Anni Felici – Barfuß durchs Leben
Frankreich/Italien 2013; Regie: Daniele Luchetti; Darsteller: Micaela Ramazzotti, Kim Rossi Stuart, Martina Gedeck; 107 Minuten, ab 6 Jahren
Schräge Reise in die 70er
In seinem Sommerfilm "Anni Felici" erzählt der italienische Regisseur Daniele Luchetti eine Familiengeschichte aus den 70er-Jahren. Es geht um Selbstverwirklichung, den Abschied von zugeknöpfter Moral - und die Oberflächlichkeit der Kunstszene.
Aus Italien kommt in dieser Woche ein Sommerfilm mit nostalgischem Flair. Er erzählt eine Familiengeschichte aus dem Jahre 1974, als die "Summers of love" ihre Früchte getragen haben. Wer jung ist, legt sich keine Zügel mehr an, Pädagogik und zugeknöpfte Moral waren gestern, jetzt ist Selbstverwirklichung angesagt.
"Anni Felici – glückliche Jahre" heißt der gar nicht bittere Blick zurück auf die Elterngeneration des Regisseurs Daniele Luchetti und natürlich die eigene Kindheit in diesen von allen Regeln befreiten Zeiten. Durch das Auge einer groß in Mode gekommenen Super-8-Kamera beobachtet der zehnjährige Dario die Anstrengungen seines Vaters, ein erfolgreicher Avantgardekünstler zu werden. In diesem aufgeweckten Jungen kann man unschwer den Regisseur des Films erkennen, im Original spricht er auch die erwachsenen Off-Kommentare zum Geschehen.
Intimes aus einem vergangenen Leben
Wie in seinem Film "Mein Bruder ist ein Einzelkind" macht Luchetti auch diesmal vergangenes Leben aus einem ganz intimen Winkel lebendig. Wir erleben seinen Vater Guido (Kim Rossi Stuart) bei ambitionierten Installationen, die die Bürger aufschrecken sollen, aber weder das leisten, noch Geld oder Ruhm einbringen. Wie Dario und sein Bruder erhaschen wir nur einen Blick auf die vielen nackten jungen Frauen im Atelier, die er seine Models nennt und Serena (Micaela Ramazzotti) Kummer machen. Aber noch hat er das Vertrauen und die volle Bewunderung seiner schönen Ehefrau. Die um alle elterliche Fürsorge gebrachten Sprösslinge freilich müssen erfindungsreich um ihre Rechte kämpfen.
Natürlich spießt Daniele Luchettis Film mit feiner Ironie all diese Egoismen auf und stellt den nur auf oberflächliche Reize gepolten Kunstbetrieb bloß. Aber Emotion und Gewicht bekommt die Filmskizze erst, als Martina Gedeck die Bühne betritt. Als Galeristin des erfolglosen Künstlers hat sie Serena entdeckt. Die Frau, die immer an den Rand des Geschehens gedrängt wird, hat ihr Interesse geweckt und so überredet sie sie zu einem Sommer am Meer, nur unter Frauen und natürlich mit dem neugierigen Dario und seiner Kamera. Martina Gedeck ist längst im internationalen Film präsent. Mit ihrer fraulichen Reife und feinem Darstellungsvermögen setzt sie dem sonst doch ein bisschen banalen Sommerstück Glanzlichter auf.