Neu im Kino

Den Schauspiel-Oscar im Blick

Eddie Redmayne als Stephen Hawking in einer Szene des Kinofilms "Die Entdeckung der Unendlichkeit".
Körperlicher Verfall: Eddie Redmayne als Stephen Hawking in einer Szene des Kinofilms "Die Entdeckung der Unendlichkeit". © picture alliance / dpa / Universal Pictures
Von Panajotis Gavrilis |
Ein pompöses, aber arg konventionell erzähltes Biopic ist "Die Entdeckung der Unendlichkeit" über den berühmten Physiker Stephen Hawking. Der Dokumentarfilm "Coherence" zeigt die klangliche Vielfalt der oberbayerischen Musikszene.
"Was, wenn ich den Prozess umkehre? Ganz auf Anfang gehe? Um zu sehen, was am Beginn der Zeit selbst war? Am Beginn der Zeit selbst? Ja! Das Universum wird kleiner und kleiner, wird dichter und dichter, heißer und heißer. Du meinst: Du drehst die Zeit zurück! Genau ich drehe die Zeit zurück!"
Eigentlich ist "Die Entdeckung der Unendlichkeit" ein Liebesfilm, bei dem es fast nur zufällig um einen berühmten Physiker geht: Stephen Hawking. Regisseur James Marsh erzählt, wie sich zwei junge Studenten in Cambridge kennen und lieben lernen. Sie diskutieren über kosmologische Fragen – und hin und wieder knickt Stephen, gespielt von Eddie Redmayne, ein Bein weg.
"Wenn Sterne geboren werden und wenn sie sterben, dann imitieren sie UV-Strahlung. Wenn wir den Nachthimmel im ultraviolettem Licht sehen könnten, dann würden fast alle Sterne verschwinden"
Die Krankheitszeichen häufen sich, und nach einer halben Stunde im Film kommt die Diagnose: Stephen Hawking hat ALS, amyotrophe Lateralsklerose.
"Würdest du bitte gehen?"
"Willst du das wirklich?"
"Ja, das will ich, also bitte! Wenn dir irgendetwas an mir liegt, dann geh jetzt!"
"Ich kann nicht! Ich habe noch zwei Jahre zu leben, ich muss arbeiten."
"Ich liebe dich!"
Fortan zeigt Marsh, wie Stephens körperlicher Verfall voranschreitet und er und seine Frau Jane der Krankheit mit aller Kraft zu trotzen versuchen.
"Blinzle für die Farbe der Gruppe des Buchstabens, den du willst, Stephen."
"Mein Name ist Stephen Hawkins"
Wir nehmen Teil an den Spannungen zwischen dem Paar – darin liegt die Stärke des Filmes. Alles in allem aber ist "Die Entdeckung der Unendlichkeit" ein arg konventionell erzähltes Biopic mit sehr gestyltem Look, der etwas zu offensichtlich auf einen Schauspiel-Oscar schielt.

"Die Entdeckung der Unendlichkeit"
Großbritannien 2014, Regie: James Marsh, Darsteller: Eddie Redmayne, Felicity Jones, Tom Prior - 123 Minuten

"Hallo...? Kevin? Liebling..."
Nicht ganz so pompös inszeniert geht es in "Coherence" zu, wörtlich übersetzt "Zusammenhang". Die blonde "Em", gespielt von Emily Baldoni, ist auf dem Weg zum Abendessen mit Freunden, als plötzlich die Verbindung abbricht und ihr Handydisplay zerspringt. Vieles deutet darauf hin, dass der vorbeifliegende Komet etwas damit zu tun hat, doch die acht Freunde halten es zunächst für ein harmloses Naturphänomen.
"AAh, Oh Gott!! Ach du Scheiße...Schatz? Ich kümmere mich drum! Wir haben Kerzen im Haus..."
Der Strom im Haus fällt aus, das Mobil- und Festnetz ist tot und die Clique verhält sich auf mysteriöse Art und Weise zunehmend komisch. Es kommt Unmut bei den Dinner-Gästen auf. Zwar sorgt ein Notstromgenerator vorübergehend für Ruhe, doch die hält nur kurz an:
"Was war das?!"
"Keine Ahnung...!"
"Da sind mehrere!"
"Gebt mir den Baseballschläger!"
Ein paar Straßen weiter brennt in einem anderen Haus ebenfalls Licht. Seltsame Nachrichten und eine kleine Box mit einem Tischtennisschläger sorgen für die perfekte Verwirrung.
"Ich verstehe nicht, was soll das bedeuten?"
"Hey, was habt ihr da?"
"Das sind Fotos von uns, von uns allen..."
Im Laufe des Films rücken die Beziehungen der acht Freunde zueinander in den Mittelpunkt. Die Erklärungsversuche und verschiedenen Realitätswahrnehmungen lassen nicht nur die Protagonisten verrückt spielen. Regisseur und Autor James Ward Byrkit irritiert die Zuschauerinnen und Zuschauer und lässt sie ratlos zurück.
Die verschiedenen Realitäten im Film verschmelzen zu einem großen Fragezeichen. Niemand weiß, was real und was Einbildung ist. Wie der Komet vermeintlich die Wahrnehmung im Film verändert, so hat dieser Science-Fiction-Thriller das Potential, auch unsere Wahrnehmung abseits der Leinwand zumindest für kurze Zeit infrage zu stellen.

"Coherence"
USA 2013, Regie: James Ward Byrkit, Darsteller: Nicholas Brendon, Hugo Armstrong, Emily Baldoni - 89 Minuten

Verwirrung gibt es bei "Bavaria Vista Klub" hingegen kaum. Der Low-Budget-Dokumentarfilm zeigt die klangliche Vielfalt der oberbayerischen Musikszene. Und die könnte wohl bunter und verrückter nicht sein: vom bayerischen Blues-Duo bis hin zu Bands mit Balkan-Einflüssen, von der emanzipatorischen Jodlerin bis hin zur Ska-Kombi in Lederhosen porträtiert der Film die Musik und die Menschen dahinter.
"Volksmusik, haben wir halt versucht das ein bisle rauszunehmen. Man hat diese Musik, bei der CSU oder so. Da muss es ja nicht bleiben!"
Bavaria Vista Club ist für Zuschauer nördlich der Donau zeitweise wegen des Dialekts schwer verständlich, aber das hat durchaus einen gewissen Charme. Manchmal etwas zu langatmig versucht der Film von Walter Steffen mit Klischees über Bayern zu brechen und zeichnet ein ehrliches Porträt einer überraschend vielfältigen und offenen Musikszene.

"Bavaria Vista Klub"
Deutschland 2014, Regie: Walter Steffen, 90 Minuten

Mehr zum Thema