Netflix-Film "Elisa und Marcela" auf der Berlinale

Starke Bildsprache, glatte Inszenierung

Die Schauspielerinnen Natalia de Molina und Greta Fernández mit Regisseurin Isabel Coixet (v.li.) beim Photocall zum Film "Elisa und Marcela" auf der Berlinale 2019.
Thema verschenkt: die Schauspielerinnen Natalia de Molina und Greta Fernández mit Regisseurin Isabel Coixet (v.li.) auf der Berlinale. © imago stock&people
Andreas Kötzing im Gespräch mit Marietta Schwarz · 13.02.2019
Die Aufführung von "Elisa und Marcela" auf der Berlinale war umstritten. Der Streit ging um die Frage, ob Filme von Streaming-Anbietern auf ein Kinofilm-Festival gehören. Unser Kritiker Andreas Kötzing redet lieber über die Qualität des Werks.
Der Film "Elisa und Marcela" erzählt die Geschichte von einer Liebe zwischen zwei Frauen in Spanien um 1900. "Zwei Frauen lernen sich bei ihrer Lehrerinnen-Ausbildung in einer Klosterschule kennen, und sie verlieben sich relativ schnell ineinander", berichtet unser Filmkritiker Andreas Kötzing.
Um zusammen sein zu können, nimmt eine der beiden die Identität eines Mannes an. So gelingt es ihnen zu heiraten. Regisseurin Isabel Coixet habe zwar eine starke Bildsprache gefunden, und auch tolle Motive, so Kötzing: "Aber am Ende sind diese Gestaltungsmittel etwas zu glatt und führen auch zu einem sehr oberflächlichen Umgang mit dem Thema. Ich habe lange überhaupt nicht verstanden, wofür sich die Regisseurin konkret interessiert." Die Reaktion des Publikums auf den Film sei dann auch eher verhalten gewesen, sagte Kötzing im Deutschlandfunk Kultur.

Lange und lüsterne Sexszenen

Nach Ansicht unseres Kritikers werden die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen erst sehr spät im Film thematisiert. Lange Zeit begnüge er sich damit, die Beziehung der beiden Frauen abzubilden - "lange und ein bisschen lüstern inszenierte Sexszenen" inklusive:
"Als es dann um die tatsächlichen sozialen Probleme geht, ist der Film relativ schnell klischeehaft. Da gibt es dann die Horde mit Forken und Schaufeln, die vor dem Fenster der beiden randaliert, als das Dorf von der lesbischen Beziehung erfährt. Unter dem Strich ist das Thema ein wenig verschenkt."
Proteste von Kinobesuchern gegen den von Netflix produzierten Film "Elisa und Marcela" auf der Berlinale 2019.
Proteste von Kinobesuchern gegen den von Netflix produzierten Film "Elisa und Marcela" auf der Berlinale 2019. © dpa
Den Streit um "Elisa und Marcela" als Netflix-Produktion auf einem Festival für Kinofilme hält Kötzing für entschieden: "Der Kampf gegen die Streaming-Anbieter wird auf Dauer nicht zu gewinnen sein. Die Festivals werden in Zukunft noch stärker auf deren Produktionen angewiesen sein." Die Lobby der Kinobetreiber sei letzlich zu klein. Außerdem: "Ich finde, an oberster Stelle sollte die Frage der Qualität stehen. Das wäre bei diesem Film die viel wichtigere Frage gewesen: Hat er überhaupt die Qualität, um im Wettbewerb gezeigt zu werden?"
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