Johannes Kuhn aus unserem Hauptstadtstudio kommentiert die Einführung des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes: Er erkennt den Handlungsbedarf an und erwartet zugleich massive Unschärfen bei der Weiterleitung verdächtiger Posts mitsamt der IP-Adressen des Absenders. Insgesamt sei das NetzDG ein wackliges Konstrukt.
Neues Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Rund 200 Beamtinnen und Beamten kümmern sich künftig beim BKA um strafbare Inhalte im Internet. © picture alliance / Zoonar / Ruslan Nesterenko
Strafbare Inhalte direkt zum BKA
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Mit dem NetzDG, dem Gesetz gegen Hass im Internet, war niemand zufrieden. Jetzt kommt die Neufassung. Damit werde das Internet rechtsstaatlicher, sagt Matthias C. Kettemann, der den Bundestag in dieser Frage beraten hat.
Die wichtigste Änderung des ab 1. Februar geltenden Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, kurz NetzDG, ist, dass es nicht mehr reicht, wenn strafbare Inhalte von den Plattformen gelöscht werden.
Facebook, Twitter, TikTok und Co. müssen mutmaßlich strafbare Äußerungen und die IP-Adresse des Verfassers direkt an das Bundeskriminalamt melden. Das BKA hat deshalb die "Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet" mit rund 200 Beamtinnen und Beamten geschaffen.
Von der Meldepflicht befreit
"Das neue NetzDG ist auf jeden Fall klarer geworden", sagt Matthias C. Kettemann, Professor für Innovation, Theorie und Philosophie des Rechts an der Uni Innsbruck. Er hat den Bundestag bei der Abfassung des Gesetzes beraten.
Zusammen mit den noch ausstehenden europäischen Regeln werde das Internet in Deutschland immer rechtsstaatlicher, sagt Kettemann. Allerdings sind die großen Plattformen fürs Erste von der Meldepflicht befreit. Sie haben gegen das NetzDG geklagt und solange die Klage läuft, entfällt die Pflicht, strafbare Inhalte an das BKA zu melden.
Falls Betreiber sozialer Medien gegen das Gesetz verstoßen, sind Strafzahlungen bis zu 500.000 Euro vorgesehen. "In bestimmten Fällen auch etwas mehr", sagt Kettemann, "es sind jedenfalls keine Beträge, die eine Plattform nachhaltig stören würden." Es gehe hier um eine wichtige symbolische Maßnahme.
Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Grundsätzlich sind soziale Medien private Rechtsräume, betont Kettemann: "Die Plattformen herrschen dort zunächst einmal, und das tun sie auch zu Recht." Allerdings seien die langen Jahre, die den Betreibern freie Hand gelassen wurde, nicht gut für den gesellschaftlichen Zusammenhalt gewesen.
Es brauche neben gesetzlichen Regelungen auch immer gesellschaftlichen Druck, damit sich Facebook und Co. in die gewünschte Richtung bewegen, sagt Kettemann. Das Bundeskriminalamt alleine reiche nicht aus: "Man braucht immer Kontrolleure der Kontrolleure."
(beb)