

Was ist das Besondere?

Zunächst einmal wird die Geschichte des Jungen aus ärmlichen Verhältnissen erzählt, der, nachdem sein Vater die Arbeit verloren hat, auf der Straße Schuhe putzt. Es geht um das 17 Jahre alte Fußballtalent, das Brasilien 1958 in Schweden zur Weltmeisterschaft schoss. Mit diesem Sieg stieg auch das nationale Selbstbewusstsein im Land. Pelés Aufstieg ging einher mit dem wirtschaftlichen in seiner Heimat.
Mitte der Sechzigerjahre kommt es zu einem Militärputsch, die neuen Machthaber wollen sich ebenfalls im Glanz des gefeierten Fußballstars sonnen. 1969 trifft Pelé den Präsidenten und Anführer der Militärdiktatur, Emilio Garrastazu Médici, zu einem Fototermin. Mit breitem Lächeln begrüßt er sein Gegenüber. "Er habe sich für Politik nie interessiert", kommentiert Pelé diese Szene.
Sein ehemaliger Teamkollege Paulo César Lima sagt: "Nur eine Äußerung von Pelé gegen die Diktatur hätte viel bewirkt." Die Dokumentation wirft die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Politik und Fußball und nach der Mitläuferschaft von Pelé auf.

Bewertung

Das große Finale, der Showdown der Dokumentation, ist die WM 1970. Die Militärdiktatur mischt sich bei der Aufstellung der Mannschaft ein. Es sollte die letzte WM Pelés sein. Ein brasilianischer Journalist reist mit, er ist ein Linker, der insgeheim zu den gegnerischen Mannschaften hält: "Sobald Pelé den Ball hatte, konnte ich nicht anders als mitzufiebern."
Tatsächlich scheint auf dem Platz nur der Spieler zu zählen. Auch wenn man den Spielausgang gegen Italien kennt, der Zusammenschnitt wirkt wie live.

"Pelé"
Dokumentation. USA 2021
Regie: David Tryhorn und Ben Nicolas
Länge: 108 Minuten

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