Broadway Therapy
USA 2013
Regie: Peter Bogdanovich
Mit: Owen Wilson, Jennifer Aniston, Imogen Poots, Rhys Ifans
93 Minuten
Das großartige Comeback des Peter Bogdanovich
Mit "Broadway Therapy" feiert Altmeister Peter Bogdanovich nach 13 Jahren Abstinenz sein Comeback auf der Kino-Leinwand. Eine exzellente Screwball-Komödie, die emotional in die Vollen geht.
Die Lebensgeschichte des Peter Bogdanovich, geboren am 30. Juli 1939 in Kingston, New York, ist mindestens so aufregend wie es seine Filme waren und sind. In den End-Sechzigern des vorigen Jahrhunderts zählte er zu den bedeutenden Kreativ-Köpfen der New Hollywood-Bewegung und befand sich in einem erlauchten Kreis mit Martin Scorsese, Francis Ford Coppola, Michael Cimino oder George Lucas. Kultstatus erlangte bereits sein Filmdebüt "Targets - Bewegliche Ziele". Es folgten Meisterwerke wie "The Last Picture Show - Die letzte Vorstellung" (1972: 8 "Oscar"-Nominierungen) und natürlich die klassische und urkomische Screwball-Filmkomödie überhaupt: "Is' was, Doc?" mit Barbra Streisand und Ryan O' Neal (1972). Der Rest im Leben des hochverehrten Peter Bogdanovich sind berufliche Spitzenfilme, die zunächst keinen Erfolg brachten ("Paper Moon"; "Daisy Miller"; "Nickelodeon"), und private Tragödien, die Schlagzeilen machten.
Das Comeback heute bedeutet: Herzklopfen. So sehr bin ich in Peter Bogdanovich und in sein Handwerk vernarrt. Filmkritik ist nie objektiv, doch so subjektiv frohlockend wie hier ist sie selten. Die Wiederbegegnung mit einer Komödie von ihm bedeutet auch die Wiederbegegnung mit einem Künstler aus einer anderen und eigentlich längst vergangenen Zeit. Eigentlich. Beim Filmfestival von Venedig vor einem Jahr jedenfalls waren Hochachtung und Gute-Laune groß. "Es scheint so, als hätte Peter Bogdanovich einfach dreißig Jahre lang Gags gesammelt", war in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen.
Beziehungsreiches Figuren-Karussell
Der Begriff "Screwball" stammt ursprünglich aus dem Baseball-Sport und bezeichnet dort einen angeschnittenen, unberechenbaren und schwer glatt einzufangenden Ball. Für die Neuauflage einer exzellenten Screwball-Komödie benötigen wir Personen mit etwas eigenartigen, sprich lauter skurrilen Angewohnheiten. Fangen wir also mit Izzy aus Brooklyn an (Imogen Poots). Das hübsche Escort-Girl hangelt sich von einem Job zum nächsten, möchte aber eigentlich Schauspielerin werden. Sie begegnet dem berühmten Broadway-Regisseur Arnold Albertson (Owen Wilson). Der hat, sagen wir mal, eine nette Macke. Er mag Izzy, lädt sie zum Essen ein und schenkt ihr großzügig 30.000 Dollar, damit sie ihre Bühnen-Träume verwirklichen kann. Izzy hat sich bei einer Broadway-Produktion beworben und landet ausgerechnet bei Arnold. Der verdutzte Lover der Nacht ist nicht unbedingt amüsiert, schließlich spielt Ehefrau Delta (Kathryn Hahn) die Hauptrolle im anstehenden Stück. Sie ist von Izzys Talent ganz begeistert und wundert sich über die Zögerlichkeit ihres Gatten.
Weitere auftauchende und höchst eigenwillige Player: Der Autor Joshua Fleet (Will Forte), der sich prompt in Izzy verliebt und deshalb seine durchgeknallte Freundin Jane, eine extreme Psychotherapeutin (Jennifer Aniston), vernachlässigt. Ein alter lüsterner Richter und Izzy-Kunde muss auch noch erwähnt werden, Pendergast mit Namen (Austin Pendelton), der keine Ruhe gibt und einen überhaupt nicht unauffälligen Privatdetektiv-Freund auf Izzy ansetzt. Dieser Arthrose-Schnüffler, Detektiv Fleet (George Morfogen), ist aber zugleich der Vater des frisch verliebten Autoren Joshua. Man trifft sich – zufällig, versteht sich – beim Italiener. Auch noch mit von der bewegten Party ist der Schauspieler Seth Gilbert (Rhys Ifans), der die Frau von Arnold, also Delta, ständig offen anbaggert und von der Izzy-Affäre ihres Gatten, seines Regisseurs, weiß. Alles klar? Egal. Jetzt sind die Positionen eingenommen und das beziehungsreiche Figuren-Karussell kann flott und originell gestartet werden.
Wer diesen Film nicht komisch findet, hat Depressionen
Der klassische Swing. Cheek to Cheek. Von Irving Berlin. Mit dem berühmten Anfangsvers "Heaven, I'm in Heaven" aus "Top Hat" (1935); mit der schwungvollen Erinnerungs-Vorspannlust aus der Fred Astaire/Ginger Rogers-Ära geht es gleich in die emotionalen und beziehungsreichen Vollen und es bleibt aufregend. Mit "Broadway Therapy" ist Peter Bogdanovich auf den Spuren von Howard Hawks ("Leoparden küsst man nicht"), Ernst Lubitsch ("Ninotschka") und Frank Capra ("Es geschah in einer Nacht"/1934). Oder auch Billy Wilder ("Eins zwei drei").
Nuancen, Gerüche, scheinbare Ausweglosigkeit, jeder mit jedem und gegen jeden. "Is' was, Izzy?": Bogdanovich zieht noch einmal die süffisant-frivolen Unterhaltungs-Strippen. Klasse ulkig in Sachen Timing, Schwung, Spiel & Spaß: "Wer diesen Film nicht komisch findet, hat Depressionen", sagt Susan Vahabzadeh in der "SZ". Genau!