Schlachtengemälde aus China
07:02 Minuten
Der chinesische Kriegsfilm "The 800" war im Pandemiejahr 2020 der international erfolgreichste Film des Jahres. Wie in den großen Produktionen des Hollywood-Kinos dominieren auch hier Schauwerte und Pathos.
Um was geht es?
Wie viele andere Kriegsfilme basiert auch dieser auf einem realen Ereignis, das zur nationalen Mythenbildung beitrug: Im zweiten sino-japanischen Krieg nimmt die geschwächte chinesische Armee 1937 eine strategisch wichtig gelegene Lagerhalle in Schanghai am Suzhou-Fluss ein.
Ihr Befehl lautet, der Übermacht des Feindes für mehrere Tage standzuhalten, damit die anderen chinesischen Truppen sicher abziehen können.
Gleichzeitig soll der ungebrochene Kampfgeist der Armee demonstriert werden. Die sogenannten Konzessionen, die Stadtviertel, in denen die Ausländerinnen und Ausländer lebten, wurden von den Japanern weitgehend verschont. Deren Bewohner sowie die dort arbeitenden Einheimischen werden zu Schaulustigen der kriegerischen Geschehnisse am anderen Ufer.
Von dort aus nimmt der Film mal ihre Position der Distanz ein, bleibt Zaungast und wirft sich dann wieder mitten ins Schlachtgetümmel.
Was ist das Besondere?
Der mit einer IMAX-Kamera (die auch Christopher Nolan für "Tenet" benutzte) gedrehte Film sollte so etwas wie ein Prestigeprodukt in Sachen Kino für China werden. Doch kurz vor seiner Weltpremiere 2019 auf dem internationalen Filmfestival in Schanghai wurde der Film zurückgezogen.
Was die Aufmerksamkeit der Zensurbehörde erregte, war die Flagge, die als Zeichen der Geschlossenheit und des Widerstandes auf dem umkämpften Lagerhaus gehisst werden soll. Es handelt sich nicht um die der heutigen kommunistischen Volksrepublik Chinas, sondern um die der Nationalen Volkspartei Chinas, damals angeführt von Chiang Kai-sek. In der zwölfminütigen kürzeren Fassung, die vergangenen Sommer in die Kinos kam, sieht man die Flagge denn auch nie in Großaufnahme.
"The 800" ist ein atypischer Kriegsfilm, weil es keine Identifikationsfiguren gibt, die uns durch das Geschehen führen. Flüchtig lernt man ein paar Männer kennen, die aber in der nächsten Szene schon wieder den feindlichen Kugeln zum Opfer fallen.
In den Ruhepausen vor dem nächsten Angriff wird die Angst vor dem Tod thematisiert, auch sieht man immer wieder Soldaten beim Versuch zu desertieren. In den monumentalen Kampfszenen dominiert jedoch die Lust an Schauwerten.
Fazit
"The 800" ist wie fast alle Kriegsfilme ein Propagandafilm, der den Kampfgeist und die Opferbereitschaft der Soldaten feiert. Ein spezifisch chinesischer Subtext lässt sich jedoch nicht feststellen.
Vielmehr stellt der Film seine technischen Mittel aus, ohne den Schauplatz wirklich zum Leben zu erwecken.