Das Wesentliche wird nicht sichtbar
"Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry ist ein Bestseller, aber keine Verfilmung war bislang sonderlich erfolgreich. Jetzt wird versucht, ihm in Computeranimation einen modernen Anstrich zu verleihen, doch der Zauber geht dabei verloren.
Das kleine Mädchen hat es in der heutigen Welt nicht leicht. Ihre überfürsorgliche Mutter gehört zur Kategorie der Helikoptereltern, die ihr ganzes Leben schon vorgeplant haben. Alles ist darauf ausgerichtet, dass das kleine Mädchen schon bald auf die besten Schule und die beste Universität des Landes gehen kann. Was auf der Strecke bleibt, ist natürlich die Kindheit selbst, das Nichtstun, das Träumen und Sichtreiben lassen. Zum Glück wohnt gleich nebenan ein skurriler und kauziger Nachbar, ein ehemaliger Pilot, der das kleine Mädchen schon bald auf eine aufregende Reise nimmt, die beide bis zu einem kleinen Prinzen auf einem weit entfernten Planten führt.
Das ist die "moderne" Rahmenhandlung, die sich Regisseur Mark Osborne für seine Variante des Saint-Exupéry-Klassikers "Der kleine Prinz" ausgedacht hat. Mit diesem Film präsentiert er die erste ausgewachsene animierte Spielfilmfassung des philosophischen Bestsellers. Und für sein Projekt hat er in jeder Sprachfassung große Stars als Synchronsprecher gefunden.
Weisheiten finden keinen Resonanzraum
Im englischsprachigen Original sind das unter anderem Jeff Bridges, Marion Cotillard, James Franco oder Rachel McAdams. Die Idee dahinter ist aller Ehren wert. Osborne versucht, die literarische Vorlage im Mainstreamkino zu platzieren. Aber das ist eine sehr amerikanische Herangehensweise, und leider schlägt sich das auch auf dem Ton der Erzählung wieder. Denn die Stille, das Zurückgenommene des Buches kann sich gegen das Schnelle, Laute und Grelle der Rahmenhandlung nicht durchsetzen. Die Weisheiten des "Kleine Prinzen" finden so keinen Resonanzraum. Sie werden degradiert zu einem kleinen Teil der Reise des Mädchens, das sich gegen seine Mutter auflehnen will.
Damit ist der Film ein gutes Beispiel für den schlechten Umgang mit Klassikern. Osborne verabreicht seinem Publikum Saint-Exupéry in kleinen Dosen - als hätte er Angst, dass sich die Idee des Buches heute nicht mehr vermitteln lässt. Deshalb übertönt er mit der Hilfe des Komponisten Hans Zimmer jede Subtilität mit furchtbar dröhnender Musik.
Dieser "kleine Prinz" ist am Ende eben nur ein kleiner Abenteuerfilm, technisch nicht ansatzweise auf der Höhe der Pixar-Zeit. Ein Film, der den Zauber der Buchvorlage nicht versteht und es so verpasst, den Geist von Saint-Exupéry an ein junges Publikum weiterzureichen.
Animationsfilm, USA 2015, 108 Minuten, Regie: Mark Osborne
Mit Synchronstimmen von u.a. Matthias Schweighöfer und Til Schweiger
Animationsfilm, USA 2015, 108 Minuten, Regie: Mark Osborne
Mit Synchronstimmen von u.a. Matthias Schweighöfer und Til Schweiger