Neu im Kino: "Die rote Schildkröte"

Wunderwerk über den Kreislauf des Lebens

Kontakt zwischen zwei Lebewesen: Mensch und Schildkröte
Kontakt zwischen zwei Lebewesen: Mensch und Schildkröte © imago / ZUMA Press
Von Patrick Wellinski |
Ein kleiner Animationsfilm ist ganz groß: Für unseren Kritiker Patrick Wellinski ist "Die rote Schildkröte" nicht weniger als ein "universelles Wunderwerk" und ohne Frage einer der Filme des Jahres. Oder, kurz gesagt: Genial.
Nachdem der niederländische Regisseur Michael Dudok de Wit 2001 für seinen animierten Kurzfilm "Vater und Tochter" den Oscar gewonnen hatte, bekam er von dem legendären japanischen Animationsstudio Ghibli eine E-Mail mit zwei Fragen. Ob er ihnen erlauben würde, seinen Kurzfilm in Japan herauszubringen - und ob er Interesse daran habe, für Ghibli einen langen Animationsfilm zu drehen?
Beide Fragen beantwortete de Wit mit ja, und das Ergebnis ist der unglaublich berührende minimalistische Trickfilm "Die rote Schildkröte". Es ist die Geschichte eines namelosen Schiffbrüchigen, der sein Leben auf einer einsamen Insel verbringt, bis er die Bekanntschaft einer roten Schildkröte macht, die sich in etwas atemberaubend Schönes verwandelt und dem Schiffbrüchigen so ein wenig Trost spendet.

Seltener Glücksfall im Kino

Viel mehr sollte dann doch nicht verraten werden, denn "Die rote Schildkröte" gehört zu diesen seltenen Glückfällen im Kino, die mit kleinsten Mitteln die größte emotionale Wirkung erzeugen. De Wits Animationsstil stammt aus der osteuropäischen Tradition, er nutzt sehr minimalistische Hintergründe, die er mit Kohle und Aquarell zeichnet. Das verleiht der ganzen Geschichte etwas wehmütig Melancholisches.
Genial an "Die rote Schildkröte", der komplett ohne Dialoge auskommt, ist vor allem seine Einfachheit. Die Erzählung muss uns nicht mit großen Schauwerten überwältigen, sie berührt uns, weil sie vom Kreislauf des Lebens erzählt. Ein wahres universelles Wunderwerk. Ohne Frage einer der Filme des Jahres 2017.

Die Rote Schildkröte
Animationsfilm Belgien/Japan 2016
80 Minuten
Regie: Michael Dudok de Wit

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