Neu im Kino: "22. Juli"

Erschütterndes Statement zu einem Massenmord

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Szene aus dem Film "22. Juli": Jugendliche auf Utøya versuchen, sich vor den Schüssen in Sicherheit zu bringen. © Netflix
Von Hartwig Tegeler |
Nach "Utøya 22. Juli" läuft ein zweiter Film an, der das Massaker auf der Insel Utøya 2011 zum Thema hat. "22. Juli" von Paul Greengrass ist auf Netflix zu sehen: Konventionell erzählt und Empathie weckend, urteilt unser Kritiker.

Worum geht es?

Es ist die Geschichte eines Massenmordes: Der Attentäter Anders Behring Breivik baut eine Bombe, platziert sie vor dem Osloer Gerichtsgebäude. Nach der Explosion setzt er über auf die Insel Utøya, wo das Sommercamp der norwegischen Arbeiterjugend stattfindet. Dort ermordet er systematisch, Schuss für Schuss, Jugendliche und ihre Betreuer. Noch auf der Insel ergibt sich der Rechtsextremist der Polizei. Acht Tote gibt es in Oslo, 69 Mordopfer auf Utøya. Am Ende des Film "22. Juli" von Regisseur Paul Greengrass steht die Gerichtsverhandlung gegen Breivik, in deren Mittelpunkt Viljar, ein schwer verletzter Jugendlicher, steht, der hier ein bewegendes und erschütterndes Statement für die Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit abliefert.

Was ist daran besonders?

Anders als Erik Poppe in der norwegischen Produktion "Utøya 22. Juli", die das Attentat auf der Insel in einer Einstellung darstellt, erzählt Paul Greengrass chronologisch in Kapiteln. Er schneidet in seinem Film "22. Juli" vom Mörder um zum Krisenstab, dann zu den verzweifelten Eltern, die versuchen, zu ihren Kindern zu gelangen, wieder zu den Schussorgien, erzählt dann von der Zeit nach dem Attentat und schildert in den letzten Szenen die Gerichtsverhandlung. Die Dramaturgie ist also konventioneller als bei Poppe. Doch man sollte sagen: Zum Glück. Das weniger Spektakuläre scheint hier angemessener.

Bewertung

Während Erik Poppe durch seine One-Shot-Dramaturgie schlussendlich Überwältigungskino inszeniert und seine Absicht, den Opfern gerecht zu werden, vollkommen verfehlt, hat Paul Greengrass einen Film gedreht, der nicht darauf setzt, dass wir die Situation nacherleben, sondern dass wir sie anschauen. Und zwar aus der Distanz, die einzige Haltung, die wir als Zuschauer überhaupt haben können. Und damit, vielleicht überraschenderweise, erzeugt "22. Juli" ein Gefühl von Empathie, dass bei Poppe nicht entsteht. So wird der jetzt auf Netflix gestreamte Greengrass-Film zum überzeugenderen Versuch, uns mit diesem historischen Gewaltverbrechen zu konfrontieren.

22. Juli (22 July)
USA, 2018
Regie: Paul Greengrass
FSK ab 16

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