Neu im Heimkino: "I’m No Longer Here"

Requiem für eine Subkultur

06:09 Minuten
Der 17-jährige Ulises tanzt.
"I’m No Longer Here" lässt uns sehr direkt die Kolombia-Kultur erfahren. © Netflix
Von Patrick Wellinski |
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Der 17-jährige Ulises flieht aus einer mexikanischen Stadt nach New York. Dort sucht er eine neue Heimat. In “I’m No Longer Here” von Regisseur Fernando Frias wird die Kolombia-Kultur gefeiert, zu Recht hat der Film Chancen auf den Auslands-Oscar.

Worum geht es?

Ulises ist 17 Jahre alt und Anführer einer kleinen Kolombia-Gang in der nordmexikanischen Stadt Monterrey. Der Tag der Jugendlichen ist geprägt von der Cumbia-Musik. Ein Stil, der tief verwurzelt ist in der Tradition der ehemaligen kolumbianischen Einwanderer. Doch mit dem zunehmenden Kampf gegen die Drogenmafia rücken die im Grunde friedlichen Kolombias in den Fokus des Militärs – und der kriminellen Banden.

Ulises muss fliehen, illegal in die USA. In New York freundet sich der Junge mit der chinesischen Tochter eines Kioskbesitzers an. Doch richtig ankommen, das kann Ulises in der fremden Umgebung nicht. In seinen Träumen flieht er zurück nach Monterrey, zu seinen Freunden und damit auch in eine friedlichere, sorgenfreiere Zeit.

Was ist das Besondere?

"I’m No Longer Here" lässt uns sehr direkt die Kolombia-Kultur erfahren. Wie die Punks in Westeuropa sind die Kolombia vor allem durch ihre auffälligen Frisuren und Klamotten zu erkennen. Mit ihren Tänzen und ihrer Musik leben sie eine Art moderner Utopie, losgelöst vom brutalen Alltag Mexikos, den zunehmend der Drogenkrieg bestimmt.

In den 2000er-Jahren erreichte die Kultur ihren Höhepunkt, bevor sie nahezu vollständig verschwand. Gemeinsam mit seinen herausragend authentischen Darstellern gelingt es dem Regisseur, uns diese Kultur näher zu bringen. Für ein paar Momente träumen wir mit Ulises und seinen Freunden von einem anderen Mexiko, in dem Tod und Entführung keine Rolle spielen, sondern eine tiefe, fast schon meditative Verbundenheit mit der eigenen Kultur und Geschichte.

Bewertung

Fernando Frias ist mit "I’m No Longer Here" ein Requiem für eine Subkultur gelungen. Behutsam und visuell vereinnahmend wird hier die ganze Tragik der Kolombia-Kultur geschildert. Ein toller Film, den man sich gerne auf der großen Leinwand angesehen hätte und der für Mexiko den Oscar holen soll. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

"I’m No Longer Here"
Original Titel "Ya no estoy aquí"
Mexiko 2020
Regie: Fernando Frias
Mit Juan Daniel Garcia Trevino, Xueming Angelina Chen, Luis Leonardo Zapata
Drama, 112 Minuten
Netflix

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