"Captain Fantastic"
USA 2016
Regie: Matt Ross
Mit Viggo Mortensen, Frank Langella, Ann Dowd, Steve Zahn, Kathryn Hahn
119 Minuten
Allein mit den Kindern
Regisseur Matt Ross gelingt es in seiner neuen Indie-Komödie, die Konflikte eines alleinerziehenden Vaters ehrlich darzustellen. Klug erzählt er von der Trauer einer außergewöhnlichen Familie und dem Weg in ein neues zivilisiertes Leben.
Wie sehr wir uns bereits an die Formeln des amerikanischen Indiekinos gewöhnt haben, merken wir bereits in den ersten Minuten von Matt Ross’ mehrfach ausgezeichneter Komödie "Captain Fantastic". Da wohnt der bärtige Ben (Viggo Mortensen) gemeinsam mit seinen sechs Kindern (alle im Alter zwischen sieben und achtzehn Jahren) tief in den Wäldern des US-Bundesstaates Oregon. Tagsüber absolviert er mit ihnen ein hartes, fast schon militärisches Training, nur um ihnen später das linke Gedankengut eines Noam Chomsky näherzubringen. Doch lange bleibt das Familienidyll nicht bestehen. Als Bens Frau und Mutter der Kinder stirbt, muss diese Außenseiterfamilie die Wildnis verlassen und reist mitten in die Zivilisation. Erst dort merken sie, dass man das Leben eben nicht nur aus Büchern lernen kann.
Nach einigen Minuten beginnt ein neuer Film
Bis hier hin funktioniert dieser Film wie fast alle Filme über dysfunktionale Familien aus den USA. Alle Figuren sind etwas verschroben, tragen ulkige Frisuren und Trainingsanzüge. Für ein paar Minuten wähnt man sich in einer seltsamen Wes-Anderson-Fälschung, doch dann beginnt ein anderer Film. Es ist Regisseur Matt Ross sehr hoch anzurechnen, dass er die Konflikte in seinem klugen Spielfilm nicht banalen Witzen und lakonischen Sehnsuchtsmomenten opfert. Es geht ihm tatsächlich um wichtige Fragen: Was bedeutet es, ein guter Vater zu sein? Wann beginnt das gute Leben? Wie viel Schutz und Zuneigung kann man seinen Kindern entgegenbringen, ohne sie für den Alltag zu schädigen?
Die Antworten, die Regisseur Matt Ross uns am Ende präsentiert, sind zum größten Teil etwas sentimental. Doch es ist auch hier der Weg, der zählt und nicht das Ziel. Dahingehend ist "Captain Fantastic" ein warmes Feelgood-Movie geworden, das sich in erster Linie durch seinen ruhigen selbstbewussten Erzählrhythmus und seine wirklich überzeugenden Darsteller auszeichnet. Allen voran der bärtige Viggo Mortensen als Ben verleiht seiner Figur eine innere Zerrissenheit, die recht klar die Trauer einer Mannes deutlich werden lässt, der erkennen muss, dass er seine Ideale den eigenen Kindern nicht überstülpen kann. Er muss loslassen. Von dieser schmerzhaften Einsicht handelt "Captain Fantastic".