A Perfect Day
Spanien 2015 - Regie: Fernando León de Aranoa, Darsteller: Olga Kurylenko, Benicio del Toro, Tim Robbins, Mélanie Thierry - 106 Minuten
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Mit Witz gegen die Schrecken des Krieges
Absurder Alltag der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation im Bosnienkrieg vor 20 Jahren: In der Komödie "A Perfect Day" spart Fernando Leon de Aranoa nicht mit schwarzem Humor. Der spanische Regisseur drehte erstmals mit internationalen Stars wie Benicio del Toro oder Tim Robbins.
"Komm schon Stinker, halt durch, du schaffst das!"
1995. Die Sonne scheint in einem kleinen bosnischen Dorf. Männer versuchen, eine Leiche aus einem Brunnen zu ziehen. Aber dann reißen die Fasern, die schwere Last fällt zurück ins Wasser.
Es gibt keinen Ersatz für das alte Seil. Auch nicht im Nachbardorf:
"Er hat gefragt, warum wir ein Seil brauchen und dann hab ich es ihm erklärt. Und er sagte mir, wenn jemand Mann in einen Brunnen wirft, dann war er bestimmt kein Heiliger. Und es ist besser, ihn dort zu lassen. Niemals Tote anfassen, sagt er." -"Wieviel, wieviel Geld?" - "Er sagt, sie brauchen das Seil, um Leute aufzuhängen." - "Das ist ein Scherz, oder?" - "Tja, ich weiß nicht, der Sinn für Humor ist etwas anders in dieser Gegend."
Die übergewichtige Leiche tief unten im Brunnen und die verzweifelte Suche nach einem Seil bilden den roten Faden einer rabenschwarzen Komödie. Die Protagonisten sind die Mitarbeiter einer internationalen Hilfsorganisation, einer Art "Klempner ohne Grenzen", die im Bosnienkrieg versuchen, Wasser und Abwasser am Laufen zu halten. Der spanische Regisseur Fernando Leon de Aranoa war 1995 selbst in Bosnien und hat dort Dokumentarfilme über die Arbeit humanitärer Hilfsorganisationen gedreht:
"Was ich am beeindruckendsten fand, war die tägliche Routine dieser Helfer. Da ist selbst ein ruhiger Tag immer noch kompliziert. Du musst durch militärische Kontrollpunkte durch, du stößt immer Adrenalin aus, ganz dramatische und ganz komische Situationen liegen ganz eng beieinander. Diese tägliche Frustration, den Kampf gegen die Resignation wollte ich zeigen und weniger die ganz heroischen Momente, wenn alles in Flammen steht. 20 Jahre nach den Ereignissen kann ich mich noch sehr gut an diese Verwirrung, dieses Nichtbegreifen erinnern, dieses Gefühl in einem Labyrinth zu stecken, aus dem man nicht mehr herausfindet."
Sarkasmus und schwarzer Humor
Natürlich ist "A Perfect Day" ein ironischer Titel, denn perfekt ist an der Arbeit der internationalen Hilfsorganisation nichts. Die freiwilligen Helfer riskieren immer wieder ihr Leben, geraten immer wieder mit der Bürokratie der Blauhelme in Konflikt, oder gleich zwischen die Fronten verfeindeter Volksgruppen: Kriegsgewinnler, die den Eimer Wasser für zehn Dollar an die durstende Bevölkerung verkaufen oder Freischärler, die noch schnell vor Beginn des Waffenstillstands zahlreiche Gegner liquidieren wollen. Mit seinem schwarzen Humor und seiner heiteren Hoffnungslosigkeit erinnert "A Perfect Day" stark an "No Man´s Land" (2001) von Danis Tanovic.
Für Fernando Leon de Aranoa ist der Sarkasmus seiner Protagonisten eine ganz natürliche Reaktion:
"Für die Mitarbeiter solcher humanitärer Einsätze, ist der Humor einfach ein Hilfsmittel, um zu überleben, wie der Pass, das Seil, oder das Auto. Wenn du jeden Tag mit ganz grausamen Dramen zu tun hast, musst du irgendwie Abstand gewinnen. Der Humor hilft dir, die fürchterlichen Eindrücke zu verarbeiten und auf einmal machst du dann die lustigsten Witze über die schrecklichsten Dinge."
Wenn er von seiner Zeit in Bosnien erzählt wirkt der 48-jährige Regisseur mit seinem Bart und den mittlerweile ergrauten langen dunklen Haaren selbst wie eine Verkörperung des politischen Engagements.
De Aranoa ein spanischer Ken Loach?
In seiner Heimat wurde er nach seinen ersten Filmen, über Jugendliche in trostlosen Vorstädten, Arbeitslose an der galizischen Küste, oder Prostituierte in der Madrider Altstadt als "der spanische Ken Loach" bezeichnet. Das hat ihm gefallen, aber gleichzeitig irritieren ihn die Schubladen:
"Ich liebe die Realität, aber nicht unbedingt den Realismus. Ich kann wenig mit diesen Filmen anfangen, die ganz eng und akribisch an der Wirklichkeit und der wahren Geschichte kleben bleiben. Das inspiriert mich weder als Zuschauer noch als Filmemacher. Ich mag einfach die Wirklichkeit neu erfinden. In all meinen Filmen gibt es ja auch immer wieder magische, unwirkliche oder absurde Momente. Ich brauche die Wirklichkeit schon für meine Geschichten, aber die Wirklichkeit ist eben oft nicht realistisch und diese surrealen Momente, die will ich erzählen."
"A Perfect Day" ist Fernando Leon de Aranoas sechster Spielfilm. Zum ersten Mal hat er auf Englisch und mit einem ganz wunderbaren Ensemble internationalen Stars gearbeitet. Gedreht wurde der Film allerdings in Südspanien, in den andalusischen Bergen:
"Wir haben das Beste von Hollywood gehabt, das Talent seiner Schauspieler, ohne dass wir dort drehen mussten, in ihren Studios, zu ihren Bedingungen, was einige Probleme mit sich gebracht hätte, besonders für den kreativen Prozess. Wir haben Glück gehabt, sie sind nach Spanien gekommen und wir konnten zu unseren Bedingungen arbeiten, wo der Regisseur noch über die endgültige Fassung entscheidet."